Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Dienen
Das Dienen hat ja nie ausgedient in Deutschland, bloß weil die Wehrpflicht, seit sieben Jahren ausgesetzt ist. Mag sich darob in den vergangenen Jahren die Zahl der Ungedienten auch beträchtlich erhöht haben – gedient wird gleichwohl. Auf dem Fußballplatz, wo mannschaftsdienliches Spiel noch immer wertgeschätzt wird. In den Kirchen, wo die Diener Gottes wirken und Messdiener obendrein. Zu schweigen von all den dienstbaren Geistern, diensthabenden Ärzten und Außendienstlern. Deutschland ist eine Dienstleistungsgesellschaft – wer wollte das in Abrede stellen. Es hallt noch jene klare Dienstanweisung nach, die Preußenkönig Friedrich der Große einst gegeben hat: Ich bin der erste Diener meines Staates.
Solcher Absolutismus mag heutigen Amts- und Mandatsträgern fremd sein. Aber wer von ihnen würde von sich weisen, dem Gemeinwesen dienen zu wollen? Ein allgemein verpflichtendes Dienstjahr für junge Menschen, wie es Deutschland derzeit diskutiert, könnte das Dienen demokratisieren und wieder zu einer selbstverständlichen Erfahrung machen. Das hätte auch den Vorteil, dass man wieder leichter erklären könnte, dass Verdienst von Dienen kommt. Wer sich verdient machen und Verdienste erwerben will, der tut das am besten dienend und nicht anschaffend. Man muss deshalb ja nicht gleich einen Diener machen, falls jemand aus der Sneaker-generation der Ungedienten überhaupt noch weiß, was das ist.
Schon vor einiger Zeit ist in Deutschland ein Buch erschienen mit dem Titel „Die Rückkehr der Diener“. Es beschreibt ein Phänomen, das alltäglich ist – bloß nennen wir all die dienstbaren Geister nicht mehr Diener, sondern Zugehfrau, Pizzabote, Babysitterin, Pflegehelferin … Jenseits des 450-Eurojob-dienens gibt es eine Philosophie des Dienens, die Goethe gegenüber Eckermann so beschrieben hat: Niemand dient einem andern aus freien Stücken; weiß er aber, dass er damit sich selber dient, so tut er es gern. Pragmatischer, lebensnäher und griffiger bringt es der österreichische Dramatiker Friedrich Halm auf den Punkt: „Wer leben will, muss dienen!“Ein Dienstgeheimnis zum Weitersagen.