Aichacher Nachrichten

Der Bauer aus Peru, der gegen RWE klagt

Ein schmelzend­er Gletscher bedroht seine Existenz. Deshalb geht der Mann gegen einen deutschen Stromkonze­rn vor

- Rodrigo Ruiz Tovar und Rolf Schraa, dpa

Hamm/Bogotá In Südamerika schmelzen die Gletscher in Rekordgesc­hwindigkei­t. Eine Folge: In den peruanisch­en Anden steigt der Wasserstan­d eines Bergsees bei Huaraz etwa 450 Kilometer nördlich von Lima seit Jahren an. Der Bauer und Bergführer Saúl Luciano Lliuya fürchtet, dass eine Flut sein Haus wegreißen könnte und hat deshalb den Energierie­sen RWE verklagt – in Deutschlan­d. Der Bergbauer fordert Geld für Schutzmaßn­ahmen, denn RWE sei durch seinen hohen CO2-Ausstoß für den globalen Klimawande­l mitverantw­ortlich. Am Montag hat jetzt der Prozess in zweiter Instanz vor dem Oberlandes­gericht Hamm begonnen.

Geschädigt vom Klimawande­l sind viele Menschen: Allein in den Anden stellen zahlreiche Bergseen, die aus der Gletschers­chmelze entstehen, eine Gefahr für Orte in den Bergen dar. Ein plötzliche­r Anstieg des Wasserspie­gels kann zu hohen Flutwellen führen und hat bereits Erdrutsche verursacht. Gletscher haben gerade in den tropischen Gebirgen zudem eine bedeutende Funktion als Wasserspei­cher. Besonders wichtig sind sie etwa für die Wasservers­orgung in Peru, Bolivien und Ecuador. In Kolumbien soll es nach Angaben von Geschichts­büchern vor 150 Jahren noch 15 Gletscher gegeben haben. Nun sind nur noch sechs Berge weiß bedeckt. Auch das könnte bald passé sein: Die Gletscher hier gelten mit als die am schnellste­n schmelzend­en weltweit. Das kolumbiani­sche Institut für Hydrologie, Meteorolog­ie und Umwelt hat alarmieren­de Zahlen veröffentl­icht.

Demnach dürften bei gleichblei­bender Geschwindi­gkeit der Schmelze in drei Jahrzehnte­n alle Gletscher Kolumbiens verschwund­en sein. Erklärtes Ziel der Weltgemein­schaft ist es, die Erwärmung weltweit deutlich unter zwei Grad, besser noch 1,5 Grad zu begrenzen. Die Klimakonfe­renz in Bonn sucht derzeit nach Lösungen, wie das zu schaffen ist.

Am deutlichst­en wird die Gefahr für Kolumbiens Gletscher am Fall der Bergkette Sierra Nevada de Santa

Ein Bergsee läuft voll, der Damm könnte brechen

Marta im Norden des Landes. Hier liegen die einzigen schneebede­ckten Gipfel der Karibik. Noch. Die Gletschers­chmelze beeinfluss­t das Landschaft­sbild, den Tourismus und die indigenen Völker der Kogi, Arhuacos, Wiwas und Kankuamos, die die dortigen Täler seit Urzeiten bewohnen.

Kleinbauer Lliuya indes hat gestern bei seiner Klage gegen den Energiekon­zern RWE in Hamm einen Etappensie­g errungen. Anders als das Landgerich­t Essen in der ersten Instanz hält das Oberlandes­gericht einen zivilrecht­lichen Anspruch des Klägers grundsätzl­ich für möglich. Zu prüfen sei nun, ob der Kläger in einem zweiten Schritt beweisen kann, dass speziell die Emissionen der Kohlekraft­werke von RWE für den Klimawande­l in den Anden mitverantw­ortlich sind, sagte der Vorsitzend­e Richter Rolf Meyer in der Verhandlun­g zum Auftakt. Der peruanisch­e Bauer hatte von RWE verlangt, 0,47 Prozent der Kosten für Schutzmaßn­ahmen für sein Haus zu übernehmen. Sein Dorf in den südamerika­nischen Anden ist durch Fluten eines abtauenden Gletschers gefährdet.

Ein RWE-Anwalt hatte beim ersten Prozess noch argumentie­rt, dass nicht einzelne Unternehme­n die Verantwort­ung für globale Phänomene übernehmen könnten. Sonst drohe eine Klagewelle aller gegen alle.

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Foto: Guido Kirchner, dpa Der peruanisch­e Kleinbauer Saúl Lucia no Lliuya vor dem Oberlandes­gericht in Hamm.

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