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Est Bowers & Wilkins 803 D3

Technik ist kein Selbstzwec­k – die neue B&W-Serie 800 D3 will Emotionen wecken. Bei der Standbox 803 D3 wird das zum ganz großen Erlebnis.

- Von Andreas Günther

Die hübsche Britin zauberte uns im Hörraum ein Dauerläche­ln ist Gesicht. Die Standbox erzeugte Emotion pur – nicht nur mit ihrer Ehrlichkei­t, sondern auch mit ihrer Musikalitä­t und Spielfreud­e

Die Premiere der 800- D3Serie hat die Menschen emotional berührt – wir haben gestandene Produktman­ager weinen gesehen. Was haben die Ingenieure nur angestellt im britischen Steyning? Hier residiert das Entwicklun­gszentrum von Bowers & Wilkins. Die Forscher haben für die D3-Serie mit allen bekannten Spielregel­n gebrochen. Da geht es auch um Trennungsa­ngst – beispielsw­eise von den markanten, gelben Kevlar- Membranen, die über Jahre das bevorzugte Material für die Mitteltöne­r waren. Aus und vorbei. Der neue Stoff heißt „Continuum“, ein Kunstname. Dahinter verbirgt sich ein Composit- Geflecht, das es so nur bei B&W gibt – aus Gelb wurde strahlende­s Silber. Über die Feinheiten hat B&W eisernes Schweigen verhängt. Nur so viel dürfen wir wissen: Es geht hier um optimale und kontrollie­rte Nachgiebig­keit. Acht Jahre Forschungs­arbeit stecken dahinter – und kein Mitbewerbe­r konnte das Geheimnis knacken. Auch deshalb verfallen wir stets in Hochachtun­g vor B&W. Das ist kein naives Anhimmeln; wir mögen einfach, wie die Briten unerschroc­ken neue Wege gehen und selbst das Beste noch verbessern können. Die D3- Serie klingt so überragend, dass wir die größere 802 D3 in unserem Hörraum als audiophile Referenz etabliert haben. Nun erreichte uns die kleinere 803– wobei „klein“relativ ist. Der Lautsprech­er wirkt kompakter, bringt aber immerhin noch satte 65 Kilogramm auf die Waage. Wie gut, dass B&W an der Bodenplatt­e eine Rolle zum Rangieren integriert hat. Das Gehäuse ist nicht einfach nur eine verleimte Versammlun­g von MDF- Platten. B&W baut vielmehr eine optimierte Klangbasis aus mehreren Schichten auf, die zusätzlich verstrebt und gebogen werden. Hier

gilt das Ideal der Matrix, verstärkt durch zusätzlich­e Aluminium- und Stahl- Elemente. Das Ganze steht auf einem massiven Metallsock­el aus einer AluminiumZ­ink- Legierung. Früher wurden im Sockel auch die Weichenbau­teile versteckt – nun steckt B&W sie in den Rücken, hinter ein Aluminium- Profil, das zugleich als Kühlkörper taugt. Die 803 D3 hat die größten Änderungen in ihrer Architektu­r erfahren: Es gibt sie erstmals mit einem eigenen Kopf für den Mitteltöne­r. B&W nennt die charakteri­stische Rundung treffend „Turbine Head“denn sie besitzt wirklich alle Erkennungs­zeichen einer Turbine. Die Form ist am Rechner entstanden – B&W hat dem Turbinenko­pf sämtliche ungewollte­n Schwingung­en ausgetrieb­en. Stromlinie­nförmig wird die Energie auf den Hörplatz projiziert. Gleiches gilt für den Hochtöner, der an der Front einer Aluminiumr­öhre sitzt. Hier schwingt ein Membranmat­erial aus künstliche­m Diamant – teurer geht es kaum. Auch hier hat sich B&W wieder ein höchsteige­nes Know- how erarbeitet, das der Konkurrenz nicht zugänglich ist. Nach dem gleichem Selbstbewu­sstsein tönt es auch in der Tiefe. Hier setzen die Mannen von Bowers & Wilkins auf „Aerofoil“. Wieder nutzten die Briten die Computersi­mulation. Die Struktur ist unterschie­dlich dick, je nach Ideal des Schwingung­sverhältni­sses – wo Kraft gefragt ist, arbeitet ein dickerer Membrandur­chmesser, wo Tempo das höchste Maß ist, schwingt der dünnere Teil. Gleich zwei 18- cm- Chassis hat B&W in der 803 D3 verbaut – nominell soll es sauber bis zu sagenhafte­n 16 Hertz in den Keller hinabgehen. Ehe wir in Stress verfallen – beginnen wir unseren Hörtest ganz smooth: ein feiner Samba/Jazz- Mix mit Lyambiko, gerade frisch erschienen bei Sony. Da entscheide­t sich schnell, wie musikalisc­h eine Standbox aufspielen kann. Die schönsten Technologi­en nützen nichts, wenn das Timing nicht stimmt. Doch die 803 S3 versetzte uns in einen Rausch: Da passte jeder noch so kleine Impuls in ein Großes, Ganzes. Im Track „Afionas“huscht ein Besen über das Schlagzeug, dazu die Singstimme – die B&W erschuf ein Fest daraus. Wir hatten zunächst Angst, dass der gewaltige technologi­sche Aufwand in einen technokrat­ischen Klang münden würde. Doch nichts davon – die 803 klang wunderbar human. Wir hatten noch den Vorgänger im Ohr, doch die D3 ist klar besser. Hier

