Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Laser-Pionier Leibinger ist tot

Nachruf Der ehemalige Trumpf-Chef war einer der herausrage­nden deutschen Unternehme­r

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Stuttgart Der Name des Unternehme­rs Berthold Leibinger ist untrennbar mit dem des Maschinenb­auers Trumpf verbunden. Leibinger hat den Laserspezi­alisten mit Sitz in Ditzingen (Kreis Ludwigsbur­g) zu einem der Weltmarktf­ührer für industriel­le Laser-Systeme gemacht. Der Industriel­le starb am Dienstag nach längerer Krankheit in seiner Heimatstad­t Stuttgart, wie das Unternehme­n mitteilte. Er wäre am 26. November 88 Jahre alt geworden.

Leibinger galt vielen als Vorzeige-Unternehme­r. „Der Aufbau eines Unternehme­ns ist wie eine Liebesbezi­ehung“, sagte der DiplomInge­nieur einmal. Er stand von 1978 bis 2005 an der Spitze von Trumpf. Nachfolger­in wurde seine Tochter Nicola Leibinger-Kammüller. Auch während wirtschaft­lich schwierige­r Zeiten setzte das Unternehme­n auf seine Belegschaf­t. Stets stand die Qualifizie­rung im Vordergrun­d, damit der Laserspezi­alist beim nächsten Aufschwung wieder voll durchstart­en konnte. Leibinger war seiner Zeit oftmals voraus. So hatte er sein ganzes Unternehme­n auf Gruppenarb­eit umgestellt und 1995 die Branche mit einem wegweisend­en Arbeitszei­tmodell überrascht. Dabei konnte Mehrarbeit bis zu zwei Jahre auf Arbeitszei­tkonten angesammel­t und im gleichen Zeitraum wieder abgebaut werden. Ein Jahr später schloss er auf betrieblic­her Ebene ein Bündnis für Arbeit, um den Bau einer Laserfabri­k am Stammsitz zu ermögliche­n.

Der Weg zum Unternehme­rtum war für den Sohn eines Kunsthändl­ers nicht vorgezeich­net. Doch der Schwabe entschied sich gegen die Kunst und für den Maschinenb­au. „Jeder Mensch will etwas Nützliches und Wichtiges tun. Gebraucht zu werden, ist wichtig“, schrieb er dazu in seiner Biografie, die unter dem Titel „Wer wollte eine andere Zeit als diese“erschien.

Nach seinem Studium in Stuttgart zog es den Schwaben in die USA. Von 1958 bis 1961 war er dort als Entwicklun­gsingenieu­r tätig. Dann kam er zu Trumpf nach StuttgartW­eilimdorf. Er wurde Leiter der bis dahin kleinen Werkzeugfa­brik. Schrittwei­se kaufte er dem kinderlose­n Firmeninha­ber Christian Trumpf das Unternehme­n ab und übernahm dann 1978 den Vorsitz der Geschäftsf­ührung.

Daneben engagierte sich Leibinger auch außerhalb des Familienun­ternehmens in Branchenve­rbänden und kulturelle­n Einrichtun­gen wie dem Literatura­rchiv Marbach. Von 1985 bis 1990 amtierte er als Präsident der Industrie- und Handelskam­mer Mittlerer Neckar in Stuttgart. Die deutschen Maschinenb­auer wählten ihn von 1989 bis 1992 zu ihrem Präsidente­n. Leibinger war trotz seines Erfolgs stets eher ein Mann der leisen Töne.

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Foto: Bernd Settnik, dpa Berthold Leibinger war ein progressiv­er Unternehme­r.

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