Lurchi und die lila Kuh
Der alte Schuster im Ort war für die Kinder seit den 50er Jahren eine Sensation. Hinten aus der Werkstatt roch es nach Leder, vorne im Laden wurde einem als Schulbub der Kauf neuer Lederschuhe mit einem Comic-Heftchen schmackhaft gemacht. „Lurchis Abenteuer“waren damals, als es noch kein Internet, ja noch nicht einmal Farbfernsehen gab, ein echter Hammer. Der Status, dem einen der Besitz eines solchen Heftchens unter Gleichaltrigen eingebracht hat, ist heute wohl nur noch mit dem Besitz der allerneuesten Spielekonsole vergleichbar. Dennoch gibt es eine gute Nachricht: Lurchi lebt! Ausweislich der Webseite www.lurchi.de ist kürzlich Heft 157 erschienen.
Anderen vertrauten Werbefiguren wie Tony dem Tiger (Cerealien), dem Prinzen (Schokokeks) oder der lila Kuh (Schokolade) könnte es bald an den Kragen gehen. Ein europäischer Verbraucherverband macht gegen Lebensmittelwerbung mit Comicfiguren mobil, wenn sie sich an Kinder richtet und die Produkte, für die sie wirbt, zu viel Zucker, Salz oder Fett enthalten. Dagegen erhebt – weil es heutzutage ja für jeden Verband einen Gegenverband gibt – eine Verbraucherorganisation aus den USA Widerspruch. Gesundheit oder Freiheit, Verbote oder Aufklärung – so lautet die Grundsatzfrage.
Die Älteren unter uns, die den schlauen Lurchi noch aus seiner Jugendzeit kennen, ahnen schon, wie der Streit enden wird. Der Marlboro-Mann und das HBMännchen liegen schon auf dem Friedhof der Werbe-Ikonen. Zu Recht, sagen die einen. Irgendwie schade, sagen die anderen.