Salzburger Nachrichten

Mehr Mut täte Salzburg öfter gut

Salzburg ist traditione­ll und beharrlich. Dabei profitiert das Land bis heute von einstigem Mut und Weitblick. Die Festspiele sind ein Beispiel dafür.

- Hermann Fröschl

Visionär und risikobere­it – das sind Attribute, die in Salzburg eher für Schrecken denn Applaus sorgen. Denn Salzburg ist ein konservati­ves und traditions­bewusstes Pflaster. Die Menschen mögen die sanfte Fortschrei­bung, aber nicht das energische Vorpresche­n. Entspreche­nd vorsichtig agiert auch die Politik.

Dabei zeigt ein Blick in die Geschichts­bücher, dass es gerade visionäre Taten waren, die Salzburgs heutige Pracht und Sonderstel­lung ausmachen. Man denke an Erzbischof Wolf Dietrich, der im Herzen der Altstadt einen Teil jener baulichen Schönheite­n schuf, die Salzburg weltberühm­t machen sollten. Wolf Dietrich ging dabei rabiat, ja brutal vor: Dutzende Bürgerhäus­er wurden niedergeri­ssen, um Platz für Prachtbaut­en zu schaffen. Heute wäre das schlicht undenkbar.

Man denke auch an Max Reinhardt, der mit Hugo von Hofmannsth­al und Richard Strauss die Salzburger Festspiele quasi aus den Trümmern des Ersten Weltkriegs gegründet hat. Sie wurden 1920 aus der Taufe gehoben – in einer Zeit, in der die Menschen weniger nach Kultur denn Essen lechzten. Reinhardt war überzeugt, dass es nach dem Kriegswahn eine Friedensbo­tschaft brauche – ein visionärer, kühner und umstritten­er Plan, von dem Salzburg langfristi­g aber enorm profitiere­n sollte.

Vor diesem Hintergrun­d ist es kein Zufall, dass es jetzt wieder die Festspiele sind, die in der Corona-Tristesse ein trotziges und mutiges Zeichen setzen: Es gibt Festspiele ungeachtet aller Gefahren und Risiken, die Großverans­taltungen in Zeiten der Pandemie bergen. Im Wissen um den Mut der Gründervät­er wollten die Festspielm­acher auch diesmal ein (internatio­nal beachtetes) Ausrufezei­chen setzen: Salzburg lässt sich nicht unterkrieg­en!

Nun ist keineswegs sicher, wie diese wagemutige­n Festspiele ausgehen. Bislang ging gottlob alles gut, doch die Covid-Erfahrung zeigt, dass sich das jederzeit ändern kann. Und ein Festspielc­luster mit Covid-Fällen wäre ein Albtraum für die Festspielf­ührung, aber auch den Landeshaup­tmann, der ein unbeirrter und konsequent­er Verfechter der Sache der Festspiele ist. Der bisher beklatscht­e Mut würde wohl in barsch kritisiert­e Verantwort­ungslosigk­eit umschlagen.

Und dennoch: Risikobere­itschaft, vor allem wenn sie kalkuliert und gut abgewogen ist, muss sich in Salzburg wieder ihren Platz erkämpfen. Neue Ideen sind speziell auch dort gefragt,

wo die Politik mit ihren bisherigen Instrument­arien zusehends an die Grenzen stößt und trotz jahrelange­r Fehlentwic­klungen keine Verbesseru­ng mehr schafft. Leider ist das in Salzburg in Bereichen zu beobachten, die entscheide­nd die Lebensqual­ität der Menschen beeinfluss­en. So sind die Straßen gerade im Zentralrau­m teils verstopft wie in einer Großstadt. Genauso, wie sich die Wohnungspr­eise in aberwitzig­e Höhen internatio­naler Metropolen hochschrau­ben. Auch beim Umbau der Wirtschaft – hin zu Digitalem, mehr Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz – hat Salzburg Aufholbeda­rf. All das ist für die Menschen derzeit „nur“ärgerlich

Covid-Festspiele: Triumph oder Tragödie?

und noch nicht bedrohlich. Das kann sich aber rasch ändern, wenn sich die Situation weiter zuspitzen sollte. Und das wird passieren, wenn die Politik nicht bald energisch eingreift.

Mehr Mut und Weitblick sind für Salzburgs Politik ungeachtet der Risiken also fast ein Gebot der Stunde. Im Verkehr ist der Sinneswand­el – hin zu Öffis, weg vom Auto – zumindest eingeleite­t. Die konkreten Umsetzunge­n stehen vielfach aber erst an. Beim Wohnen wirken Stadt und Land aber weitgehend ratlos und uneins, auch weil man nicht bereit ist, mit schärferen Regeln gegen den Preisgalop­p einzuschre­iten.

Corona hat die Politik insge

Wer bekommt einen Covid-Zuschlag und wann wird dieser ausgezahlt? Diese Debatte hat sich zuletzt in Salzburg intensivie­rt und die SPÖ fordert jetzt, die Kindergart­enpädagogi­nnen dabei nicht zu vergessen. Der Großteil dieser Berufsgrup­pe gehe derzeit leer aus, weil die allermeist­en privaten Träger nicht unter den SWÖ-Kollektivv­ertrag fielen, unter den die einmalige Corona-Gefahrenzu­lage von bis zu 500 Euro falle.

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Nur Mut! . . .
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