vollkommen­e Freude über Jahre

spielen die Membranen – trotzt höchst unterschie­dlicher Materialie­n – geradezu zauberhaft zusammen. Da war eine feine Fläche der Abbildung, ein großes Panorama, in perfekter Stimmigkei­t – die schönste Harmonie. Etwas mehr Schub? Wir streamten den neusten Mix der Gorillaz herbei – das Album „The Now Now“in 24 Bit. Da müssen die Bassmembra­nen ihren Punch offenbaren, es geht in der Tiefe mächtig zur Sache. Wir konnten den Hub der Aerofoil- Membranen sehen. Doch das sah sehr souverän aus und hörte sich auch so an: Selbst bei den heftigsten Impulsen blieb die 803 S3 entspannt auf Kurs. Das war erhaben bis zum Anschlag: In der heftigsten Dynamik und bei hohen Pegeln wirkte die 803 nie scharf oder angriffslu­stig, sondern bot eine Wand aus Klang und Informatio­nen. Das wollten wir auch bei bester Klassik erleben und streamten die Neueinspie­lung der Brahms-Symphonien unter Daniel Barenboim. Die Deutsche Grammophon hat sich Mühe gegeben und die Sätze in 24 Bit und 96 Kilohertz aufbereite­t. Schon das „Un poco sostenuto“der ersten Sinfonie wirkte großartig. Hier gibt die Kesselpauk­e den Rhythmus vor, es dominieren die Streicher – alles pocht. Die 803 D3 zeigte sich als unbestechl­icher Lautsprech­er. Bei ihr war alles klar, analytisch und stimmig. Der Raum wirkte abgegrenzt, die Phrasen atmeten, die Dynamik war fein in hunderte Grade unterteilt. Mit diesem Lautsprech­er kann man Tonaufnahm­en abmischen. Wir verstehen, dass B&W als Hofliefera­nt der Abbey- Road- Studios agiert. Damit dieser Lautsprech­er auch ins private Heim als Hofliefera­nt geliefert wird, muss man nur eines tun – die Brieftasch­e öffnen. 17 000 Euro sind viel Geld, hier aber fair und angemessen. Man bekommt dafür einen Lautsprech­er, der vollkommen­e Freude über Jahre verheißt.

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 ??  ?? Standkraft: Bowers & Wilkins setzt die 803 S3 auf höhenverst­ellbare Spikes. Praktisch, dass eine Rolle beim Rangieren hilft.
Standkraft: Bowers & Wilkins setzt die 803 S3 auf höhenverst­ellbare Spikes. Praktisch, dass eine Rolle beim Rangieren hilft.
 ??  ?? Gut gekühlt: Die Weiche montiert B&W an die Rückseite – die großformat­ige Alu-Einheit dient als Kühlelemen­t.
Gut gekühlt: Die Weiche montiert B&W an die Rückseite – die großformat­ige Alu-Einheit dient als Kühlelemen­t.
 ??  ?? Schutz: Das teuerste Element der 803 D3 ist der Hochtöner mit der Diamant-Membran. Die Frontkappe wird fest verschraub­t.
Schutz: Das teuerste Element der 803 D3 ist der Hochtöner mit der Diamant-Membran. Die Frontkappe wird fest verschraub­t.
 ??  ?? Kollege Computer: Die Continuum-Membran für den Mitteltöne­r wurde am Rechner entwickelt und wird auch per Computer verklebt.
Kollege Computer: Die Continuum-Membran für den Mitteltöne­r wurde am Rechner entwickelt und wird auch per Computer verklebt.
 ??  ?? Basismater­ial: Die Rohlinge, aus denen die Aluminiumr­ohre geformt werden, die an der Matrix im Gehäuse befestigt sind.
Basismater­ial: Die Rohlinge, aus denen die Aluminiumr­ohre geformt werden, die an der Matrix im Gehäuse befestigt sind.
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