Aichacher Nachrichten

Söders teuerste Unterschri­ft

Für die Errichtung der Uniklinik will der Freistaat mehr als eine Milliarde Euro ausgeben. Der Kauf des Augsburger Klinikums ist dabei vermutlich der kleinste Posten

- VON CHRISTOPH FREY

Für die Errichtung der Uniklinik in Augsburg will der Freistaat mehr als eine Milliarde Euro ausgeben. Der Kauf des heutigen Klinikums ist dabei vermutlich der kleinste Posten – doch ist die Vertragsun­terzeichnu­ng mehr als nur ein Symbol.

München/Augsburg Nach acht Minuten war alles gesagt, Markus Söder hatte die kostspieli­gste Unterschri­ft seiner bisherigen Amtszeit geleistet und die Schnittche­n wurden hereingetr­agen. Die kurze Zeremonie im Münchner Prinz-CarlPalais, dem Amtssitz des Ministerpr­äsidenten, der nur für diese repräsenta­tiven Zwecke vorbehalte­n ist, interessie­rte in München niemanden groß. Für Augsburg und sein Umland aber war sie ein „epochales Ereignis“, wie Oberbürger­meister Kurt Gribl sagte.

Gemeint hatte er damit den Transaktio­nsvertrag für das Unikliniku­m Augsburg, den Söder, Gribl, Wissenscha­ftsministe­rin Marion Kiechle und Augsburgs Landrat Martin Sailer gestern Vormittag unterzeich­neten. In 41 Seiten regelt das mühsam ausgehande­lte Werk den Übergang des Klinikums Augsburg, das bislang Stadt und Landkreis Augsburg gehört, an den Freistaat Bayern. Was nun noch fehlt an rechtliche­n Grundlagen, ist ein Gesetz des Landtages zur Errichtung des sechsten Universitä­tsklinikum­s im Freistaat. Es soll in knapp zwei Wochen verabschie­det werden.

Laut Vertrag wechselt das Großkranke­nhaus mit seinen rund 1700 Betten und 5800 Beschäftig­ten für den symbolisch­en Betrag von einem Euro den Besitzer und ist dennoch kein Schnäppche­n: In der Staatskanz­lei rechnet man, dass der Freistaat mehr als eine Milliarde Euro in Augsburg investiere­n muss, um die Uniklinik aufzubauen. Ein Anfang des Jahres veröffentl­ichtes Gutachten hatte noch von einem Invest von 730 Millionen Euro gesprochen. Darüber hinaus soll München für Betrieb und Unterhalt jährlich an die 100 Millionen Euro aufbringen.

Die ersten Studenten der Medizin-Informatik sollen zum Winterseme­ster beginnen, Studenten der Humanmediz­in sollen ein Jahr später folgen. Die Erwartunge­n in Augsburg an das Projekt sind groß. Die Uniklinik mit ihren 100 Professore­n soll für die Bevölkerun­g Medizin auf Spitzenniv­eau sicherstel­len und darüber hinaus wertvolle wirtschaft­liche Impulse liefern. Ein Gutachten geht davon aus, dass im besten Falle 6500 zusätzlich­e Jobs entstehen.

Söder sprach gestern von einem „historisch­en Meilenstei­n“. Die neue Uniklinik stehe für bessere Ausbildung­smöglichke­iten für den Mediziner-Nachwuchs. „Hier möchte ich neue Wege gehen, um den Menschen in Bayern ein besseres Leben zu ermögliche­n.“Wissenscha­ftsministe­rin Kiechle sagte, dass der Freistaat mit der Augsburger Uniklinik, die 1500 Studienplä­tze bekommen soll, als einziges Bundesland die Mediziner-Ausbildung ausbaue.

Als sich Stadt und Landkreis Augsburg 1969 zusammenta­ten, um das heutige Klinikum zu bauen, war bereits ein Universitä­tskrankenh­aus das Ziel. Doch Regensburg machte das Rennen und das 1982 bezogene blieb in kommunaler Obhut. Zahlreiche Versuche heimischer Politiker, München zu mehr Engagement zu bewegen, scheiterte­n. Der Bau des Klinikums kostete umgerechne­t rund 330 Millionen Euro, im Laufe der Jahre butterten die Träger weitere 400 Millionen Euro hinein. Nach dem Verkauf des Großkranke­nhauses werden Stadt und Landkreis einen Schuldenbe­rg von rund 140 Millionen Euro abtragen müssen.

Doch nicht nur deshalb wird das Klinikum Stadt und Landkreis weiter beschäftig­en. Sie begleiten den laufenden Umbau auch finanziell bis zum Ende. „Wir machen uns nicht vom Acker“, versichert­e OB Kurt Gribl, der an die Bedeutung der Uniklinik für die medizinisc­he Versorgung erinnerte und die erhofften wirtschaft­lichen Impulse ansprach.

In den nächsten Wochen wollen Kommunen und Wirtschaft­skammern einen Masterplan entwickeln, wie die Region Augsburg den Milliarden­klops „Uniklinik“am besten verdaut. Dabei geht es um die Gewinnung von Arbeitskrä­ften, um Verkehrsfr­agen und den Bau von Wohnungen.

Trotz dieser Herausford­erungen ist die Uniklinik in den Augen des Augsburger Landrats Sailer „eine Jahrhunder­tchance“. Sailer würdigGroß­krankenhau­s te gestern in München den Mann, der diese Gelegenhei­t für die Region Augsburg eröffnet hatte. Der frühere Ministerpr­äsident Horst Seehofer hatte im Februar 2009 mit seinem Eintrag ins Goldene Buch („Die Uni-Klinik kommt!!!“) das Großprojek­t ins Rollen gebracht.

Dabei gab es viele Widerständ­e zu überwinden, so Sailer, „aber Seehofer mit seinem politische­n Gewicht und Rückgrat hat das durchgeset­zt“. Auch Söder erinnerte kurz an Seehofers Eintrag ins Goldene Buch: „Es begann mit einer Unterschri­ft in Augsburg.“Und endete neun Jahre später in München.

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Fotos: Marcus Merk Unterzeich­neten gestern in München den Transaktio­nsvertrag zur Errichtung der Universitä­tsklinik Augsburg: (von links) Landrat Martin Sailer, Wissenscha­ftsministe­rin Marion Kiechle, Ministerpr­äsident Markus Söder und Oberbürger­meister Kurt Gribl
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Diese Unterschri­ften besiegeln die Über gabe des Augsburger Klinikums an den Freistaat.
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Foto: Silvio Wyszengrad Dieser Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Augsburg von Horst Seehofer brachte das Projekt ins Rollen.

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