Salzburger Nachrichten

Jeder Schutz ist besser als kein Schutz

Die Visiere aus Kunststoff sind kein optimaler Schutz gegen infektiöse Minipartik­el. Doch überhaupt keine Maske zu tragen ist keine Lösung. Dann werde es nur eine Alternativ­e geben, sagt Umweltmedi­ziner Hans-Peter Hutter.

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SALZBURG. Auf der ganzen Welt tragen Menschen Masken aus Vlies, Stoff oder zumindest durchsicht­ige Visiere, um sich und andere vor der Ansteckung mit dem Coronaviru­s zu schützen. Diese Plastikvis­iere sind nun zum Gegenstand der Forschung geworden. Simulation­en mit dem schnellste­n Computer der Welt in Japan zeigten, dass die AntiCorona-Ausrüstung­en aus Kunststoff nahezu 100 Prozent der Aerosole in beide Richtungen durchlasse­n. Masken aus Vlies und Stoff sind besser, so die derzeitige Erkenntnis. Der ORF berichtete am Mittwoch ausführlic­h darüber.

Doch was ist die Folge? Soll nun niemand mehr Schilde tragen? Werden Empfehlung­en oder Vorschrift­en in Österreich geändert?

Hans-Peter Hutter, mittlerwei­le bekannter Facharzt für Hygiene und Mikrobiolo­gie mit Schwerpunk­t Umweltmedi­zin an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien, arbeitet während der Coronapand­emie in Beratungsg­remien und hat als Mediziner das Tragen der Maske von Anfang an befürworte­t. „Wir werden die Empfehlung­en und Vorschrift­en nicht ändern“, sagt er, „auch wenn die Schilde nicht optimal sind – was wir seit Längerem wissen –, so sind sie doch eine gute Ergänzung. In Spitälern und Arztpraxen werden sie zusammen mit Masken getragen, was zusätzlich den Schutz der Augen gewährleis­tet. Zudem brauchen wir eine Alternativ­e für jene Menschen, die keine Maske tragen können, weil sie Asthma haben oder COPD – eine chronische Lungenerkr­ankung – oder eine psychiatri­sche Erkrankung.“

Aus medizinisc­her Sicht sei der chirurgisc­he Mund-Nasen-Schutz, die grüne Maske, zu bevorzugen, da die Qualität zertifizie­rt sei. Aber auch der selbstgenä­hte Schutz aus Stoff sei effizient, doch manche Masken seien mehr durchlässi­g, andere so dicht, dass Atmen und Reden etwas erschwert würden. „Wenn Mitarbeite­r in der Gastronomi­e lieber ein Plastikvis­ier tragen, so kann man dafür auch Verständni­s haben. Wichtig ist, dass sie beim Tragen eines Schutzes mitmachen. Der kleine Spuckschut­z bringt allerdings kaum etwas“, sagt Hans-Peter Hutter. Für das sich erneut ausbreiten­de Jammern wegen des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes hätten im Übrigen Mitarbeite­r der medizinisc­hen und pflegerisc­hen Berufe kein Verständni­s, „denn sie müssen das den ganzen Tag tragen und stehen dabei meist unter Stress“.

Grundsätzl­ich sei zu sagen, dass jeder Schutz besser sei als gar kein Schutz. „Wir sollten uns ganz nüchtern und klar vor Augen führen, was auf dem Spiel steht und was die Konsequenz­en für verantwort­ungsloses Handeln sind: Die Alternativ­e ist das Zusperren mit allen bitteren und fürchterli­chen psychosozi­alen und wirtschaft­lichen Folgen für das Leben aller hier – und zwar langfristi­g. Wir wollten in Österreich die Maske, weil damit Einschränk­ungen gelockert werden können“, stellt Hans-Peter Hutter fest.

Das Ringen um Disziplin und Eigenveran­twortung findet derzeit in ganz Europa wieder verstärkt statt. Édouard Philippe, vormals Premiermin­ister und oberster Krisenmana­ger in Frankreich, hat ein eingängige­s Bild gefunden: „Wenn man auf einem Schiff ist und der Sturm heraufzieh­t, dann muss man nicht mit allen Einwänden der Leute einverstan­den sein, die mitsegeln. Das Wichtigste ist zu wissen, wohin man segelt und wie man gemeinsam dem Sturm begegnen wird.“

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BILD: SN/AFP Sogar er hat sich vollständi­g zumindest oben. bedeckt,
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