schockiert China ist
Mit der neuen Runde an US-Strafzöllen bewegt sich der Handelskonflikt auf einer Ebene, von der weder die USA noch China ohne Gesichtsverlust einfach wieder herunterkommen.
WASHINGTON. Bisher zielten die amerikanischen Einfuhrsteuern vor allem auf Zwischenprodukte aus der Volksrepublik China. In der zweiten Runde an Strafzöllen für Güter im Wert von 200 Milliarden Euro nehmen die USA nun auch Konsumgüter ins Visier. Auf der Liste stehen unter anderem Fischsorten, Gepäck, Kleidung, Reifen, Matratzen, Möbel, Lampen, Flachbildschirme, Handtaschen, Hundeleinen und Baseballhandschuhe.
Die US-Regierung gibt den betroffenen Industrien zwei Monate Zeit, sich auf die Strafzölle in Höhe von zehn Prozent einzustellen. Dieser Spielraum bliebe auch für Verhandlungen mit China, das unmittelbar Vergeltung ankündigte und sich „schockiert“zeigte. Allerdings sieht es wenig nach einer Lösung aus, da keinerlei Gespräche zwischen beiden Seiten anberaumt sind.
Der Handelsbeauftragte des USPräsidenten, Robert Lighthizer, erklärte: „Wie in der Vergangenheit sind die Vereinigten Staaten bereit, an Anstrengungen mitzuwirken, die zu einer Überwindung unserer Bedenken bezüglich Chinas unfairer Handelspraktiken beitragen und zu einer Öffnung der chinesischen Märkte für US-Güter und -Dienstleistungen führen.“
Der stellvertretende chinesische Handelsminister Li Chenggang hielt den Amerikanern vor, sich „wie ein Elefant im Porzellanladen zu verhalten“. Die USA unterminierten die Globalisierung und die Welthandelsordnung.
Der China-Experte Eswar Prasad von der renommierten Cornell University erwartet keine schnelle Einigung in dem Handelskonflikt: „Mit dieser neuen Runde an Strafzöllen bewegt sich der Kampf auf eine Ebene, von der beide Seiten ohne Gesichtsverlust nur schwer herunterkommen.“
US-Präsident Donald Trump hat bereits mit weiteren Strafzöllen für Güter im Wert von abermals 200 Mrd. US-Dollar gedroht, falls Peking Gegenmaßnahmen beschließt. Damit wären dann fast alle Exportgüter aus China mit einer amerikanischen Einfuhrsteuer belegt.
Die chinesische Regierung kann schon in dieser Runde nicht im gleichen Warenvolumen vergelten, weil nur Güter im Wert von 135 Milliarden Dollar aus den USA eingeführt werden. Experten weisen aber darauf hin, dass der Volksrepublik in dem Handelskrieg andere Instrumente zur Verfügung stehen. So kann China höhere Strafzölle erheben, US-Firmen vor Ort schikanieren oder die US-Staatsanleihen instrumentalisieren.
So hat der Chef des chinesischen Staatsfonds CIC, Tu Guangshao, am Mittwoch in Paris verstärkt Investitionen in Europa angekündigt. In Europa gebe es ein attraktives Investitionsumfeld und eine ganze Reihe florierender Branchen, sagte er. Der Fonds, der Chinas enorme Devisenreserven profitabel anlegen soll, wolle daher hier mehr investieren. Dazu wolle man auch mit Finanzinstituten zusammenarbeiten. Nach den neuen Zolldrohungen aus Washington befürchtet der CICChef eine weitere Eskalation des Konflikts mit den USA: „Keiner von uns hofft, dass es zu einem Handelskrieg kommt, aber er scheint unvermeidlich zu sein.“Dies hätte auch negative Folgen für die Investitionen des Staatsfonds.
Negative Folgen könnten auch den US-Konsumenten drohen. Mary E. Lovely vom Peterson Institute for International Economics gehört zu den Ökonomen, die in naher Zukunft mit Konsequenzen für USVerbraucher rechnen: „Es wird immer schwieriger, die Preiserhöhungen aus den Regalen von Walmart, Target oder Best Buy fernzuhalten.“Darin sehen Experten auch den Grund, warum Trump von der ursprünglich angedrohten Höhe der Strafzölle von 25 Prozent abgerückt ist und zunächst nur zehn Prozent an Einfuhrsteuern erheben will. Die Leidtragenden sind schon jetzt USLandwirte, denen massive Verluste beim Handel mit Sojabohnen, Mais, Schweinen und Rindern drohen.
„Keiner hofft es, aber ein Handelskrieg scheint unvermeidlich zu sein.“