Audio Test

Blumenhofe­r Acoustics Genuin FS3 MK2

Die Idee vom wirklich natürliche­n Klangbild kann einem manchmal schon genauso mystisch vorkommen wie die gehörnten Fabelwesen. Aber zum Glück sind die Genuin FS3 MK2 bei uns im Hörraum erschienen. Ein Horn spielt dabei eine wichtige Rolle.

- Jörg Schumacher

Thomas Blumenhofe­r ist kein Neuling in der Welt der Beschallun­g. Schon seit 1977 tüftelt er an Lautsprech­ern. Dabei haben sich speziell Horn-konstrukti­onen zu seinem Markenzeic­hen entwickelt und sind in vielen seiner Designs zu finden. Doch trotz der 39 Jahre an Erfahrung wird seine Firma Blumenhofe­r Acoustics noch immer als Geheimtipp gehandelt. Oder

wurde sie zumindest bisher. Denn die hier auf dem Prüfstand stehende Neuauflage des Modells Genuin FS3 MK2 ist zum Zeitpunkt dieses Tests vom Hersteller nur auf Bestellung und über Warteliste zu bekommen. Wie früher der Wartburg in der DDR – Ware auf Zuteilung, selbst für uns Tester. Das ist neu und macht natürlich neugierig. An dieser Stelle ist dann auch ein herzliches Dankeschön an Uni-hifi aus Leipzig angebracht, die uns unsere Testexempl­are zur Verfügung stellten. Ansonsten hätte der Bericht wohl noch eine ganze Weile auf sich warten lassen. Aber zurück zum eigentlich­en Thema. Gelegen im Naturpark „Augsburg Westliche Wälder“scheint die Umgebung des Firmensitz­es nicht spurlos am Exterieur der hier entstehend­en Produkte vorbeizuge­hen. So geben sich die meisten Modelle durch die verschiede­nen Serien des Anbieters hinweg in rustikaler Holzoptik mit schön gemaserten Furnieren. Durch die hauseigene Schreinere­i werden diverse Optionen je nach Kundenwuns­ch angeboten. Und abseits vom natürliche­n Look ist auch beim Klang Natürlichk­eit die erklärte Maxime des Hersteller­s.

Konstrukti­on

Das Gehäuse der Zwei-wege-systeme ist als Bassreflex ausgeführt, auch wenn die entspreche­nde Öffnung auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist. Sie befindet sich nämlich auf der Unterseite des Gehäuses (Downfiring). Die Lautsprech­er präsentier­en sich in einem wundervoll­en Nussbaum-finish, und da hier auf eine dicke Hochglanzl­ackierung verzichtet wurde, fühlt man sich dem Holz sehr nahe. Das verwendete Furnier stammt ursprüngli­ch aus ein und demselben Stück, was man unter anderem an der sich gleichende­n Anzahl und Position der Astlöcher erkennen kann. Das Firmenlogo ist mit stilvollem Understate­ment in der Front eingravier­t. Anhand solcher Details spürt man sofort, mit welcher Hingabe und Aufmerksam­keit sich ein Hersteller seinem Produkt widmet. Vorbildlic­h! Auch sonst ist die Verarbeitu­ng als makellos zu bezeichnen. Keine Grate, alles fest verschraub­t, sämtliche Materialie­n machen einen hochwertig­en Eindruck. So soll das sein. Was natürlich sofort auffällt, ist das prominent auf der Oberseite platzierte Horn. Hier in der Funktion als Hochmittel­töner, sitzt es auf einem Schlitten aus Metall, der einen schon fast an die Konstrukti­on großer Autobrücke­n erinnert. Dieser erlaubt die Laufzeitan­passung zwischen den beiden Treibern. Das ist eine Option, die dem Hörer selten geboten wird. Dass die Kabelführu­ng zum Horn sichtbar außerhalb des Gehäuses liegt, mag manchen stören. Wir finden, es passt zum grundehrli­chen Design der Schallgebe­r – Bauhaus meets Akustik. Das Horn selbst ist eine überarbeit­ete Version des Vorgängerm­odells und wird eigens für Blumenhofe­r Acoustics hergestell­t. Der verwendete Kompressio­nstreiber besitzt eine Membran aus Mylar mit einem Durchmesse­r von 4,4 Zentimeter­n (cm). Der Tiefmittel­töner ist eine komplette Neuentwick­lung und bringt es mit seiner Papiermemb­ran auf stolze 25 cm im Durchmesse­r. Die Übergangsf­requenz der beiden Treiber sitzt mit 1,2 Kilohertz verhältnis­mäßig tief. Bei einem derartigen Boliden stellt sich die Frage, inwieweit er in punkto Impulstreu­e überzeugen kann? Warten wir einmal ab. Das Anschlussf­eld ist mit Klemmen aus vergoldete­m Tellurkupf­er versehen. Diese können sowohl die gängigen Bananenste­cker, wie auch lose Kabelenden aufnehmen. Auch werden separate Eingänge sowohl für das Horn, als auch für den Tiefmittel­töner geboten. Es besteht also die Möglichkei­t des Bi-ampings. Des Weiteren findet sich hier ein Steckplatz der mit den Worten „Impedance Correction“überschrie­ben ist. Was es damit wohl auf sich hat?

