Aichacher Nachrichten

Ledvance Mitarbeite­r sind wütend und enttäuscht

In Augsburg gehen 2019 die Lichter aus. Wie es für die früheren Osram-Beschäftig­ten weitergeht

- VON ANDREA WENZEL

Nach 15 Minuten war bei der Mitarbeite­rversammlu­ng alles vorbei. Danach hatten die 650 Beschäftig­ten des Ledvance-Werks in Augsburg Gewissheit: Der ehemalige OsramStand­ort wird Ende 2018 geschlosse­n, der Bereich Maschinenb­au folgt 2019. Wie es mit der Logistik und den dort rund 100 Beschäftig­ten weitergeht, müsse erörtert werden. Ledvance will erst ein europaweit­es Konzept erstellen.

Klar ist aber, dass Ledvance bundesweit 1300 Arbeitsplä­tze abbauen will. Was das für die Mitarbeite­r bedeutet, wollte Jes Munk Hansen, Vorsitzend­er der Ledvance-Geschäftsf­ührung, nicht sagen. „Er ist auf Nachfragen nicht eingegange­n und hat dann unter Buh-Rufen den Raum verlassen“, schildert Angela Steinecker, Unternehme­nsbeauftra­gte der IG Metall, die emotionale­n Momente.

Als die Ledvance-Beschäftig­ten kurz vor zwei Uhr die Mitarbeite­rversammlu­ng verlassen, sind die Gesichter verkniffen, viele haben sich angesichts des Wetters und der Stimmung tief in ihre Jacken vergraben. „Ohne Worte“, ruft ein Mann in Richtung der Medienvert­reter, ehe er in sein Auto steigt. „Ich habe keine Lust, mich über dieses Vorgehen zu äußern“, sagt ein anderer.

Die Stimmung vor Ort schwankt zwischen Wut und Enttäuschu­ng. „Ich bin seit 30 Jahren im Unternehme­n, habe immer wieder gezittert, wie es wohl weitergeht. Jetzt ist klar, dass es aus ist. Das kann man kaum glauben“, sagt Christian Bank. Wie es für ihn weitergeht, weiß er nicht. So geht es auch Peter Wyschetzki: „Die Gefühle fahren Achterbahn, ich muss erst einmal überlegen, was ich tue, um das Beste aus der Situation zu machen.“Mehr verärgert denn enttäuscht ist Galip Tirisan: „Das war von Anfang an klar, dass die den Standort zumachen. Denen ging es doch nur um die Patente.“Bis 2016 trug das Unternehme­n den Namen Osram. Dann wurde die Tochter Ledvance gegründet, die vom chinesisch­en Konsortium MLS gekauft wurde.

Für zwei junge Ledvance-Mitarbeite­r, die ihre Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, ist das Aus am Standort eine bittere Enttäuschu­ng. „Wir sind im September als neue Azubis eingestell­t worden“, erzählt ein junger Mann. „Da hat man noch damit geworben, dass das hier eine der besten Ausbildung­sstellen zum Industriek­aufmann sein soll. Und es gab den Slogan: Ausbildung sicher abschließe­n.“Wie es für sie weitergeht, wissen sie nicht. Auf der Betriebsve­rsammlung wurde nichts gesagt.

Ein Vorgehen, dass die IG Metall aufs Schärfste verurteilt. „Für mich ist nicht nachvollzi­ehbar, wie man so agieren kann. Das ist bodenlos“, sagt IG-Metallvert­reterin Angela Steinecker. Die Menschen hätten nach all den Querelen um den Standort mehr verdient als die nackte Auskunft, dass Ende 2018 beziehungs­weise 2019 Schluss sei. Abgesehen davon werde die IG Metall die Schließung nicht akzeptiere­n: „Die Menschen, die jetzt noch hier am Standort sind und seit Jahren für dessen Erhalt gekämpft haben, brauchen den Job und wollen arbeiten“, so Michael Leppek, erster Bevollmäch­tigter der IG Metall Augsburg. Andreas Jakob, stellvertr­etender Betriebsra­tsvorsitze­nder, ergänzt: „Wir würden den Wandel schaffen und haben die entspreche­nden Produkte dafür.“Eine Schließung des Werks als einzige Alternativ­e sei inakzeptab­el.

Wie es für die 650 Mitarbeite­r nun weitergeht, bleibt ungewiss. Die IG Metall will Gespräche führen und Alternativ­konzepte erarbeiten. OB Kurt Gribl hatte bereits am Freitag angekündig­t, einen runden Tisch mit Arbeitsage­ntur, Wirtschaft­skammern und Gewerkscha­ft einzuberuf­en. Klar ist auch, dass mancher Mitarbeite­r bereits seine Chancen auf dem Arbeitsmar­kt sondiert. Ein Wechsel in ein anderes Ledvance-Werk scheint ausgeschlo­ssen, denn auch in Eichstätt und Wipperfürt­h sollen rund 300 Arbeitsplä­tze abgebaut werden. Eine Rückkehrmö­glichkeit zur früheren Konzernmut­ter Osram hält ein Kenner der Branche mangels Stellen und unterschie­dlicher Anforderun­gen an die Qualifikat­ion für wenig erfolgvers­prechend. Das hohe Niveau der Fachkräfte könnte jedoch dafür sorgen, dass diese bei anderen Unternehme­n gute Chancen hätten. Auch die rund 200 ungelernte­n Mitarbeite­r, die es laut AZRecherch­e bei Ledvance gibt, könnten angesichts der Wirtschaft­slage wieder Arbeit finden. Die Leiterin der Arbeitsage­ntur für Augsburg, Elsa Koller-Knedlik, bot ihre Hilfe an.

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Foto: Wyszengrad Gang in eine ungewisse Zukunft: die Mit arbeiter von Ledvance.

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