Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Torjäger auf zwei Rädern
Sport Für Thomas Kieferle und Martin Egarter ist das Fahrrad mehr als nur ein Zeitvertreib / Serie (4)
Kissing Für viele ist das Fahrrad ein praktischer Begleiter im Alltag. Mal schnell in die Stadt, eine Tour ins Grüne oder zum Supermarkt um die Ecke. Für Thomas Kieferle und Martin Egarter ist es mehr: Wenn die 25-Jährigen auf dem Fahrrad sitzen oder stehen, geht es ums Ganze. Derzeit um den Aufstieg in die 1. Bundesliga. „Das ist unser großes Ziel“, sagt Egarter. Denn die beiden sind professionelle Radballer beim Radsportverein Kissing, spielen in der deutschen Nationalmannschaft und sind seit 18 Jahren ein Team.
„Wir waren schon in der Schule beste Freunde“, sagt Kieferle, dem die Begeisterung für Radball von Vater und Opa mitgegeben wurde. „Da man immer zu zweit im Team spielt, habe ich Martin gefragt, ob er nicht auch Lust hätte.“Der hat sofort Gefallen daran gefunden, auf dem Fahrrad zu stehen, in Teamarbeit den Gegner auszutricksen und mit einem sekundenschnellen Drehen des Lenkers den Ball ins Tor zu schießen.
Bis das klappt, bedarf es jeder Menge Übung – eineinhalb Jahre ungefähr. Erst dann bekomme man ein Gespür für das Fahrrad, könne freihändig auf den Pedalen stehen, ohne umzukippen, rückwärts fahren oder den Ball mit dem Vorderrad ins Tor schlagen. „Wenn man es drauf hat, macht es richtig Spaß“, sagt Egarter, der als Torwart die harten Bälle des Gegners verteidigt. „Man muss unheimlich schnell schalten und ständig konzentriert sein.“
Für Kieferle ist die Radballerszene wie eine Familie. „Man kennt sich, kämpft auf dem Feld gegeneinander, aber feiert danach zusammen“, erzählt der 25-Jährige. Beide schätzen die Teamarbeit. „Wir machen das schon so lange, wir vertrauen uns blind“, betont Kieferle. Beiden steht die Begeisterung ins Gesicht geschrieben, wenn sie vom Radball erzählen. Davon, wie sie als Jugendliche erst die bayerische, dann die deutsche Meisterschaft gewannen und 2009 bei der Europameisterschaft in den Niederlanden mit auf dem Siegertreppchen standen. „Diese Erfolge haben uns motiviert, weiterzumachen und auf neue Ziele hinzuarbeiten.“Jetzt kämpfen sie um den Aufstieg in die erste Bundesliga. Die Aufnahme in
Im Team sind sie unschlagbar
die Nationalmannschaft sei ein Vertrauensvorschuss gewesen. „Jetzt müssen wir uns ranhalten und liefern“, weiß Kieferle.
Dafür trainieren die beiden zweimal in der Woche, am Wochenende kommt oft noch ein Turnier dazu. Da kann es stressig werden, Sport, Freizeit und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Egarter arbeitet als Fluggerätmechaniker in Augsburg, Kieferle studiert Jura. „Trotz allem bekommen wir es gut geregelt“, betont Egarter. Verdienen tun die beiden als Profi-radballer nichts. „Es ist eine Randsportart und die Dopingskandale der vergangenen Jahre haben dem Radsport geschadet.“Es mangele an Geldern und Sponsoren. Aber ihnen gehe es nicht ums Geld, sondern um den Spaß. Trotzdem wünschten sie sich, dass Randsportarten präsenter wären.
Auch außerhalb der Halle treten sie in die Pedale. „Aber dann nur mit einem Klapperfahrrad, um zum Einkaufen oder an den See zu fahren“, so Kieferle.
Serie In unserer Serie stellen wir ein mal wöchentlich Menschen aus der Re gion vor, die einen besonderen Bezug zu ihrem Rad haben – beruflich, sportlich, privat.