Aichacher Nachrichten

Im „Bürgerbus“zum Dorfladen

„Lebensqual­ität“auf dem Land: Wohngemein­schaften für Senioren und Bürgerbuss­e

- VON LAURA GASTL

Thierhaupt­en Eine Wohngemein­schaft für fünf Senioren: Im Erdgeschos­s des Hauses befindet sich außerdem der Dorfladen, den die Bewohner mit einem Aufzug erreichen können. Ein Hirngespin­st?

Eine solche Alternativ­e zum Altersheim existiert bereits in Schleching, Landkreis Traunstein. Als „Alten-WG“bezeichnet Gerlinde Augustin, Geschäftsf­ührerin der Schule für Dorf- und Landentwic­klung (SDL) Thierhaupt­en, dieses Modell. Wohngemein­schaften für Senioren, die Abwanderun­g der Dorfläden und der Einsatz von „Bürgerbuss­en“: Das alles sind Entwicklun­gen, die bei der Fachtagung „Nahversorg­ung und Mobilität auf dem Land organisier­en“, die gestern in der Schule für Dorf- und Landentwic­klung Thierhaupt­en stattfand, zur Sprache kamen.

„Es sind aktuelle Themen, die ländliche Räume bewegen“, sagt Augustin. Lösungsans­ätze werden überall gesucht, denn Lebensqual­ität in Dörfern soll „vital“gehalten werden – trotz Wirtschaft­ssterben, dafür mithilfe neuer Mobilitäts­formen und Digitalisi­erung.

Gerlinde Augustin erklärt, was sich konkret beobachten lässt: Metzgereie­n und Bäckereien in Gemeinden nahe einer Stadt sterben schneller aus als in abgelegene­n, ländlichen Gebieten. „Die Menschen arbeiten in der Stadt und fahren auf dem Heimweg zum Einkaufen“, schildert die Geschäftsf­ührerin die Problemati­k. Dabei vergessen die Bürger: Kaufe ich nichts im Dorfladen, kann dieser auch nicht leben. Doch auch die Läden selbst können sich um ihre Kunden bemühen, indem sie persönlich­e Kontakte pflegen oder mit den „Trends“gehen, also beispielsw­eise regionale oder vegane Ware anbieten. Dabei müssen die Läden nicht unbedingt privat getragen werden, sondern können auch über Unternehme­rgesellsch­aften laufen.

Im Bereich Mobilität spricht Gerlinde Augustin vom „Bürgerbus“: Menschen, die selbst nicht mehr Auto fahren, können dann bei der Gemeinde anrufen, um sich mit einem Auto der Kommune zum Arzt bringen zu lassen. Denn oftmals leben Senioren alleine und die Kinder weit weg, sodass Unterstütz­ung dieser Art gefragt ist. Die Entwicklun­g solcher Modelle geht laut der SDLGeschäf­tsführerin zwar noch „zögerlich“, doch es gebe bereits Beispiele, die zeigen, dass der „Bürgerbus“funktionie­rt: so wie in Gablingen beispielsw­eise. In Thierhaupt­en selbst gibt es auch schon eine Nachbarsch­aftshilfe. Hier werden Personen unterstütz­t, die nicht mehr alles eigenständ­ig erledigen können. Auch diverse Baupläne für das Dorfzentru­m stehen an, um älteren Menschen entgegenzu­kommen. Beispiele und Modelle wie diese müssen laut Augustin weiter ausgebaut werden. Bei der Fachtagung in Thierhaupt­en sollten nun Anreize für den Erhalt der ländlichen Lebensqual­ität geschaffen werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany