SUPER DRAUF
Fünf der sechs vorgestellten SACDs sind Hybride, das heißt, es gibt auch eine CD-Spur. Ausnahme ist „Liege & Lief“der englischen FolkrockFormation Fairport Convention. Für diese Superscheibe aus dem Jahr 1969 beschränkte sich Universal Japan auf die SACD-Stereo-Schicht, presste die aber auf „Super High Material“SHM. Der DSD-Transfer der alten Analogbänder stammt vom 2010er- Remaster, der den ersten CD-Transfer von 1991 richtig alt aussehen ließ. Die Japaner retteten die enorme Dynamik, weshalb die Scheibe sehr leise wirkt. Transparenz und Klangfarbenreichtum begeistern wie nie. Zu dem Sextett waren gerade Geiger Dave Swarbrick und Drummer Dave Mattacks neu gestoßen, ein schwerer Autounfall hatte den alten Drummer Martin Lamble und die Freundin von Gitarrist Richard Thompson aus dem Leben gerissen. Dass die Band sich noch einmal zu einem solchen Höhenflug aufraffte, grenzt an ein Wunder. „Farewell Farewell“zählt zu den traurig- schönsten Songs, die der Folkrock je hervorbrachte. Sängerin Sandy Denny steht mit ihrem Engelsorgan im Mittelpunkt, doch das lange Instrumental- Medley zeigt die Klasse aller Beteiligten. Ein Jahrzehnt- Al- bum, in dessen japanischem Booklet (mit allen Texten auch in Englisch) sich die Herausgeber einen kleinen Fauxpas leisten: Sie listen die – hier gar nicht vorhandenen – Bonustracks der 2010erAusgabe in den Credits auf. Selten vermisst der Autor Bonustracks bei digitalen Neuausgaben, doch bei Joe Cockers Zweitling „Joe Cocker!“hätten die Non- Album- B- Seiten „She’s So Good To Me“und „Let It Be“gerne noch mit zu den 36 Minuten Spielzeit draufgedurft. Was soll’s, auch so zeigt das Nach-Woodstock- Opus den Klempner aus Sheffield wieder als grandiosen Interpreten fremder Songs wie „She Came In Through The Bathroom Window“, „Something“(Beatles) oder „Delta Lady“(Leon Russell). Beste Nummer aber ist das grandiose, soulful treibende „Hitchcock Railway“(Dunn, McCashen), meilenweit erhaben über den späteren Heiser-Schnulzen-Sänger. Weit in den Pop- Bereich wagte sich 1987 die Grande Dame des amerikanischen Folk Joan Baez. Auf „Recently“wählte sie unter anderem Mark Knopflers melancholisches „Brothers In Arms“, Johnny Cleggs afrikanische Weise „Asimbonanga“und Peter Gabriels „Biko“zur Veredelung mit ihrem ein- dringlichen Mezzosopran. Wunderbar gelang auch das Eigengewächs „James & The Gang“. Produzent Alan Abrahams sülzte freilich etwas zu viel Streicher hinein. Die live mitgeschnittene Bürgerrechtshymne „Let Us Break Bread Together/ Freedom“zeigt gut 9 Minuten lang eindringlich, dass die Baez auch im Gospelterrain mit Chor im Rücken glaubwürdig bleibt. Das Album gewinnt in der Überspielung auf SACD an Intensität. Das gilt auch für eine fast vergessene Perle aus dem Singer/SongwriterinnenMeer. Analogue Productions hat „Breaking Silence“von Janis Ian herausgefischt und für SACD auf herrlich durchsichtigen, klaren Klang poliert. Optische Klarheit verleiht die beiliegende 3- D- Brille der Neuausgabe von „Shinin’ On“, mit dessen Cover die USRock- Haudegen Grand Funk 1974 einen Gimmick landeten. Einen mächtigen Rüffel kassiert Audio Fidelity, denn für den zeitgenössischen Quadro- Mix wäre die SACD prädestiniert gewesen. Hier Fehlanzeige. So kann man „The LocoMotion“oder den ordentlich treibenden Titelsong nur in Stereo genießen. Zweikanal-Tipp aus der Klassik ist diesmal die zauberhafte Zusammenstellung „ Witches Brew“, für die Alexander Gibson 1958 Stücke wie den „Hexenritt“aus Humperdincks „Hänsel und Gretel“, den „Mephisto Walzer“von Franz Liszt oder den „Gnom“aus Modest Musssorgskys „Bildern“schwungvoll dirigiert. Ein hexisches Klangfest.