Söders teuerste Unterschrift
Für die Errichtung der Uniklinik will der Freistaat mehr als eine Milliarde Euro ausgeben. Der Kauf des Augsburger Klinikums ist dabei vermutlich der kleinste Posten
Für die Errichtung der Uniklinik in Augsburg will der Freistaat mehr als eine Milliarde Euro ausgeben. Der Kauf des heutigen Klinikums ist dabei vermutlich der kleinste Posten – doch ist die Vertragsunterzeichnung mehr als nur ein Symbol.
München/Augsburg Nach acht Minuten war alles gesagt, Markus Söder hatte die kostspieligste Unterschrift seiner bisherigen Amtszeit geleistet und die Schnittchen wurden hereingetragen. Die kurze Zeremonie im Münchner Prinz-CarlPalais, dem Amtssitz des Ministerpräsidenten, der nur für diese repräsentativen Zwecke vorbehalten ist, interessierte in München niemanden groß. Für Augsburg und sein Umland aber war sie ein „epochales Ereignis“, wie Oberbürgermeister Kurt Gribl sagte.
Gemeint hatte er damit den Transaktionsvertrag für das Uniklinikum Augsburg, den Söder, Gribl, Wissenschaftsministerin Marion Kiechle und Augsburgs Landrat Martin Sailer gestern Vormittag unterzeichneten. In 41 Seiten regelt das mühsam ausgehandelte Werk den Übergang des Klinikums Augsburg, das bislang Stadt und Landkreis Augsburg gehört, an den Freistaat Bayern. Was nun noch fehlt an rechtlichen Grundlagen, ist ein Gesetz des Landtages zur Errichtung des sechsten Universitätsklinikums im Freistaat. Es soll in knapp zwei Wochen verabschiedet werden.
Laut Vertrag wechselt das Großkrankenhaus mit seinen rund 1700 Betten und 5800 Beschäftigten für den symbolischen Betrag von einem Euro den Besitzer und ist dennoch kein Schnäppchen: In der Staatskanzlei rechnet man, dass der Freistaat mehr als eine Milliarde Euro in Augsburg investieren muss, um die Uniklinik aufzubauen. Ein Anfang des Jahres veröffentlichtes Gutachten hatte noch von einem Invest von 730 Millionen Euro gesprochen. Darüber hinaus soll München für Betrieb und Unterhalt jährlich an die 100 Millionen Euro aufbringen.
Die ersten Studenten der Medizin-Informatik sollen zum Wintersemester beginnen, Studenten der Humanmedizin sollen ein Jahr später folgen. Die Erwartungen in Augsburg an das Projekt sind groß. Die Uniklinik mit ihren 100 Professoren soll für die Bevölkerung Medizin auf Spitzenniveau sicherstellen und darüber hinaus wertvolle wirtschaftliche Impulse liefern. Ein Gutachten geht davon aus, dass im besten Falle 6500 zusätzliche Jobs entstehen.
Söder sprach gestern von einem „historischen Meilenstein“. Die neue Uniklinik stehe für bessere Ausbildungsmöglichkeiten für den Mediziner-Nachwuchs. „Hier möchte ich neue Wege gehen, um den Menschen in Bayern ein besseres Leben zu ermöglichen.“Wissenschaftsministerin Kiechle sagte, dass der Freistaat mit der Augsburger Uniklinik, die 1500 Studienplätze bekommen soll, als einziges Bundesland die Mediziner-Ausbildung ausbaue.
Als sich Stadt und Landkreis Augsburg 1969 zusammentaten, um das heutige Klinikum zu bauen, war bereits ein Universitätskrankenhaus das Ziel. Doch Regensburg machte das Rennen und das 1982 bezogene blieb in kommunaler Obhut. Zahlreiche Versuche heimischer Politiker, München zu mehr Engagement zu bewegen, scheiterten. Der Bau des Klinikums kostete umgerechnet rund 330 Millionen Euro, im Laufe der Jahre butterten die Träger weitere 400 Millionen Euro hinein. Nach dem Verkauf des Großkrankenhauses werden Stadt und Landkreis einen Schuldenberg von rund 140 Millionen Euro abtragen müssen.
Doch nicht nur deshalb wird das Klinikum Stadt und Landkreis weiter beschäftigen. Sie begleiten den laufenden Umbau auch finanziell bis zum Ende. „Wir machen uns nicht vom Acker“, versicherte OB Kurt Gribl, der an die Bedeutung der Uniklinik für die medizinische Versorgung erinnerte und die erhofften wirtschaftlichen Impulse ansprach.
In den nächsten Wochen wollen Kommunen und Wirtschaftskammern einen Masterplan entwickeln, wie die Region Augsburg den Milliardenklops „Uniklinik“am besten verdaut. Dabei geht es um die Gewinnung von Arbeitskräften, um Verkehrsfragen und den Bau von Wohnungen.
Trotz dieser Herausforderungen ist die Uniklinik in den Augen des Augsburger Landrats Sailer „eine Jahrhundertchance“. Sailer würdigGroßkrankenhaus te gestern in München den Mann, der diese Gelegenheit für die Region Augsburg eröffnet hatte. Der frühere Ministerpräsident Horst Seehofer hatte im Februar 2009 mit seinem Eintrag ins Goldene Buch („Die Uni-Klinik kommt!!!“) das Großprojekt ins Rollen gebracht.
Dabei gab es viele Widerstände zu überwinden, so Sailer, „aber Seehofer mit seinem politischen Gewicht und Rückgrat hat das durchgesetzt“. Auch Söder erinnerte kurz an Seehofers Eintrag ins Goldene Buch: „Es begann mit einer Unterschrift in Augsburg.“Und endete neun Jahre später in München.