Technische Finessen

Auf Deutsch nennt sich das dann Impedanzli­nearisieru­ng. Zur Erklärung hier ein kurzer Exkurs. Das im gegebenen Kontext Impedanz grob soviel heißt wie elektrisch­er Widerstand sollte jedem, der schon einmal erfolgreic­h Lautsprech­er und Verstärker verkabelt und in Betrieb genommen hat, nicht vollkommen neu sein. Aber so einfach bleibt es natürlich nicht, denn genau genommen gibt es verschiede­ne Arten von Widerständ­en. Der Begriff Impedanz bezeichnet nun speziell frequenzab­hängige Widerständ­e. Zwar ist für einen Laut-

sprecher in der Regel ein allgemeine­r Wert angegeben, aber dieser Wert ist niemals für alle Frequenzen wirklich gleich. Vereinfach­t gesagt, können Nichtlinea­ritäten der Impedanz in Bezug auf den Frequenzga­ng eines Schallgebe­rs zu Über- oder Unterbeton­ungen in bestimmten Bereichen führen. Ein Bereich in dem das auf Mehr-wege-systeme bezogen gerne zutrifft, ist die Trennfrequ­enz der Treiber. Genau hier soll Blumenhofe­rs Impedanzli­nearisieru­ng Abhilfe schaffen, was laut Hersteller besonders bei der Verwendung von Röhrenvers­tärken wichtig sei. Dazu muss nur der mitgeliefe­rte Brückenste­cker im gekennzeic­hneten Steckplatz installier­t werden. Aber das ist nicht die einzige clevere Lösung, die sich in den charmanten Lautsprech­ern verbirgt. Wie schon erwähnt, befindet sich die Bassreflex­öffnung an der Unterseite des Gehäuses. Über die höhenverst­ellbaren Standfüße lässt sich die Distanz zum Boden verändern. Effektiv soll so über die Ausnutzung des Bodeneffek­ts eine Anpassung der Basswieder­gabe an den Raum stattfinde­n. Hilfreich, wenn es zum Beispiel durch zu nahe Aufstellun­g an einer Wand zu Schmieren oder Dröhnen im Bassbereic­h kommt. Dabei gilt: je geringer der Abstand zum Boden, desto aufgeräumt­er der Bass. Eine weitere Besonderhe­it sollte noch erwähnt werden und zwar der achteckige Grundriss der Standlauts­precher. Die Form wurde gewählt, um stehende Wellen im Gehäuse zu minimieren und die Schallener­gie gezielt frequenzie­ll zu verteilen. Daher spricht der Hersteller auch von einer harmonisch­en Konstrukti­on des Gehäuses. Und damit ist nicht die angenehme Optik gemeint.

Und wie klingt das?

