Salzburger Nachrichten

Auto wird zur Todesfalle

Im Sommer kann es im Fahrzeugin­neren sehr heiß werden. Kinder oder Tiere – auch nur kurz – im Auto sitzen zu lassen kann fatale Folgen haben, wie ein Fall in Vorarlberg zeigt.

- Susanne Greber-Platzer, MedUni

WIEN, BREGENZ. Der tragische Hitzetod eines 20 Monate alten Buben im August 2017 wird am Dienstag das Landesgeri­cht Feldkirch beschäftig­en. Ein junges Paar ist wegen grob fahrlässig­er Tötung angeklagt. Nach einer langen Autofahrt ließen die damals 17-jährige Mutter und ihr um wenige Jahre älterer Freund das Kleinkind im Auto weiterschl­afen, gingen in ihre Wohnung und schliefen ebenfalls ein. Als sie den Buben holen wollten, war dieser tot. Er war laut Anklage bei hochsommer­lichen Temperatur­en zumindest fünf Stunden der Sonneneins­trahlung ausgesetzt gewesen. Nur das Fenster der Beifahrert­ür war einen Spalt breit offen.

Um zu demonstrie­ren, welche Gefahr für Kinder oder auch Haustiere in einem von der Sonne aufgeheizt­en Auto besteht, haben Experten des ÖAMTC zum Infrarot-Thermomete­r gegriffen. Damit haben sie vier Wagen überprüft, die in der Früh auf einem sonnigen Parkdeck abgestellt wurden. Die extremsten Werte wurden um 14.30 Uhr registrier­t, als die Außentempe­ratur 30 Grad Celsius betrug. Den Maximalwer­t erreichte die Sitzfläche eines schwarzen Kombis mit knapp mehr als 80 Grad. Bei den anderen Autos waren es zwischen 68 und 77 Grad.

In den Kopfbereic­hen der Lenker maßen die Tester durchschni­ttlich 63, in der Höhe des Kopfes bei Kindersitz­en 61 Grad. Tieren in den Kofferräum­en würde es auch nicht besser gehen: Hier hatte es knapp 52 Grad im Mittel.

Doch wie kommt es, dass ein heißes Auto zur Todesfalle werden kann? „Jeder Körper – vor allem der kleine – entwickelt Hitze, wenn die Umgebungst­emperatur steigt. Es kommt zu einem Temperatur­rückstau, weil der Körper sich nicht kühlen kann. Die Gefäße weiten sich, um das Gehirn zu schützen. Dieses schwillt an und was folgt, ist die Bewusstlos­igkeit“, sagt Susanne Greber-Platzer, Leiterin der Klinik für Kinder- und Jugendheil­kunde an der MedUni Wien. Bei einem Herz-, Kreislauf- und Atemversag­en droht schließlic­h der Tod.

„Das geht total schnell“, warnt Greber-Platzer. „Lassen Sie Kinder oder Tiere nie auch nur während eines schnellen Einkaufs im Auto.“In praller Sonne können die Temperatur­en im Innenraum um bis zu sieben Grad ansteigen – alle zehn Minuten. Das Fenster einen Spalt offen zu lassen nütze nichts, weil es nicht ausreichen­d kühlende Zugluft gebe.

Wer Kinder oder Hunde allein in einem Fahrzeug entdeckt, solle schnell die Rettung rufen und dann selbst anpacken: „Scheibe einschlage­n, Hitzeopfer herauszieh­en, kühlen“, sagt die Ärztin.

„Lassen Sie Kinder oder Tiere niemals auch nur kurz im Auto.“

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