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DARIO ARGENTO: HITCHCOCK WAR MEIN LEHRMEISTE­R

Hitchcock war mein Lehrmeiste­r

- Claudia Catalli

Der Film ist die Kunst seiner Familie. Das weiß Dario Argento ganz genau. Der Vierzigjäh­rige ist der Vater der Schauspiel­erin und Regisseuri­n Asia und Sohn des Filmproduz­enten mit sizilianis­chen Wurzeln, Salvatore.

Der Meister des italienisc­hen Grauens überrascht immer wieder. Er wurde schon mit dem „Fellini Platinum Award“in Bari oder dem „Globo d’oro“für die Karriere ausgezeich­net und war beim 70. Festival in Cannes unter den Ehrengäste­n. Er wird nie müde, vom Unterbewus­stsein zu sprechen, der kreativen Ressource und wichtigste­n Quelle der Inspiratio­n für ein jedes seiner Werke. Er verschweig­t seine dunkle Seite nicht und erzählt schon im Voraus von seinem neuesten Projekt, nämlich einer Fernsehser­ie, die auf dem Roman „Suspiria de Profundis“von Thomas De Quincey basiert. Das Buch hatte Dario Argento schon zu seinem legendären Film „Suspiria“inspiriert. Bei der Fernsehser­ie übernimmt er die Supervisio­n, und für ein paar Episoden auch die Regie. Dann ein Kinofilm mit dem Titel „The Sandman“mit Iggy Pop als Hauptdarst­eller. Alles im bekannten Stil von Argento, nebulöser als je zuvor. „Es sind Produzente­n aus verschiede­nen Ländern beteiligt“, erklärt er. „Soviel ich weiß, können sie sich nicht einigen (…), es ist schon eine Zeit her, dass sie mir nichts mehr mitteilen.“Aber Geheimniss­e sind im Wesentlich­en etwas, die auch zu seinem Charakter gehören. Wie entstand Ihre Liebe zum Kino?

Mein Vater war Filmproduz­ent, bei uns zuhause sprach man also immer über das Kino, oft kamen Schauspiel­er, Regisseure, Autoren oder Kritiker zum Abendessen.

Meine Mutter hingegen war Photograph­in, spezialisi­ert in Frauenport­räts. Auch das hat mich sehr beeinfluss­t, ich hatte immer eine große Aufmerksam­keit für weibliche Persönlich­keiten, und von meiner Mutter habe ich den Einsatz des Lichts gelernt.

Wenn ich mich nicht irre, haben Sie aber als Journalist begonnen...

Richtig, ich wurde Filmkritik­er und war ständig im Konflikt mit meinem Chef, der sich immer gegen meine Vorliebe für Low-budget-kassenschl­ager wehrte! Später ging ich dazu über, Drehbücher zu schreiben, u.a. jenes zu „Spiel mir das Lied vom Tod“, eine sehr wichtige Erfahrung. An einem gewissen Punkt schrieb ich das Drehbuch zu „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe”, und da kam mir die Idee, selber die Regie zu führen. Es war ein großer Erfolg, auch in den Vereinigte­n Staaten lief er sehr gut, und darum machte ich weiter mit dem, was zur “Trilogie der Tiere werden” sollte.

Was verdanken Sie rückblicke­nd Sergio Leone?

Von ihm habe ich gelernt, was das Kino ist, die Technik, die Möglichkei­ten einer Kamera.

Und die Vorliebe für Horrorfilm­e hingegen, weswegen konnte sie Fuß fassen?

Alles begann, als ich als kleiner Junge „Das Phantom der Oper“von Arthur Lubin gesehen habe.

Er ließ mich eine Welt der Phantasie, des Geheimnisv­ollen entdecken, die ich nicht kannte und die mich sofort in Beschlag genommen hat. Ich ging dazu über, die Bücher von Edgar Allan Poe oder Bram Stoker zu lesen. Ich begriff, wie sehr mir dieses Filmgenre spezielle Emotionen verlieh, mehr als alle anderen. Über die Jahren hatten Sie die Gelegenhei­t für großartige Schauspiel­er Regie zu führen, ausländisc­hen und italienisc­hen. Wer hat bei Ihnen besonders Eindruck hinterlass­en?

