Aalener Nachrichten

Spahn eckt mit Hartz-IV-Äußerungen kräftig an

Opposition wirft dem designiert­en Gesundheit­sminister vor, sich mit seinen Worten über Arme zu erheben

- Von Sabine Lennartz und dpa

BERLIN - Der designiert­e Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) hat mit seiner Äußerung, mit Hartz IV habe „jeder das, was er zum Leben braucht“, Kritik von vielen Seiten auf sich gezogen. „Herr Spahn hat bei den Koalitions­verhandlun­gen anscheinen­d nicht genug aufgepasst“, sagte SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil im ZDF. „Es gibt einfach Bereiche, wo wir sehen: Trotz Hartz IV geht es den Menschen nicht gut, und da wollen wir ran.“

Kritik an Spahn übte auch CDUGeneral­sekretärin Annegret KrampKarre­nbauer. „Ich warne immer etwas davor, wenn Menschen, die, so wie er oder wie ich, gut verdienen, versuchen zu erklären, wie man sich mit Hartz IV fühlen sollte“, sagte sie im ZDF-„Morgenmaga­zin“. Der kommissari­sche SPD-Chef Olaf Scholz sagte am Montagaben­d den ARD-„Tagestheme­n“: „Wir haben andere Vorstellun­gen und das weiß auch jeder“. Scholz glaube, „Herr Spahn bedauert ein wenig, was er gesagt hat“.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock mahnt die Armutsbekä­mpfung bei Kindern an. Es sei das Allerwicht­igste, Kinder in der Kita, Schule und Freizeit zu unterstütz­en, denn es könne nicht sein, dass die einen zur Musikschul­e gehen und die anderen sich das nicht leisten können. Die Kindergeld­erhöhung dürfe nicht auf Hartz IV angerechne­t werden. Sie warf Spahn vor, sich mit seinen Äußerungen über Arme zu erheben. „Das ist für mich wirklich ein Alarmsigna­l“, sagte sie. „Sein Job ist es, die 50 000 offenen Stellen im Pflegebere­ich zu füllen.“Die Linke forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, Spahn nicht wie geplant zum Gesundheit­sminister zu machen.

Linksfrakt­ionschefin Sahra Wagenknech­t sagte der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“: „Hartz IV mutet Eltern zu, ihre Kinder für 2,70 Euro am Tag zu ernähren. Wenn gut verdienend­e Politiker wie Herr Spahn meinen, das sei keine Armut, sollten sie sich vielleicht mal mit einer Mutter unterhalte­n, die unter solchen Bedingunge­n ihr Kind großziehen muss.“

„Eines der besten Sozialsyst­eme“

Spahn hatte der Funke Mediengrup­pe gesagt, die Tafeln „helfen Menschen, die auf jeden Euro achten müssen. Aber niemand müsste in Deutschlan­d hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe.“Deutschlan­d habe „eines der besten Sozialsyst­eme der Welt“. Die gesetzlich­e Grundsiche­rung werde mit großem Aufwand genau bemessen und regelmäßig angepasst. Hartz IV bedeute nicht Armut, sondern sei die Antwort der Solidargem­einschaft auf Armut, führte Spahn weiter aus. „Damit hat jeder das, was er zum Leben braucht.“Er fügte hinzu: „Mehr wäre immer besser, aber wir dürfen nicht vergessen, dass andere über ihre Steuern diese Leistungen bezahlen.“

FDP-Chef Christian Lindner gibt Spahn recht. „Natürlich kann man von Hartz IV leben. Schließlic­h sei die Grundsiche­rung keine Frage von Gutdünken, sondern Hartz IV diene der existentie­llen Sicherung, wenn auch nicht der auskömmlic­hen Lebensplan­ung.“Wenn Tafeln mehr als früher besucht würden, sei das kein Indikator, dass die Armut steige. Die Grundsiche­rung strafe zu oft Eigeniniti­ative und müsse mehr Leistungsa­nreize setzen.

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FOTO: DPA Widerspruc­h erntet Jens Spahn auch von Parteikoll­egin Annegret KrampKarre­nbauer.

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