So soll bezahlter Sex coronasicher sein
Bordelle dürfen Mittwoch wieder öffnen. Doch wie geht Beischlaf in Coronazeiten? Das Ministerium empfiehlt bestimmte Sexualpraktiken.
WIEN, SALZBURG. „Entwurf“steht auf dem Papier des Gesundheitsministeriums, das in der heimischen Rotlichtszene kursiert. Jedoch, so denken die meisten, wird sich nicht mehr allzu viel an dem Dokument ändern, die grobe Richtung scheint vorgegeben zu sein. Endgültiges soll noch in dieser Woche verlautbart werden. Denn: Ab Juli wird das Rotlicht wieder angeknipst. Betroffen sind Hunderte Bordelle und Tausende Sexarbeiterinnen (und ganz wenige männliche Kollegen) in Österreich – zwischen 8000 und 10.000 Prostituierte sollen es sein, ein Drittel in Wien. Tausende Frauen arbeiten illegal, genaue Zahlen fehlen. Die Kernfrage ist: Wie muss bezahlter Sex praktiziert werden, ohne die Corona-Ansteckungsgefahr allzu sehr wachsen zu lassen?
Deshalb gibt es Einschränkungen, die jedoch als „Empfehlungen“formuliert sind. In dem Entwurf, der den SN vorliegt, wird jedenfalls Händedesinfektionsmittel auf den
Zimmern dringendst empfohlen, ebenso Einwegtücher, häufiges Lüften, regelmäßiges Duschen. „Jegliche Form des Speichelaustauschs“solle unterbleiben, von Küssen, Oral- und Gruppensex wird abgeraten. Präservative werden empfohlen. Sexspielzeuge sollen die Besitzerinnen nicht mit Kolleginnen teilen. Ganz zentral: Das Ministerium sieht vor, dass Geschlechtsverkehr mit Schutzmaske erfolgen soll – die ist danach bei 60 Grad zu waschen. Allgemein sei „der Körperkontakt auf ein Minimum zu beschränken“.
Wie geht das beim Koitus? Es soll auf „einander zugewandte Sexualpositionen“verzichtet werden, wie etwa die klassische „Missionarsstellung“eine wäre. Prostituierte sollen bei Klienten auf Coronasymptome achten und arg Hustenden den Dienst verweigern. Immerhin, heißt es, gibt es laut Epidemiegesetz finanzielle Hilfe: „Im Verdachtsoder Krankheitsfall mit abschließender Absonderung durch die Behörde besteht Anspruch auf Entschädigung des Verdienstentgangs.“
Ist das alles nicht ein wenig weltfremd – zu glauben, man könne Sex haben, ohne den Partner mit Covid19 anzustecken? Hans-Peter Hutter, Epidemieexperte und Umweltmediziner an der Uni Wien, formuliert es so: „Natürlich liest sich so ein Dokument eher bizarr und skurril – immerhin schreiben Beamte vor, welche Stellung man beim Sex anwenden sollte. Und natürlich wissen wir alle, dass hier ein Ansteckungsrisiko besteht.“Die Aerosole seien bei guter Lüftung vermutlich nicht das primäre Problem, sehr wohl aber die Übertragung von Viren durch Tröpfchen. Denn: „Bei Erregung wird man schneller atmen.“
Aber, sagt Hutter, es bleibe nichts anderes übrig, als eine gewisse „Risikominimierung“zu betreiben. Denn: Würden die Bordelle geschlossen bleiben, drohe eine Explosion der illegalen Prostitution, „und dort ist die Gefahr einer Virusausbreitung
dann am allergrößten“. Hutter macht darauf aufmerksam, dass Sadomaso-Techniken mit weniger körperlicher Nähe verbunden und risikoärmer seien. Übrigens heißt es aus der Branche, dass sexuelle Dienste sogar in der Mehrzahl der Fälle ohne Koitus abliefen und andere Formen von Erotik dominieren würden – offizielle Statistiken gibt es selbstredend nicht.
Renate Blum vom Beratungsverein LEFÖ in Wien begrüßt die Öffnung des Prostitutionsgewerbes. Nur unter legalen Bedingungen seien akzeptable Arbeitsbedingungen durchsetzbar. Prostitution sei „mit viel Kreativität und Fantasie“auch in Coronazeiten möglich. Unklar ist, wie mögliche Cluster eingedämmt werden können. Infizierte Freier werden wohl kaum Interesse haben, diesen Kontakt zuzugeben.
Richard Schweiger, Eigentümersprecher der Babylon-Bordellgruppe, verspricht „sauberen Sex wie immer, wie unsere Kunden das gewöhnt sind“. Freilich: Ob die Sexarbeiterinnen Masken trügen, ob sie auf ein Präservativ bestünden – da könne man nur Empfehlungen erteilen. Die Damen seien selbstständig tätig, Kunden und Dienstleisterinnen hätten als mündige Bürger Absprachen zu tätigen.