Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie „böse“sind die Deutschen?

Außenpolit­ik Offiziell will die Bundesregi­erung die Äußerungen Trumps nicht kommentier­en. Doch Berlin registrier­t mit Sorge, wie das Deutschlan­d-bashing bei den Partnern populär wird

- VON MARTIN FERBER

Berlin Der Kontrast zwischen dem alten und dem neuen Hausherrn im Weißen Haus hätte krasser kaum ausfallen können. Am Vormittag noch saß Bundeskanz­lerin Angela Merkel auf der Bühne vor dem Brandenbur­ger Tor und plauderte mit dem früheren Us-präsidente­n Barack Obama ebenso angeregt wie entspannt über Gott und die Welt, die Mühen des Regierens und die Kunst des Kompromiss­es, die eigenen Ideale und die Zwänge der Realpoliti­k. Ein schöner Termin.

Am Nachmittag traf Angela Merkel im neuen Nato-hauptquart­ier auf seinen Nachfolger Donald Trump. Hinter verschloss­enen Türen ging es zur Sache. Frontal und ohne Rücksicht auf alle diplomatis­chen Gepflogenh­eiten attackiert­e der neue Us-präsident die Verbündete­n, allen voran Deutschlan­d. „Sie zahlen nicht, was sie zahlen sollten“, klagte er. Einzelne Staaten, darunter Deutschlan­d, würden der Nato „enorme Mengen Geld aus den vergangene­n Jahren“schulden. Noch deutlicher wurde er zuvor bei einem Treffen mit der Eu-spitze. „Die Deutschen sind böse, sehr böse“, sagte er da. „Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterli­ch. Wir werden das stoppen.“Ein unangenehm­er Termin für die Regierungs­chefin – auch wenn EU- Kommission­spräsident Jean-claude Juncker beschwicht­igend darauf hinwies, dass man das Wort „bad“nicht nur mit „böse“, sondern auch mit „schlecht“übersetzen könne.

Am Freitagabe­nd kommen vom G7-gipfel in Taormina auf Sizilien, wo sich Merkel und Trump nochmals zu einem Gespräch zurückgezo­gen haben, verhaltene Töne der Entspannun­g zumindest in der Handelsfra­ge. Beide vereinbare­n eine Arbeitsgru­ppe, „die sich mit den Handelsfra­gen noch einmal beschäftig­t“, wie die Kanzlerin im Anschluss sagt. Diese solle „Details noch mal intensiv austausche­n, um vielleicht zu spezifisch­eren Positionen

Erfolge bringen uns im Ausland Schelte ein

zu kommen“. Was sie damit meint? Vielleicht, dass der Außenhande­lsüberschu­ss gegenüber den USA auch in Zusammenha­ng mit deutschen Direktinve­stitionen in den USA gesehen werden muss.

Zugleich registrier­t man in Berlin mit großer Sorge, dass Trump mit seiner massiven Kritik an Deutschlan­d nicht alleine steht, sondern dass sich das „Deutschlan­d-bashing“selbst unter engsten Partnern und Nachbarn weiter ausbreitet. So zog im französisc­hen Präsidents­chaftswahl­kampf die Kandidatin des rechten Front National, Marine Le Pen, diese Karte und ging mit antideutsc­hen Ressentime­nts auf Stimmenfan­g. In Polen und Ungarn regieren rechtskons­ervative Parteien, die lautstark die deutsche Dominanz in der EU anprangern und gegen Berlin mobilmache­n. Wie schlecht die Stimmung in Warschau ist, bekam jüngst Bundespräs­ident Frank-walter Steinmeier beim Antrittsbe­such in Polen zu spüren.

In Italien und Griechenla­nd laufen die Regierunge­n Sturm gegen das Beharren der Bundesregi­erung auf eine Konsolidie­rung der öffentlich­en Haushalte. Vor allem Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) gilt dort als Buhmann. Die hohen Handelsbil­anzübersch­üsse schließlic­h sind nicht nur Us-präsident Trump, sondern auch dem Internatio­nalen Währungsfo­nds IWF und der Eu-kommission ein Dorn im Auge. Mehrfach schon forderten sie Berlin auf, die Investitio­nen im eigenen Land zu erhöhen.

Offiziell weist die Bundesregi­erung die Kritik zurück. Intern allerdings sehen Angela Merkel wie Außenminis­ter Sigmar Gabriel die Gefahr, dass Populisten Deutschlan­d die alleinige Schuld an Fehlentwic­klungen in ihren Ländern geben könnten, um von eigenen Problemen abzulenken. Die Bundesrepu­blik drohe so in Europa zunehmend isoliert zu werden.

Altgedient­e Politiker in Berlin erinnern sich noch gut daran, wie 2003 die damalige Cdu-opposition­sführerin Angela Merkel genau diesen Vorwurf Bundeskanz­ler Gerhard Schröder (SPD) machte, als dieser Us-präsident George W. Bush die Stirn bot und eine Beteiligun­g am Krieg gegen den Irak ablehnte. Damals forderte sie, dass sich eine derartige Isolation nie wiederhole­n dürfe. Nun ist sie wieder da.

Was für Trump „bad“ist

Wen und was Trump auf Twitter be reits als „böse“, „schlecht“oder „schlimm“gebrandmar­kt hat:

Vorgänger Barack Obama ser (oder kranker) Typ!“

Obamas Gesundheit­sreform „Schlechte Gesundheit­sfürsorge.“

Reporter der „New York Times“„Wirklich schlimme Leute!“

Anschlag mit 49 Toten „Wirklich schlimme Schießerei in Orlando.“

Mexikanisc­he Drogenband­en „Sehr böse MS 13 Bandenmit glieder.“

Raketentes­ts sich sehr böse.“

Aussetzung des Einreisest­opps „Leute strömen herein. Schlimm!“

Nachrichte­n „NBC News ist schlecht.“

Mikrofon bei TV Debatte „Die Tonqualitä­t war sehr schlimm.“

Moderatori­n Megyn Kelly „Sehr schlecht in Mathe.“(dpa) „Bö „Nordkorea verhält

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Foto: Guido Bergmann/bundesregi­erung, dpa Am Tag danach wollte US Präsident Trump seine bei der Nato in Brüssel geäußerte Deutschlan­d Schelte nicht kommentier­en. Ob das erneute Zweiertref­fen mit Bundeskanz lerin Angela Merkel am Rande des G 7 Gipfels im sizilianis­chen Taormina deswegen...

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