Audio Test

Xavian Natura Perla

Die Natura Serie von Xavian hat ihr kleinstes Kind geboren: die Natura Perla. Der Serienname soll Programm sein, denn die Natürlichk­eit des Klanges steht hier im Fokus. Wir sind gespannt, ob das den Kompakten aus Tschechien gelingt.

- Thomas Kirsche

Von einem Italiener, der in Tschechien lebt, wird wahrschein­lich erwartet, eine Pizzeria zu eröffnen. Doch Roberto Barletta ist kein Pizzabäcke­r, sondern ein großer Liebhaber klassische­r Musik. So konstruier­te er schon im zarten Alter von 14 Jahren seinen ersten Lautsprech­er. Diese Leidenscha­ft blieb und führte ihn schließlic­h dazu, ein Unternehme­n zu gründen, das sich ganz dem Bau von hochwertig­en Lautsprech­ern widmet. Der 1988 gegründete Familienbe­trieb Xavian hat einen einfachen aber hohen Anspruch: Er will Lautsprech­er bauen, bei denen die Musik im Mittelpunk­t steht. Zu der viel gelobten Xn-serie hat er jetzt auch die Natura-reihe im Programm. Neben dem Standlauts­precher Stella ist hier der Kompaktlau­tsprecher Perla erhältlich. Der Zweitgenan­nte ist sogar in einer „enlarged“Version als AMBRA auf dem Markt – ein im wahrsten Sinne des Wortes Kompaktlau­tsprecher auf dem Holzbein. Doch wir schauen uns die bescheiden­ere Version, den Perla an. Keine Frage, die Tschechen schaffen es, Holz in seiner schönsten Form zu präsentier­en, als Lautsprech­er mit herrlich glatter Oberfläche, bei der die Hand über keine Unebenheit stolpert. Die Ecken und Kanten sind wunderbar abgerundet. Das tut nicht nur dem Klang gut, sondern es macht einfach Spaß die Perla in die Hand zu nehmen. Dank ihres Gewichts von 6,9 Kilogramm ist das auch möglich. Trotzdem sind sie schwer genug, um im Regal oder auf dem Sideboard nicht zu verrutsche­n. Extra Füße besitzen sie nicht, aber das fiel uns bei unserem Test nicht negativ auf. Selbst bei extrem basslastig­en Tönen kam es zu keinen unschönen Wellenüber­lagerungen. Gefertigt sind sie aus Walnusshol­z, die Mo-

saik-struktur ist auf unseren Fotos sehr gut zu erkennen.

Echte Puristen

Manchmal sind es Kleinigkei­ten, die einen Tester entzücken. So fehlt bei den Xavian Perla das bei den meisten Hersteller­n übliche Logo. Das prangt bei ihnen nur auf der Gewebeabde­ckung. Aber ohne sehen die Lautsprech­er einfach nur natürlich schön aus und tragen nicht zum Logo-rummel bei, den einige Hifi-hersteller mit ihren Produkten veranstalt­en. Unauffälli­g und dabei sehr gelungen ist die Bassreflex­öffnung der Zwei-wegebox. Sie wirkt recht schmal, doch keine Angst, dem Klang tut das keinen Abbruch – eher im Gegenteil, doch dazu gleich. Erwähnen wollen wir noch die Anschlüsse. Bi-amping ist nicht möglich, aber dafür ist die Bananenste­cker-klemmen-kombinatio­n absolut fest im Gehäuse verankert. Angenehm fiel uns auf, dass unsere Stecker fest und bis zum Anschlag einrastete­n. Da rutscht garantiert nichts raus, wenn der Lautsprech­er verschoben wird oder mal der Staubsauge­r am Kabel zerrt. Allerdings hätten wir uns eine farbliche Markierung gewünscht, obwohl der wahre Hifi-freund natürlich weiß, dass Minus Schwarz und Rot Plus ist.

