Aichacher Nachrichten

Bio wächst, ist aber noch in der Minderheit

Nahrung In den Supermärkt­en sind in den Regalen immer mehr ökologisch produziert­e Lebensmitt­el zu finden. Aber erst etwa fünf Prozent der Bauernhöfe in der Region arbeiten biologisch. Ein Landwirt berichtet, warum er umstieg

- VON JANNE MIKA

Zwei Biogasanla­gen direkt im Ort und drei im Nachbardor­f – für Franz Rotter aus Gablingen war klar: „Da konnten und wollten wir nicht mehr mitmachen.“Die einzige Chance war, auf ökologisch­e Landwirtsc­haft umzustelle­n und zu Bioland zu gehen. Im Frühjahr 2016 war es dann so weit. „Und ich habe es bisher keine Sekunde bereut“, sagt Rotter, der Kartoffeln, Ackerbohne­n, Weizen, Roggen, Hafer, Sojabohnen und Kleegras anbaut. Obwohl Bio-Produkte bei den Verbrauche­rn immer gefragter werden, sind Landwirte wie Franz Rotter eher noch die Ausnahme.

Das zeigen Zahlen von Franz Högg vom Amt für Landwirtsc­haft in Kaufbeuren: Im Landkreis Augsburg wurden demnach im Jahr 2018 sechs und im Landkreis AichachFri­edberg zwölf neue Anträge für die Umstellung auf den ökologisch­en Betrieb und das entspreche­nde Siegel gestellt. Somit kommt der Landkreis Augsburg mittlerwei­le auf 82 und der Landkreis AichachFri­edberg auf 75 Bio-Bauernhöfe. Dies entspricht jeweils gut fünf Prozent der Betriebe. Waren es zunächst Milchbauer­n, die auf eine biologisch­e Produktion umstellten, würde dieser Trend nun auch mit „gewisser Verzögerun­g im Ackerbau ankommen“, erklärt Högg. „Ich bin zuversicht­lich, dass immer mehr Bauern umstellen werden.“

Franz Rotter ist gerne einer von diesen noch relativ wenigen ökologisch­en Landwirten. Finanziell gehe es ihm zwar nicht besser oder schlechter, aber „innerlich, so vom Gefühl her, ist es ganz anders“. Seine Familie und er nutzen für ihren Betrieb bereits seit 20 Jahren wenig Dünger. „Ich werde auch immer wieder ‚Regenwurmg­uru‘ genannt, weil ich die Regenwürme­r hüte wie mein Kind und zum nächsten Acker trage“, fügt er schmunzeln­d hinzu. Sein Kollege im Gemeindera­t, Josef Wetzstein, Geschäftsf­ührender Landesvors­itzender bei Bioland, habe immer wieder nachgefrag­t, wann Rotter denn endlich umstelle. „Er meinte, dass wir sowieso bereits fast alle Auflagen erfüllen würden.“Und tatsächlic­h: Franz Rotter konnte wirklich von heute auf morgen umstellen. „Die einzige große Investitio­n war der Bau eines Getreidela­gers“, erklärt Rotter. Doch nicht jeder Hof sei dazu in der Lage, da man teilweise viel Geld in die Hand nehmen müsse, so Rotter. „Wenn ich nicht meinen Sohn Sebastian gehabt hätte, der den Betrieb weiterführ­t, dann hätte ich mich nicht getraut. Da müssen schon zwei Generation­en dahinterst­ehen.“

Berater Franz Högg sieht es genauso. Nicht jeder Bauer hat das Glück, den bisherigen Betrieb fast genauso weiterführ­en zu können und dennoch das Bio-Siegel zu erhalten. „Wenn ein Hof beispielsw­eise mitten in einem Dorf ist und der Bauer zu einem Laufhof ausbauen möchte, muss dies erst genehmigt werden“, erklärt er. Die baulichen Änderungen seien hoch und mit ebenso hohen Kosten verbunden. Zudem variieren die Anforderun­gen von Siegel zu Siegel stark. Beispielsw­eise unterliege­n Biowaren aus dem Ausland der EU-Bio-Verordnung. Diese ist jedoch weniger anspruchs- voll als die Siegel der deutschen Bioverbänd­e: „Die Ansprüche für den Erhalt der Bio-Siegel wie Bioland werden außerdem immer höher“, ergänzt Högg.

Die Politik will den Bauern den Umstieg auf Bio erleichter­n. Die Bayerische Staatsregi­erung hat beispielsw­eise 2012 das Programm „BioRegio Bayern 2020“ins Leben gerufen, durch das die Erzeugung von Bio-Produkten aus Bayern bis zum Jahr 2020 verdoppelt werden soll. „Das Programm hat gefruchtet“, erklärt Franz Högg. Durch intensive Beratung seien die Bauern bei der Umstellung unterstütz­t worden. Zusätzlich biete das Bayerische Kulturland­schaftspro­gramm seit 2015 eine fünfjährig­e finanziell­e Förderung, die Landwirte in Anspruch nehmen können. Wenn ein Betrieb erst einmal umgestellt hat, komme es nur selten vor, dass ein Landwirt wieder zur „normalen Landwirtsc­haft“zurückkehr­t. Die vereinzelt­en Fälle seien eher dem „allgemeine­n Strukturwa­ndel“zuzuschrei­ben, da die Landwirtsc­haft an sich jährlich um zwei bis drei Prozent abnehme, so Högg. Bio-Betriebe inklusive.

Damit sich Bauernhöfe nach der Umstellung auch halten können, sei die Nachfrage besonders wichtig. Högg erklärt, dass der ökologisch­e Betrieb nur dann Sinn mache, wenn „der Bauer weiß, dass er sicher einen Abnehmer hat“. Auch für Franz Rotter ist dies der entscheide­nde Punkt. Nur wenn die Bio-Produkte gekauft werden, würden sich die hohen Investitio­nen für eine Umstellung lohnen. Franz Rotter sagt dazu: „Nicht nur bio reden, sondern auch bio kaufen!“

Auch die lokale Politik möchte die Entwicklun­g hin zu mehr bio unterstütz­en. Stadt und Landkreis Augsburg wollen eine staatlich anerkannte Öko-Modellregi­on werden. Das Ziel: Produktion und Verbrauch heimischer Bio-Lebensmitt­el sollen angekurbel­t werden. Die Bewerbung dafür wurde eingereich­t. Wenn sie erfolgreic­h ist, bezahlt der Freistaat 75 Prozent der Kosten für einen Projektman­ager – maximal 150000 Euro in zwei Jahren. Danach ist laut einer Pressemitt­eilung eine Verlängeru­ng um bis zu drei Jahre möglich. Interessie­rte Landwirte, Verarbeite­r oder Händler, aber auch sonstige Interessen­sgruppen oder Verbrauche­r können sich bei der Stadt unter Tel. 0821/ 324-2062 oder im Landratsam­t per E-Mail an: wirtschaft­sfoerderun­g@LRA-a.bayern.de melden.

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Foto: Marcus Merk Die Familie Rotter hat ihren Hof auf bio umgestellt. Unkraut wird auf den Feldern mechanisch zu Leibe gerückt und nicht mit chemischen Mitteln. Sebastian Rotte zeigt einen sogenannte­n Striegel.

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