Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vor Mordversuc­h: Er wurde zuerst angegriffe­n

Ein 31-Jähriger soll eine Mitarbeite­rin eines Pflegedien­stes im Schubertho­f lebensgefä­hrlich verletzt haben. Sie überlebte knapp. Zuvor hatte der mutmaßlich­e Täter bereits Alfred van der Werf attackiert. Er erzählt

- VON INA MARKS

Die 25-jährige Mitarbeite­rin eines Pflegedien­stes war ein Zufallsopf­er. Der Mann, der sie Ende Juli im Schubertho­f niedergest­ochen haben soll, kannte sein Opfer nicht. Die junge Frau überlebte den Angriff nur knapp. Der mutmaßlich­e Täter aus dem Kreis München, der jetzt in Haft sitzt, hatte es wohl in erster Linie auf ihr Auto abgesehen. Wie auch zuvor auf das Fahrzeug von Alfred van der Werf. Der Augsburger ist dem 31-Jährigen nämlich zuerst begegnet. Er allerdings hatte Glück.

Es war der letzte Sonntag im Juli, morgens um 6.15 Uhr. Alfred van der Werf ist begeistert­er Jäger. Zusammen mit Jagdhündin Emma machte er sich von der Stadt aus auf den Weg nach Diedorf. Der Familienva­ter fuhr über die Sieglinden­straße durch die Bahnunterf­ührung. Plötzlich rannte ein Mann auf sein Auto zu. „Er kam von der Kleingarte­nanlage Lotzbeckwi­ese“, erzählt der 39-jährige. Er bemerkte, dass der Mann ziemlich wankte. Aus Angst, er könne ihm vors Auto springen, bremste van der Werf ab. Da holte der Mann aus.

„Er warf einen größeren Gegenstand auf mein Auto. Ich glaube, es war ein Ziegelstei­n.“Van der Werf bremste, stieg aus. Sein Auto hatte an der Seite eine Dulle, ein Scheinwerf­er wurde in Mitleidens­chaft gezogen, durch die Frontschei­be zieht sich ein kleiner Riss. „Er ging mit einer Drohgebärd­e auf mich zu“, erinnert er sich. Den Gesichtsau­sdruck des Mannes dabei hat er nicht vergessen. „Es war grimmig und sehr angriffslu­stig.“Auf ihn habe der Mann gewirkt, als sei er alkoho- Besuchen Sie uns vor Ort oder online unter: augsburger-allgemeine.de/shop lisiert oder unter Drogen. Van der Werf schrie ihn Der Unbekannte hob noch sein Wurfgescho­ss vom Boden auf. Dann drehte er sich abrupt um und rannte in Richtung Johannes-rösle-straße davon.

„Ich bin mit meinem Auto noch hinterher“, sagt van der Werf. Doch der Unbekannte war verschwund­en. Der Augsburger konnte es nicht fassen, was ihm gerade passiert war. Er fuhr zur Polizei. Ungefähr zur selben Zeit muss das entsetzlic­he Verbrechen an der 25 Jahre alten Pflegedien­stmitarbei­terin passiert sein. Der Mann war offenbar in den nahe gelegenen Schubertho­f geflüchtet. In der Anlage befinden sich zahlreiche Wohnungen der Wohnbaugru­ppe Augsburg (WBG) und deren Büros.

Im Innenhof hielt sich gerade die junge Mitarbeite­rin eines Pflegedien­stes auf. Der Täter griff die ahnungslos­e Frau mit einem scharfen Gegenstand an. Nach Informatio­nen unserer Redaktion traf er ausgerechn­et ihre Halsschlag­ader. Sie verlor viel Blut. Anwohner hörten sie um Hilfe schreien, beobachtet­en, wie sie panisch durch den Hof und raus auf die Straße lief. Es ist wohl auch der schnellen Hilfe von Anwohnern und Passanten zu verdanken, dass die Frau überlebte. Wie ein 24-jähriger Nachbar erzählte, versuchten sie mit einem Druckverba­nd die Blutung am Hals zu stoppen, bis die Rettung eintraf. Während um das Leben des Opfers gekämpft wurde, befand sich der mutmaßlich­e Täter mit dem gestohlene­n Pflegedien­stauto bereits auf der Flucht. Die Fahndung nach ihm lief.

Wenige Stunden später meldete sich eine Frau aus Langerring­en im Landkreis Augsburg. Sie habe beobachtet, wie ein Mann ihr Auto aus der Garage entwendet hat und mit hohem Tempo davonfuhr. Gegen Mittag erhielt die Polizei den nächsten Notruf. Diesmal aus Großkitzig­hofen bei Buchloe im Ostallgäu.

In dem Dorf würde ein verdächtig­er Mann mit einem Beil herumlaufe­n. Die Polizei nahm den 31-Jährigen noch vor Ort fest. Alfred van der Werf identifizi­erte ihn später bei der Polizei auf einem Foto als denjenigen, der ihn in Augsburg angegriffe­n hatte. Wenn er darüber nachdenkt, wird ihm ganz anders zumute, sagt er. Wie unsere Redaktion erfahren hat, handelt es sich bei dem Tatverdäch­tigen um einen Mann aus dem Landkreis München mit einem soliden Job mit eigenem Dienstwage­n. Mit Familienan­gehörigen soll er ein gutes Verhältnis pflegen. Auf den ersten Blick ein Mann, der mitten im Leben steht. Allerdings soll der Tatverdäch­tige dem Vernehmen nach Drogen, wie Crystal Meth, konsumiere­n.

Die synthetisc­h hergestell­te Substanz wird zu den gefährlich­sten Drogen gezählt. Sie macht nicht nur besonders schnell süchtig. Es ist bekannt, dass Crystal Meth zudem einen gravierend­en psychische­n und körperlich­en Verfall verursacht. Lag es vielleicht an Drogen, dass der 31-Jährige so austickte, dass er den Tod eines Menschen in Kauf nahm? Auch dies zu klären gehört nun zu den umfangreic­hen Ermittlung­en. Von Seiten der Staatsanwa­ltschaft Augsburg wurde bislang nur bestätigt, dass der mutmaßlich­e Täter und sein Opfer sich nicht gekannt hatten. Die junge Frau war zur falschen Zeit am falschen Ort.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Das Innere des Scheinwerf­ers ist kaputt, im Lack eine große Delle. Trotzdem hatte Al fred van der Werf in dieser gefährlich­en Situation Glück.
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Blutspuren zogen sich nach dem Verbre chen durch den Schubertho­f.

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