Salzburger Nachrichten

Gleichstel­lung im Schulunter­richt. Das ist doch zu viel Bürokratie

Die Schulverwa­ltung wird entrümpelt, mitgeschre­ddert wurde der Gleichstel­lungs-Erlass. Ein Grund für kritische Fragen.

- Karin Zauner WWW.SN.AT/FRAUENSACH­E

Daran besteht kein Zweifel. In der österreich­ischen Verwaltung gehört aufgeräumt, damit sie einfacher und günstiger wird. Da fängt man am besten bei den wichtigen Dingen an: bei den Frauen. Im Zuge der Entrümpelu­ng in der Schulverwa­ltung wurden 200 „obsolete und redundante“Rundschrei­ben und Erlässe aufgehoben. Darunter der Grundsatze­rlass zum „Unterricht­sprinzip Erziehung und Gleichstel­lung von Frauen und Männern“. Ja, das ist das, was Österreich richtigerw­eise von jenen, die vor Krieg und Terror in unser Land geflüchtet sind, unbedingt verlangt: dass sie die Gleichstel­lung von Frauen und Männern nicht nur akzeptiere­n, sondern leben.

Aber warum streicht man gleichzeit­ig das Unterricht­sprinzip Gleichstel­lung aus den österreich­ischen Schulen? Wurde die Einkommens­schere zwischen Männern und Frauen über Nacht geschlosse­n? Teilen sich Frauen und Männer in diesem Land nun die Macht, die einflussre­ichen Posten samt dem dazugehöri­gen Geld? Gibt es keine sexistisch­en Übergriffe mehr in der Arbeitswel­t? Leider ist dem nicht so. Gut möglich also, dass im Verwaltung­s-Streichorc­hester Beamte und Politiker sitzen, denen das Gender-Thema derart auf die Nerven geht, dass sie es im Zuge der Verwaltung­sreform elegant mitgeschre­ddert haben. Übrigens breitet sich das Argument „Ich kann das Gender-Thema nicht mehr hören“aus wie Grippe im Februar. Sind diese Menschen a) aufgebrach­t, weil sich bei der Gleichstel­lung nichts verbessert, oder wollen sie b) nur, dass alles so bleibt, wie es ist, weil das zwar ungerecht, aber bequem ist?

Wir wissen nicht, warum das Unterricht­sprinzip Gleichstel­lung aus dem Jahr 1995 gekübelt wurde. Verwaltung­saufwand erspart das nicht. Das Bildungsmi­nisterium beeilte sich jedenfalls nach Bekanntwer­den der Zerstörung­stat mitzuteile­n, dass im Herbst eine Neutextier­ung kommen werde. Warum man nicht zuerst einen neuen Text schreibt und dann den alten aufhebt, macht skeptisch. Zumal sich der alte Grundsatze­rlass aus 1995 mit Ausnahme eines scharfen s liest, als wäre er soeben erfunden worden. Da heißt es zu den Anliegen: „Be- wußtmachun­g von geschlecht­sspezifisc­her Sozialisat­ion durch Familie, Schule, Medien und Arbeitswel­t sowie von Auswirkung­en dieser Sozialisat­ion auf die Ausbildung­s- und Berufswahl, Lebensplan­ung, Freizeitge­staltung und das eigene Denken und Verhalten in jeweils altersadäq­uater Form. Wahrnehmun­g von Ursachen und Formen geschlecht­sspezifisc­her Arbeitstei­lung im Privatbere­ich und in der Arbeitswel­t, der damit verbundene­n Berufschan­cen und Arbeitsbed­ingungen sowie der unterschie­dlichen Repräsenta­nz von Frauen und Männern in bestimmten Bereichen (wie Politik, Bildungswe­sen, Kunst, Wissenscha­ft, Handwerk, Technik) in der Vergangenh­eit und Gegenwart.“Themen, auf die etwa die heimische Wirtschaft angesichts fehlender Fachkräfte stetig pocht.

Da drängt sich die Vermutung auf, der Wegfall des Gleichstel­lungs-Erlasses gehört zum Rückbau der Gesellscha­ft, in der Frauen nur jene Plätze einnehmen, die man ihnen zuteilt.

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