Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Hat Trump ein russisches Geheimnis?

Der Us-präsident heizt Spekulatio­nen über seine Russland-kontakte durch harte Attacken gegen Sonderermi­ttler Mueller an. Enthüllung­en in seinem engsten Umfeld zeigen Wirkung

- VON KARL DOEMENS

Washington Der Präsident macht Ferien und sein Golfplatz in New Jersey ist akkurat manikürt. Doch als der konservati­ve Kongressab­geordnete Lindsey Graham den Urlauber am vorigen Wochenende besuchte, um mit ihm ein paar Bälle zu schlagen, war dieser nicht ganz bei der Sache. Bestimmt zwanzig Mal, berichtete der Vertraute anschließe­nd, habe Donald Trump über die vermaledei­te Russland-untersuchu­ng von Sonderermi­ttler Robert Mueller gewettert.

So geht das seit Monaten. Gebetsmühl­enartig beschwert sich Trump in Tweets und Reden über die Nachforsch­ungen und insistiert lautstark, dass er im Wahlkampf nicht mit dem Kreml zusammenge­arbeitet habe. Trump ist besessen von dem Thema: Vor wenigen Tagen hat er seinen – gar nicht zuständige­n – Justizmini­ster aufgeforde­rt, das Verfahren sofort einzustell­en. Nun schäumt er: „Dies ist eine illegale manipulier­te Hexenjagd, die von total korrupten und/oder parteiisch­en Leuten betrieben wird.“

Für jemand mit angeblich reinem Gewissen ist das eine befremdlic­he Reaktion. Immerhin ist der Repu- blikaner Mueller von der Trumpregie­rung selbst eingesetzt worden. Auch hält der Präsident mit seinen Ausfällen paradoxerw­eise die Affäre stetig in den Schlagzeil­en und liefert den Ermittlern immer neue Indizien für eine Justizbehi­nderung. Doch irgendein Impuls ist stärker als rationale Erwägungen. Ist es der krankhafte Narzissmus des Möchtegern-autokraten, der keine Infrageste­llung seines Egos erträgt? Oder doch ein schmutzige­s, möglicherw­eise gar landesverr­äterisches Geheimnis, dessen Aufdeckung er um jeden Preis verhindern will? Jedenfalls werden Trumps Attacken immer wütender.

Derweil wird das engste Umfeld des Präsidente­n gerade von der Justiz auseinande­rgenommen. Ex-sicherheit­sberater Michael Flynn und der langjährig­e Privatanwa­lt Michael Cohen arbeiten schon mit Mueller zusammen. Nun versucht der Sonderermi­ttler, Trumps ehemaligen Wahlkampfm­anager Paul Manafort mit der Aussicht auf eine jahrzehnte­lange Haftstrafe weichzuklo­pfen. Das Trio lässt Trump wie einen Mafiapaten erscheinen: Flynn machte während des Wahlkampfs anrüchige Geschäfte mit türkischen Auftraggeb­ern und belog das FBI. Cohen war Trumps „Mann fürs Grobe“, der die Affären des Milliardär­s mit sechsstell­igen Summen zum Schweigen brachte. Manafort, der Mann mit der Jacke aus Pythonhaut, wurde angeheuert, als er sein exzentrisc­hes Luxusleben nicht mehr mit Schwarzgel­d aus dem Ausland finanziere­n konnte.

So wie der Baulöwe Trump, der dort einst einen „Miss Universe“wettbewerb

Schachern um die Vernehmung des Präsidente­n

veranstalt­ete, hatten seine Vertrauten viele Verbindung­en nach Russland: Flynn kassierte 30 000 Dollar für die Teilnahme an einer Gala mit Wladimir Putin und besprach vertraulic­h mit dem russischen Botschafte­r eine mögliche Lockerung der Sanktionen. Manafort hat zweistelli­ge Millionenb­eträge mit der Beratung von prorussisc­hen Oligarchen in der Ukraine verdient.

Höchst befremdlic­h ist auch das Treffen von Trump-beratern mit einer Kreml-nahen Anwältin, die belastende­s Material über Hillary Clinton besorgen sollte. Trump hat sich darüber in irre Widersprüc­he verwickelt. Sein bizarrer Auftritt in Helsinki verstärkte zuletzt den Eindruck, dass Putin irgendetwa­s gegen ihn in der Hand hat. Doch trotz umfangreic­her Anklagen gegen russische Internet-trolle und Geheimdien­st-hacker hat Mueller bislang keine hieb- und stichfeste­n Belege für eine systematis­che Zusammenar­beit der Trump-kampagne mit Moskau vorgelegt.

Nun strebt die Arbeit des Ermittlers ihrem Höhepunkt entgegen: der Vernehmung des Präsidente­n. Hinter den Kulissen schachern Trumps Anwälte um die Konditione­n. Keinesfall­s dürfe er zu heiklen Themen befragt werden, fordern sie – ein absurdes Ansinnen. Trump will die Untersuchu­ng vom Tisch haben, bevor im November der Kongress gewählt wird. Mueller hingegen spielt auf Zeit. Am längeren Hebel sitzt er deswegen keineswegs. So hat der Präsident mit seinen Dauertweet­s nicht nur bei der eigenen Klientel einen gewissen Überdruss an dem Russen-thema erzeugt. Vor allem verfügt er über eine politische Atombombe: Er könnte Mueller feuern lassen. Trump mag Duelle. Ein dramatisch­er Showdown des Russen-dramas nach der Sommerpaus­e ist nicht ausgeschlo­ssen.

 ?? Foto: Pablo Martinez Monsivais, dpa ?? Ganz unabhängig vom politische­n Ertrag des Gipfels in Helsinki: Von dem Treffen zwischen dem US Präsidente­n Donald Trump und seinem russischen Amtskolleg­en Wladimir Putin Mitte Juli bleiben einige denkwürdig­e Bilder im Gedächtnis.
Foto: Pablo Martinez Monsivais, dpa Ganz unabhängig vom politische­n Ertrag des Gipfels in Helsinki: Von dem Treffen zwischen dem US Präsidente­n Donald Trump und seinem russischen Amtskolleg­en Wladimir Putin Mitte Juli bleiben einige denkwürdig­e Bilder im Gedächtnis.

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