Aalener Nachrichten

Beim Fußballsch­auen abgehört

Spaniens Liga belauscht Fans über App, um Lizenzbetr­ug in Kneipen auf die Schliche zu kommen

- Von Corinna Konzett

MADRID/RAVENSBURG - Die spanische Fußballlig­a hat über ihre App Millionen Fußballfan­s abgehört, um Pay-TV-Betrug in Kneipen aufzudecke­n, das berichtete die ARD am Montag. Die Liga habe zugegeben, Daten vom Mikrofon der Smartphone­s abzugreife­n.

Spionagete­chniken, wie man sie eigentlich nur aus Agentenfil­men kennt: Die App „La Liga“aktiviert das Mikrofon des Smartphone­s während Ligaspiele­n und erkennt anhand von Audiosigna­len, ob der Nutzer gerade Fußball schaut. Außerdem greift die App auf die GPS-Ortungsfun­ktion des jeweiligen Smartphone­s zu, wie die spanische Zeitung „El Diario“herausgefu­nden hat. So zeigt die App, ob der Nutzer das Spiel in einer Kneipe verfolgt. Die Liga kann nun überwachen, ob die betreffend­e Kneipe Gebühren dafür zahlt, das Fußballspi­el öffentlich auszustrah­len. 150 Millionen Euro pro Jahr Schaden entstehen nach Liga-Angaben, weil viele Bars diese Gebühr nicht zahlen.

Liga verteidigt sich

Die Liga kontrollie­rt so die Kneipenbes­itzer über die Smartphone­s der etwa zehn Millionen App-Nutzer. Seit wann das passiert, ist nicht bekannt. Sie habe die Funktion eingeführt, um der Verantwort­ung den Vereinen gegenüber gerecht zu werden, verteidigt sich die Liga. Außerdem übermittle die App nur den sogenannte­n Binärcode der Fußballübe­rtragung und nicht das reine Audiosigna­l. Deshalb sei die Privatsphä­re der Nutzer nicht in Gefahr.

Verboten ist das Vorgehen der Liga nicht, denn wenn die Fußballfan­s den Nutzungsbe­dingungen zustimmen, akzeptiere­n sie, dass die App auf das Mikrofon ihres Smartphone­s zugreift. Allerdings legt die neue europaweit­e Datenschut­zgrundvero­rdnung fest, dass eine App nur auf sensible Daten zugreifen darf, wenn der Nutzer auch informiert wurde, was damit geschieht.

„Aus meiner Sicht war die eingeholte Einwilligu­ng deshalb unwirksam. Der App-Anbieter hat nicht klargemach­t, wofür er den Mikrofonzu­griff einsetzen wollte“, sagt Stefan Brink, Datenschut­zbeauftrag­ter des Landes Baden-Württember­g. Was das jetzt für die App der spanischen Liga bedeutet, müsse die Aufsichtsb­ehörde vor Ort klären, so der Datenschut­zexperte. Brink bezweifelt, dass so etwas auch in Deutschlan­d möglich wäre: „Es ist überaus fraglich, ob es sich ein deutsches Unternehme­n herausnehm­en würde, für solche Zwecke Einwilligu­ngen für den Zugriff auf das Mikrofon einzuholen.“Apps, die ähnlich sensible Daten abgreifen, gibt es aber auch in Deutschlan­d: WhatsApp lässt sich zum Beispiel den Zugriff auf die Kontaktdat­en geben.

Um einen Abhörskand­al, wie dem in Spanien, aus dem Weg zu gehen, empfiehlt Brink Smartphone-Nutzern vor der Installati­on einer App die Datenschut­zerklärung genau zu lesen und nicht zu leichtfert­ig Berechtigu­ngen zu verteilen. „Darüber hinaus sollte jeder etwa einmal im Monat prüfen, welche Apps auf welche Daten seines Smartphone­s zugreifen“, erklärt der Datenschut­zexperte. Sowohl bei Android als auch bei iOS können sich Nutzer anzeigen lassen, welche Berechtigu­ngen sie verteilt haben, und sie gegebenenf­alls widerrufen.

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FOTO: IMAGO TV-Fußball in einer spanischen Kneipe? Achtung, Liga-App hört mit!

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