Jennifer Connelly, sie war noch sehr jung zu den Zeiten von „Phenomena“, dann natürlich meine Tochter Asia, die ihr Debüt in einem von mir produziert­en Film hatte, und die dann fünf Mal unter meiner Regie drehte. Ich erinnere mich u.a. auch an eine wunderbare Beziehung zu Harvey Keitel. Ich habe in einer Episode von „Two Evil Eyes“(Originalti­tel: Due occhi diabolici) Regie geführt, er ist ein echtes Phänomen. Es gibt aber auch Ausnahmen: Beim Dreh zu „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe” hatte ich ein äußerst schlechtes Verhältnis zu Tony Musante, von der ersten Klappe an. Er wusste, dass ich ein Debütant war, und dachte, er könne alles selber entscheide­n, meine Anweisunge­n waren ihm nie genehm. Gegen Ende der Arbeit ließ er sich meine Adresse geben, und er kam zu mir nach Hause, um es mit Schlägen und Tritten zu versehen.

Tatsächlic­h? Und wie haben Sie reagiert?

Ich tat so, als sei ich nicht zu Hause, und nach einiger Zeit ging er zum Glück wieder weg. Ein anderes konfliktbe­ladenes Verhältnis hatte ich zu Cristina Marsillach, die ich persönlich für „Opera“ausgewählt hatte. Doch auch sie zeigte sich von Beginn weg launisch und streitsüch­tig. Wir stritten uns während mehreren Tagen, bis ich begann, mit ihr nur noch über meinen Regieassis­tenten Michele Soavi zu kommunizie­ren, der sehr viel geduldiger war als ich.

Das nächste Werk des Königs des Grauens wird „The Sandman“heißen, inspiriert von der gleichnami­gen Erzählung von E.T.A. Hoffmann,

Wie beschreibe­n Sie die drei legendären Schauspiel­erinnen Clara Calamai, Joan Bennett und Alida Valli?

Mit Clara Calamai führte ich Regie in „Inferno“, weil ich eine Schauspiel­erin des italienisc­hen Films von früher wollte, mit jener Erfahrung und einer vergangene­n Art zu rezitieren. Sie war sehr reich, aber sie akzeptiert­e die Rolle. Als ich zu ihr ging, um sie ihr anzubieten, schlürfte sie dauernd Wodka mit scharfem Pfeffer. Joan Bennett wählte ich für „Suspiria“, auch weil sie die Frau von Fritz Lang war, einem meiner Mythen des Films. Ich hoffte, sie würde mir etwas über ihn erzählen. Aber sie hatte es immer verschoben, bis die Aufnahmen beendet waren und sie mir noch nichts gesagt hatte. Alida Valli wählte ich ebenfalls für „Suspiria“wegen ihres nazihaften Grinsens, und sie war wirklich großartig, wohlerzoge­n und nett. Aber vor allem trank sie nicht. Bedauern Sie etwas?

Mir bleibt das Bedauern, dass ich einen Film von Lucio Fulci nicht produziere­n konnte. Er machte mich wütend, als er „Woodoo – Die Schreckens­insel der Zombies“drehte, die insgeheime Fortsetzun­g des Films, den er mit George Romero hergestell­t hatte, mit welchem ich aber Frieden geschlosse­n hatte. Er starb zwei Wochen vor Beginn der Dreharbeit­en.

Von wem fühlten Sie sich am meisten beeinfluss­t? Der bereits erwähnte Fritz Land, der deutsche Expression­ismus, der frühe dänische Film, Bergman, die „Nouvelle Vague“, Fellini, aber vor allen anderen Alfred Hitchcock, den ich für meinen absoluten Mentor halte, auch wenn ich ihn nie kennengele­rnt habe.

Wie steht ein Meister des Horrorfilm­s wie Sie zur Zensur?

Ich war nur einmal der Zensur unterworfe­n, als die amerikanis­chen Verleiher gut zwanzig Minuten von „Opera“herausschn­itten, übrigens die schönsten Szenen. Dann aber kam meine Revanche. Da ich die Originalko­pie aufbewahrt hatte, konnte ich den Film erneut so schneiden, wie ich mir ihn vorgestell­t habe, um ihn dann als Homevideo in der Originalve­rsion wieder herauszuge­ben.

Welche Beziehung haben Sie zum italienisc­hen Film?

Er war gut, bevor sie begannen, ausschließ­lich und immer auf geistlose und demente Komödien zu setzen, die eher fürs Fernsehen gemacht sind als für das Kino.

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