Amtstierärzte kritisieren Landesregierung
Mangel an Stellen zeigt laut Verbandschef geringe Bedeutung des Verbraucherschutzes
STUTTGART - Trotz eindringlicher Mahnungen der baden-württembergischen Amtstierärzte hat das Parlament im Haushalt 2017 keine zusätzlichen Stellen in diesem Bereich geschaffen. Thomas Pfisterer, Vorsitzender des Landesverbands der Amtstierärzte, äußert sich tief enttäuscht von der grün-schwarzen Landesregierung, die den Haushalt aufgelegt hat, und warnt vor mangelndem Verbraucherschutz. Mit Blick auf den anstehenden Doppelhaushalt für die Jahre 2018/19 scheint sich etwas zu bewegen.
„Das Verhalten der Landesregierung macht gerade deutlich, welchen Stellenwert der Verbraucherschutz für sie hat“, sagt Verbandschef Pfisterer der „Schwäbischen Zeitung“. Seinen Unmut richtet er vor allem auf Verbraucherschutzund Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU, Foto: dpa) und Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne). Den Mangel an Veterinären in den Landratsämtern hat der Landkreistag kürzlich erhoben. Der kommunale Spitzenverband hatte untersucht, wie stark die Aufgaben der Kontrolleure zum Tierund Verbraucherschutz aufgrund Gesetzesänderungen in den vergangenen Jahren gewachsen sind – und wie dadurch der Bedarf an Stellen gewachsen ist.
199 Amtstierärzte fehlen
Laut der Analyse des Landkreistags fehlen in Baden-Württemberg in den unteren Veterinärbehörden 167 Stellen im mittleren Dienst. Dabei handelt es sich um Lebensmittel- und Veterinärhygienekontrolleure. Zudem fehlen 199 Stellen für Amtstierärzte. Das würde fast eine Verdoppelung der vorhandenen Amtstierärzte bedeuten. „Diese Relation gibt es in keinem anderen Bereich“, so Pfisterer. Er verweist auf Anträge der Oppositionsfraktionen von FDP und SPD, die beide mehr Stellen im Haushalt 2017 gefordert hatten – ohne Erfolg. Die Folgen des Mangels seien schlecht, sowohl für das Tierwohl im Land wie auch im Sinne des Verbraucherschutzes. „Wir überprüfen derzeit jährlich 6,5 Prozent der Nutztierhalter, jeden also nur alle 15 Jahre. Das kann nicht im Sinne des Verbraucherschutzes sein.“
Im Oktober hat ein Skandal um einen Schweinemastbetrieb im AlbDonau-Kreis Aufsehen erregt. Der Stall war verkotet, die Abluftschächte verschmutzt, die Buchten der Tiere zum Teil deutlich überbelegt, Hunderte Tiere krank und verletzt. Die Staatsanwaltschaft Ulm hatte auch gegen den zuständigen Amtstierarzt Ermittlungen aufgenommen. „Wir haben eine erhebliche Belastung“, erklärt Pfisterer. „Die Strukturen funktionieren, wir sind fachlich gut, aber die Menschen fehlen.“Und die gebe der Arbeitsmarkt sogar her.
„Man kann nicht nur durch mehr Stellen den Verbraucherschutz stärken“, kontert eine Sprecherin aus dem Landwirtschaftsministerium. Hauk wolle sehr wohl Akzente setzen in dieser Richtung, zu einer Mitarbeit an möglichen Konzepten hierfür sei Pfisterer eingeladen.
Zudem wäre eine persönliche Kontaktaufnahme wünschenswerter gewesen als ein öffentlicher Schlagabtausch in den Medien, so die Ministeriumssprecherin. Beruhigend ist dieses Bekenntnis für Pfisterer nicht. Bisher gebe es lediglich vage Äußerungen, dass zum Doppelhaushalt 2018/19 mehr Stellen für Amtstierärzte geschaffen werden sollen.