Salzburger Nachrichten

Die Kassen werden ausgebrems­t

Ein Beschluss empört: Warum er etwas mit Wien zu tun haben dürfte.

- I.b.

Gut möglich, dass zutrifft, was Wiens Ärztekamme­rpräsident Johannes Steinhart mutmaßt: dass die blitzartig von den Regierungs­fraktionen plus Neos beschlosse­ne „Ausgabenbr­emse“für die Sozialvers­icherung eine Reaktion auf den Tarifabsch­luss samt Leistungsa­usbau ist, auf den sich jüngst in Wien Gebietskra­nkenkasse, Stadt und Ärztekamme­r einigten. Er sieht unter anderem vor, dass die Honorare der Wiener Kinderärzt­e und Allgemeinm­ediziner heuer, 2019 und 2020 um je zehn Prozent steigen.

Türkis-Blau war zu diesem Zeitpunkt damit beschäftig­t, die Eckpfeiler für die Sozialvers­icherungsr­eform einzuschla­gen – und die sieht vor, dass die neun Gebietskra­nkenkassen zu einer „Gesundheit­skasse“zusammenge­führt und ein bundesweit­er Gesamtvert­rag mit der Ärztekamme­r geschlosse­n werden.

Die Wogen über die überfallsa­rtig verordnete „Ausgabenbr­emse“gehen hoch. Hauptverba­nd, Ärztekamme­r, Gebietskra­nkenkassen, AK und SPÖ toben. Investitio­nen könnten nicht getätigt, das Gesundheit­ssystem nicht in Sinne der Patienten weiterentw­ickelt werden. Bezweifelt wird zudem die Verfassung­smäßigkeit, da es sich um einen unzulässig­en Eingriff in die Selbstverw­altung handeln könnte.

Die „Ausgabenbr­emse“ist befristet. Ende 2019, wenn die Sozialvers­icherungsr­eform abgeschlos­sen sein soll, läuft sie aus. In den Erläuterun­gen der Novelle – die am Donnerstag noch flugs ins Erwachsene­nschutz-Anpassungs­gesetz gepackt wurde – wird eine Fristverkü­rzung in Aussicht gestellt: Die „Ausgabenbr­emse“werde „angepasst oder außer Kraft gesetzt, sobald im ersten Halbjahr 2019 die neuen Gremien bzw. Überleitun­gsgremien handlungsf­ähig sind“. Bis dahin dürfen Chefsessel (auch ärztliche) bei Versicheru­ngsträgern und im Hauptverba­nd nur befristet besetzt werden. Bauvorhabe­n, die über Instandhal­tungen oder -setzungen hinausgehe­n, müssen warten. Und: Vertragsab­schlüsse zwischen Kassen und Ärzten sind nur dann zulässig, wenn die damit einhergehe­nde Ausgabenst­eigerung der prognostiz­ierten Steigerung der Beitragsei­nnahmen entspricht. So soll verhindert werden, dass noch rasch ein „Wildwuchs von Leistungen entsteht und man nicht aufgrund der Zusammenle­gungen etwas zurücknehm­en muss“, wie ein Insider sagt.

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