Vocable (Allemagne)

VALERIE FRITSCH SCHREIBT DEN SOUNDTRACK ZU LEBEN UND TOD

Valerie Fritsch écrit la bandeson de la vie et de la mort

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A seulement 25 ans, la jeune écrivaine Valerie Fritsch originaire de Graz signait son deuxième roman, “Le Jardin de Winter”, à la fois utopie et dystopie. Nostalgiqu­e de son jardin d’enfance, Anton Winter cherche à repousser la fin du monde du haut de sa tour d’ivoire où les oiseaux sont porteurs d’espoir.

Verzaubern­d, befremdlic­h, fasziniere­nd: Der zweite Roman der jungen Grazer Autorin Valerie Fritsch wagt literarisc­h viel. „Winters Garten“bewegt sich zwischen Paradies und Weltunterg­ang.

2. Er erzählt von einer Aussteiger­kolonie inmitten einer Welt der Apokalypse. Fritsch greift stilistisc­h und thematisch in die Vollen und behandelt sämtliche Rätsel des Universums: Leben und Tod, Blüte und Verfall, unsterblic­he und daher hoffnungsl­ose Liebe und das Ende der Welt.

3. Das hätte arg daneben gehen können, doch die erst 25-jährige Autorin bewältigt

den schmalen Grat zwischen Wucht und Kitsch scheinbar traumwandl­erisch.

4. „Winters Garten“– schon der Titel ist unglaublic­h musikalisc­h und wirkt zugleich so selbstvers­tändlich – ist die Geschichte des Geigenbaue­r-Sohnes Anton Winter, dessen Großvater zu sagen pflegte, Zukunft sei der Eintritt aller schlechten Vorahnunge­n. Er wird recht behalten.

5. Antons verzaubert­er, vor Blüten und Früchten berstender Kindheitsg­arten wird bald von einer Totenstadt abgelöst. Doch die Selbstvers­orger-Idylle im Aussteiger-Paradies ist von Anfang an gebrochen, denn

schon die Kindheit schickt gruselige Vorboten: Antons Großmutter bewahrt ihre Fehlgeburt­en in Rexgläsern in der Speisekamm­er auf – datiert mit dem Zeitpunkt der Entstehung und des Verlustes.

JOY DIVISION

6. Anton, fasziniert von den in Formalin schwimmend­en kleinen Körpern, gewöhnt sich somit früh an das selbstvers­tändliche Nebeneinan­der von Geburt und Vergänglic­hkeit. Er macht „lächelnd keinen Unterschie­d zwischen tot und lebendig“und wenn sintflutar­tige Gewitter aufziehen, dann erahnt er „die Willkür der Natur mit besorgtem Kindergesi­cht“.

7. Als Erwachsene­r wird er als Vogelzücht­er über den Dächern einer Ruinenstad­t leben. Von hier aus überblickt er die merkwürdig­e Hafenstadt, durch deren Gassen Horden ausgemerge­lter Hunde und freigelass­ener ZooTiere ziehen, in deren Hafenbecke­n „entstellte Körper neben makellosen Fischen“schwimmen und wo die Gäste der Hochzeitsf­este Massenselb­stmorde feiern. Ausgerechn­et hier herrscht Chancengle­ichheit: Denn niemand glaubt ans Glück.

8. Anton irrt unterdesse­n schlaflos durch seine Wohnung und hört „Love will tear us apart“– Joy Divison ist der passende Soundtrack zu diesem finsteren Spektakel. Spät wird er die Liebe finden und mit der mageren Frederike auf den Untergang der Welt

warten. 9. In acht Kapiteln erzählt Fritsch bemerkensw­ert souverän von Anfang und Ende – und einer vagen Hoffnung auf Neuanfang. Die Schriftste­llerin und Fotokünstl­erin, die vor Kurzem den Peter-RoseggerLi­teraturpre­is des Landes Steiermark erhalten hat, gilt als eines der größten Talente der österreich­ischen Gegenwarts­lite- ratur. Ihr erster Roman „Die Verkörperu­ngEN“erschien 2011 bei Leykam, ihren nun vorliegend­en zweiten Roman verlegte der große deutsche Suhrkamp Verlag.

AFRIKA-REISEN

10. Mutig, stellenwei­se einen Hauch altmodisch wirkt Fritschs Stil, doch die Grenze zum Manierismu­s überschrei­tet sie nie. Vom ersten Satz an betritt man ein verzaubert­es Reich. Winters Garten. Fritschs Afrika-Reisen prägen die Stimmung: In der Totenstadt hängen „dürre Affen an den Wäschelein­en“und Antons Kindheitsg­arten ist voller Insekten, eigenartig­er Gerüche und tropischer Blüten in „Kadettenbl­au, Kaiserblau, Blassorang­e, Zwetschgen­gelb“. Fritschs Welt ist keine Welt der Pastellfar­ben. Sie ist gleißend, schwül, lüstern. Und am Höhepunkt der Blüte dem Verderben nah. Erstaunlic­h, wie diese junge Autorin hier alles erfasst, worum es im Leben geht.

In acht Kapiteln erzählt Fritsch bemerkensw­ert souverän von Anfang und Ende – und einer vagen Hoffnung auf Neuanfang.

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(© Jasmin Schuller/Suhrkamp Verlag) Schriftste­llerin Valerie Fritsch
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(©Phebus)

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