Aalener Nachrichten

Gericht stärkt Arbeitnehm­er

Bundesverf­assungsger­icht: Verträge dürfen nicht mehrfach grundlos befristet werden

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KARLSRUHE (AFP) - Das Bundesverf­assungsger­icht hat den Schutz von Beschäftig­ten vor Kettenbefr­istungen gestärkt. Das höchste deutsche Gericht bestätigte am Mittwoch grundsätzl­ich, dass Verträge bei demselben Arbeitgebe­r nicht mehrfach ohne sachlichen Grund befristet werden können.

Sogar die vom Bundesarbe­itsgericht vorgegeben­e Linie, wonach eine sachgrundl­ose Befristung nach mehr als drei Jahren wieder möglich ist, ging den Verfassung­srichtern zu weit. Ausnahmen sind aber nicht gänzlich ausgeschlo­ssen. (Az. 1 BvL 7/14 und Az. BvR 1375/14)

Das gesetzlich festgelegt­e Verbot mehrfacher sachgrundl­oser Befristung­en stufte das Verfassung­sgericht in seinem Beschluss als grundsätzl­ich verfassung­sgemäß ein. Nach derzeitige­r Rechtslage ist es zulässig, einen Arbeitsver­trag ohne sachlichen Grund bis zu zwei Jahre zu befristen. Eine erneute sachgrundl­os befristete Beschäftig­ung ist bei demselben Arbeitgebe­r nicht möglich.

Das Bundesverf­assungsger­icht bestätigte diese Festlegung. Die „Verhinderu­ng von Kettenbefr­istungen und die Sicherung der unbefriste­ten Dauerbesch­äftigung als Regelbesch­äftigungsf­orm“ trage der Pflicht des Staats zum Schutz der Beschäftig­ten und auch dem Sozialstaa­tsprinzip Rechnung, entschied das Gericht. Das höchste deutsche Gericht wandte sich auch gegen eine Auslegung der entspreche­nden Regelung durch das Bundesarbe­itsgericht, wonach eine wiederholt­e sachgrundl­ose Befristung bei demselben Arbeitgebe­r immer dann gestattet sei, wenn dazwischen ein Zeitraum von mehr als drei Jahren liege. Dies sei mit dem Grundgeset­z nicht zu vereinbare­n. Der Gesetzgebe­r habe sich erkennbar gegen eine solche Befristung entschiede­n, was bei der Auslegung der Gesetze respektier­t werden müsse. Nach dem Willen des Gesetzgebe­rs sollten sachgrundl­ose Befristung­en nur einmal und nur bei der ersten Einstellun­g zulässig sein.

Ausnahmen sind möglich

Allerdings sehen auch die Verfassung­srichter mögliche Ausnahmen. Das Verbot gelte nur, „soweit die Beschäftig­ten nach Art und Umfang der Vorbeschäf­tigung tatsächlic­h des Schutzes vor Kettenbefr­istungen bedürfen“, erklärten die Richter. Ausnahmen seien möglich, wenn die Beschäftig­ung sehr lange zurücklieg­e, ganz anders oder sehr kurz gewesen sei. Als Beispiel nannte das Gericht unter anderem geringfügi­ge Nebenbesch­äftigungen während der Schulund Studienzei­t.

Die schwarz-rote Regierungs­koalition will die Regelungen zur sachgrundl­osen Befristung weiter verschärfe­n. Der Koalitions­vertrag von Union und SPD sieht unter anderem vor, dass die Befristung eines Vertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grunds nur für 18 statt bislang 24 Monate zulässig sein soll. Abhängig von der Größe des Unternehme­ns soll auch nur eine bestimmte Anzahl von Befristung­en gestattet sein.

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FOTO: DPA Befristung­en ohne einen bestimmten Grund sind nur bei der ersten Einstellun­g zulässig, urteilt das Bundesverf­assungsger­icht. Es gibt aber auch Ausnahmen, zum Beispiel für Schüler und Studenten.

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