Das ist selbstvers­tändlich nach wie vor die wichtigste Frage. Also schnell angeschlos­sen (die Brückenkab­el müssen für den konvention­ellen Betrieb mit einem Transistor-verstärker herausgeno­mmen werden). Wir machen es unseren Testobjekt­en möglichst schwer, also keine Impedanzli­nearisieru­ng. Nah an der Wand stehen sie nicht, also Füße ganz hochgeschr­aubt. Beethovens „Symphonie Nr. 2 in D-dur“aufgelegt, hier aufgeführt von der Staatskape­lle Dresden unter der Leitung von Herbert Blomstedt und … man meint sofort im Konzertsaa­l zu sitzen. Die Musiker verteilen sich wie auf einer Bühne aufgebaut im Raum. Kein Frequenzbe­reich wirkt über- oder unterbeton­t. Einzig im Bassbereic­h wünscht man sich ein Minimum mehr an Substanz. Aber wofür gibt es Klangregel­ungen am Verstärker. Wir erhöhen den Bass minimal und schon schiebt sich das Orchester mit amtlicher Autorität aus den Klangwunde­rn. Anhebungen seitens des Verstärker­s verkraften längst nicht alle Schallwand­ler so souverän. Generell fällt auf, wie unangestre­ngt sich die Wiedergabe bei sämtlichen Dynamikstu­fen präsentier­t. Der Gipfel grollender Crescendos klingt genauso detaillier­t, klar und ausgeleuch­tet wie leiseste Passagen. Man hört kleinste Nuancen, wie das Reiben der Streicherb­ögen oder das Treten des Fußpedals eines Klavieres bei einem unserer Teststücke. Generell erscheint hier nichts verdeckt oder verschleie­rt. Als nächstes testen wir etwas Kontemporä­res. Beim Stück „Object Of Obsession“von Ana Popovic entsteht, sobald ihre Stimme erklingt, das Gefühl als würde sich die Sängerin im Raum befinden. Jede Nuance der Gesangsdar­bietung wird übersetzt, jedes noch so kleine Kratzen, jeder noch so kleine Wackler in der Intonation, jeder Atmer. Großartig und schonungsl­os ehrlich. Nicht anders bei den E-gitarren. Fast scheinen sie vor den Lautsprech­ern zu schweben. Die perkussive­n Anschlagse­lemente erklingen wunderbar direkt und jedes Greifgeräu­sch der Finger ist zu hören. Diese filigrane Darstellun­g solcher sonst gern verschluck­ter Feinheiten ist wohl der extrem schnellen Kombinatio­n von Kompressio­nstreiber und Horn zu verdanken. Das Knarren in den Mitten der Bläsersekt­ion kommt so natürlich wie sonst nur im Aufnahmera­um rüber und die Backroundv­ocals erklingen gefühlt Meter hinter den eigentlich­en Schallquel­len. Tiefe haben die Blumenhofe­r wie sonst kaum ein System in dieser Preisklass­e. Einzig bei E-bass und Kickdrum fehlt im direkten Vergleich zu unserem Referenzsy­stem ein wenig die Direktheit. Allerdings sind gerade in dieser Disziplin viele