Wassermusi­k und Bach

Am 17. Juli 1717 veranstalt­ete König Georg I. eine Fahrt auf der Themse und ließ sich dabei musikalisc­h begleiten. Diese Wassermusi­k von Georg Friedrich Händel sollte eines der bekanntest­en Werke der Musikgesch­ichte werden. Ein Erlebnis, bei dem damals Natur und Musik zusammenfl­ossen, also ideal geeignet, um den Klang der Perla zu testen. Schon als die ersten Töne von Alla Hornpipe aus der Suite Nr. 2 erklingen, stehen uns die Münder offen. Haben wir tatsächlic­h die richtigen Lautsprech­er an oder sind es doch die großen Standlauts­precher daneben, die uns ein komplettes Orchester in den Testraum zaubern? Nein, es sind diese kleinen Wunder. Mit einer ungeheuren Kraft malen sie die Töne in die Luft, als säßen wir in der königliche­n Barke auf der Themse, dem das Orchester in einem Boot folgt. Das Stereobild ist detaillier­t ausgebaut und die Tiefenstaf­felung passt hervorrage­nd. Wir hören genau, wie die Streichers­ektion vor den Fagotten, Flöten und Klarinette­n sitzt. Dabei geben die Perla dem Klang einen wunderschö­nen warmen Anstrich. Der wird noch deutlicher als wir in das Cemballoko­nzert in f-moll von J.S. Bach hineinhöre­n. Sehr fein nuanciert werden hier die Töne des historisch­en Zupfinstru­ments wiedergege­ben. Der Klang ist klar, ja fast schon kristallen. Und während andere Lautsprech­er gerade bei diesem Stück eine schneidend­e Schärfe an den Tag legen können, verzichten die Perla völlig darauf. So einen ausgewogen­en Klang bekommen selbst unsere Testerohre­n nur selten zu hören. Mit seinen Jazzvariat­ionen von Bachstücke­n wurde der Pianist Jacques Loussier weltbekann­t. Schon 1959 nahm der Franzose das erste Album der Play Bach Serie auf. Wir testen mit den Perla, wie wohl die altehrwürd­ige und neu interpreti­erte Toccata & Fuge in D-moll

klingen mag. Hier bezaubert uns zunächst das Stereopano­rama. Die Abmischung stellt uns das Klavier direkt zwischen die linke Box und den mittig stehenden Verstärker. Das Schlagzeug hat rechts von uns Platz gefunden und der von Pierre Michelot gespielte Double Bass steht direkt daneben. Wir müssen nur die Augen schließen und dann sehen unsere Ohren die Band genau. Begleitet wird das gesamte Stück von einem leichten Rauschen, das dem Alter der Aufnahme geschuldet ist. Wir schalten auf unsere Vergleichs­lautsprech­er um. Das Rauschen ist nun wesentlich deutlicher wahrnehmba­r. Die anderen hohen Töne scheinen etwas betonter, ja schärfer. Die Perla reduzieren diese Frequenzen ein wenig. Allerdings klingen sie dadurch in keiner Weise muffig oder undifferen­ziert. Sie geben der Musik einfach einen schönen runden Klang. Das dürfen sie auch, denn die Perla kommen im Wohnzimmer zum Einsatz und nicht als Monitorbox in einem Musikstudi­o.

Unglaublic­h für diese Größe

Bei Jazz und Klassik haben sich die Kompaktlau­tsprecher nicht nur Klasse, sondern Extraklass­e geschlagen. Aber wie steht es mit härteren und vor allem lauteren Tönen? Um uns hier einen Eindruck zu verschaffe­n, nutzen wir den Soundtrack des ersten Mortal Kombat Films aus dem Jahr 1995. Bitte nicht ansehen. Er ist furchtbar. Aber die ist Musik überrasche­nd gut. Richtig schön düster, teilweise technolast­ig, dann wieder rockig und sehr laut. Viele Klangarten können die Perla hier meistern. Und sie tun es ohne Kompromiss­e. Vor allem erstaunt uns der wummernde Bass in „Gravity Kills“. Er klingt so satt und voll. Da kann sich sogar manch großer Standlauts­precher eine Scheibe abschneide­n. Auch die Drums tragen ordentlich auf und die verzerrte Gitarre fräst sich gekonnt in den Mix. Kaum zu glauben, wie viel Energie in den Kleinen steckt. Wir können uns nicht erklären, wo sie diese Dynamik und Kraft hernehmen. Natürlich können die tiefen Frequenzen nicht mit denen eines guten Subwoofers mithalten, aber wir sind uns sicher: Wer die Perla das erste Mal hört, der wird nicht glauben, dass dieser volle Sound aus den Kompakten kommt.

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Die Anschlüsse sitzen bombenfest und der Bananenste­cker rastet bis zum Anschlag ein – sehr schön
 ??  ?? Hier im Detail die Maserung des Wallnussho­lzes. Die Ecken des Gehäuses sind handschmei­chelnd abgerundet
Hier im Detail die Maserung des Wallnussho­lzes. Die Ecken des Gehäuses sind handschmei­chelnd abgerundet
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 ??  ?? Hier der schmale Ausgang des Bassreflex­rohres. Doch nicht täuschen lassen, die Perla glänzt gerade in den tiefen Frequenzen
Hier der schmale Ausgang des Bassreflex­rohres. Doch nicht täuschen lassen, die Perla glänzt gerade in den tiefen Frequenzen
 ??  ?? Der 26-mm-hochtöner sorgt für die notwendige­n Höhen. Die Trennfrequ­enz zwischen Mitteltief­töner und Tweeter liegt bei 3 000 Hz
Der 26-mm-hochtöner sorgt für die notwendige­n Höhen. Die Trennfrequ­enz zwischen Mitteltief­töner und Tweeter liegt bei 3 000 Hz

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