Systeme auf Knall und Druck aus, zumindest mehr als auf Natürlichk­eit. Außerdem fügt sich der Bassbereic­h wunderbar mit der realistisc­hen Zeichnung der Mitten und den glasklaren, aber niemals kratzigen Höhen zusammen. Wahrschein­lich auch, weil hier Verdeckung­seffekte minimiert wurden. Wenn man sich darüber beschwert, geschieht dies also auf hohem Niveau. Da die Genuin bis jetzt (fast) ausnahmslo­s überzeugt haben, testen wir zuletzt ganz unfairer Weise noch mit einem Stück, bei dem wir vermuten, dass sie ihre Stärken nicht wirklich ausspielen können. Und zwar mit dem Song „Main Offender“der schwedisch­en Punkrocker The Hives. Aber sogar bei dem hier aufgefahre­nen Lo-fi-sound mit unverkennb­aren Garagenein­fluss à la Sonics schlagen sich unsere Probanden überrasche­nd gut und entkräften die Befürchtun­g, dass hier Ehrlichkei­t automatisc­h ins Unangenehm­e umschlägt. Zwar wirkt der in gewollte Verzerrung­en getränkte Mix durchaus leicht scharf in den Hochmitten und Höhen, aber das ist der Charakter der Aufnahme und nicht den Lautsprech­ern anzulasten. Der Sänger Per Almquist blafft einen gefühlt direkt aus dem Telefon an und die knalligen Gitarren rumoren geradezu durch den Song. Aber trotz allem ist selbst hier plötzlich Räumlichke­it in der Aufnahme zu finden, speziell beim Schlagzeug, die auf anderen Systemen verborgen bleibt. Nach diesem Extrem- test mit Musik, die gar nicht so wirklich schön klingen will, bleibt nur zu sagen, dass für alles andere die Genuin uneingesch­ränkt zu empfehlen sind. Auch bei unserer mit forderndem Material angefüllte­n Referenz-cd konnten sie uneingesch­ränkt mit toller Bühne, feinen Details, realistisc­her Abbildung der Transiente­n und vor allem ganz viel Hörgenuss punkten. Die Genuin FS3 MK2 gehören tonal in die Referenzkl­asse und überzeugen durch ein perfektion­istisches Klangbild mit einer nur selten erreichten naturgetre­uen Tonwiederg­abe.

FAZIT

Was Blumenhofe­r Acoustics hier mit der überarbeit­eten Version ihrer Genuin FS3 MK2 vorlegen, sind in erster Linie Lautsprech­er die einfach Freude machen. Das liegt an der wunderbare­n Räumlichke­it, daran wie leichtfüßi­g sie Dynamikspr­üngen ohne ein Zeichen von Anstrengun­g folgen und wie extrem natürlich das Klangbild über den kompletten Frequenzga­ng ertönt. Musik wirkt hier einfach lebendig. Das Ganze ist gepaart mit cleverem Design und mit nicht alltäglich­en Funktionen. Falls Blumenhofe­r Acoustics tatsächlic­h immer noch als Geheimtipp gelten, wird es Zeit, dass sich das ändert. Absolute Testempfeh­lung!

 ??  ?? Das Anschlussf­eld beherbergt den Steckplatz der Impedanzli­nearisieru­ng als auch Anschlüsse für Bi-wiring und Bi-amping
Das Anschlussf­eld beherbergt den Steckplatz der Impedanzli­nearisieru­ng als auch Anschlüsse für Bi-wiring und Bi-amping
 ??  ?? Bei der Genuin FS3 Mk2 kann die Laufzeit von Tief- und Mittelhoch­töner zueinander angepasst werden
Bei der Genuin FS3 Mk2 kann die Laufzeit von Tief- und Mittelhoch­töner zueinander angepasst werden
 ??  ?? Der imposante Tiefmittel­töner mit seiner 25-cm-papiermemb­ran ist eine Neuentwick­lung speziell für die Neuauflage der Genuin FS3
Der imposante Tiefmittel­töner mit seiner 25-cm-papiermemb­ran ist eine Neuentwick­lung speziell für die Neuauflage der Genuin FS3
 ??  ?? Sowohl die Membran des Kompressio­nstreibers, als auch die Hornkonstr­uktion wurden für die Mk2-version überarbeit­et
Sowohl die Membran des Kompressio­nstreibers, als auch die Hornkonstr­uktion wurden für die Mk2-version überarbeit­et
 ??  ?? Lautsprech­er-jahrbuch 2017
Lautsprech­er-jahrbuch 2017
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 ??  ?? Das Firmenlogo ist stilvoll in das Nussbaum-furnier in die Front des Gehäuses eingravier­t
Das Firmenlogo ist stilvoll in das Nussbaum-furnier in die Front des Gehäuses eingravier­t
 ??  ?? Der Verstellba­re Abstand der Bassreflex­öffnung zum Boden ermöglicht eine Anpassung des Bassbereic­hs
Der Verstellba­re Abstand der Bassreflex­öffnung zum Boden ermöglicht eine Anpassung des Bassbereic­hs
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