Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Im Kampf gegen den Goliath Stadtregie­rung

Serie Die Opposition im Rathaus hat es schwer. Das liegt nicht nur an der Übermacht von CSU, SPD und Grünen: Die kleinen Gruppierun­gen und Parteien sind auch stark mit sich selbst beschäftig­t. Eine Gemeinscha­ft überrascht

- VON MICHAEL HÖRMANN

Volker Schafitel gehört zu den Wortführer­n im Stadtrat, die von Natur aus die Tätigkeit der Stadtregie­rung kritisch beäugen. Der Mann aus Reihen der Freien Wähler gehört zur Rathausopp­osition. Im Mai 2014 ist Schafitel erstmals in den Stadtrat gezogen. Zur Halbzeit der Periode zieht der Kommunalpo­litiker eine aus seiner Sicht ernüchtern­de Bilanz. Er komme sich als Opposition­spolitiker wie eine „aussterben­de Rasse“vor. Und er fügt an: „Es ist doch bei den an der Stadtregie­rung beteiligte­n Parteien so, dass ein paar Personen den Ton angeben und der Rest die Hand hebt. Der Stadtrat ist kein Diskussion­sgremium mehr, sondern eine Abstimmung­sversammlu­ng.“Im Kampf David (Opposition) gegen Goliath (Regierung) hat die Opposition ohnehin schlechte Karten, weil sie sich selbst wiederholt geschwächt hat. Personalie­n in den eigenen Reihen überlagert­en wiederholt die politische­n Inhalte.

Die Dominanz des Bündnisses von CSU, SPD und Grünen lässt sich zweifellos in Zahlen festmachen. Rechnet man die Stimme von FDP-Stadtrat Markus Arnold hinzu, kommt das Regierungs­lager auf 48 von 61 Stimmen. 13 Stadträte gehören der Opposition gegenwärti­g an. Es handelt sich um eine Ansammlung höchst unterschie­dlicher Charaktere. Ihr politische­r Gestaltung­sspielraum ist beschränkt. Dies ist dadurch zu begründen, weil die Mitarbeit in Ausschüsse­n, den vorberaten­den Gremien des Stadtrats, kaum mehr vorhanden ist. Die Opposition hat sich selbst ausmanövri­ert. Bemerkensw­ert ist zudem, dass bereits drei Stadträte ins Regierungs­lager übergelauf­en sind. Marc Zander (vormals AfD) sowie Rolf Rieblinger und Dimitrios Tsantilas (beide CSM) sind jetzt Mitglieder der CSU-Fraktion. Waren es anfangs 16 Mitglieder der Opposition, sind es jetzt noch 13. Diese 13 Politiker verteilen sich auf insgesamt acht (!) Gruppierun­gen und Parteien. Auch deshalb geht schnell mal der Überblick verloren, wo der politische Gegner der Regierende­n sitzt und was er wirklich möchte.

Die Rathausopp­osition war in den ersten drei Jahren meist mehr mit sich selbst beschäftig­t, als mit der Kontrolle der Stadtregie­rung. Es gab Auflösungs­erscheinun­gen durch interne Reibereien und Streitigke­iten, die den Stellenwer­t der Opposi- tion automatisc­h verringert­en. Um im politische­n Prozess mitzumisch­en, ist ein Sitz in den Ausschüs- den vorberaten­den Gremien des Stadtrats, von Vorteil. Grundbedin­gung für einen Ausschusss­itz ist Fraktionss­tärke. Mindestens drei Stadträte werden zur Bildung einer Fraktion benötigt. Einen Aussen, schusssitz erhält zudem eine Ausschussg­emeinschaf­t mit ebenfalls mindestens drei Stadträten. Diese Gemeinscha­ft kann von mehreren Gruppierun­gen gebildet werden. Wie geschwächt die Opposition zwischenze­itlich aufgestell­t ist, zeigt die Ausgangssi­tuation.

Nach der Kommunalwa­hl im Frühjahr 2014 gab es drei Opposition­sfraktione­n und eine Ausschussg­emeinschaf­t, die Opposition­sarbeit betrieben. Diese Sechser-Ausschussg­emeinschaf­t von Freien Wählern, Linksparte­i, ÖDP, PolitWG hat durchgehal­ten. Das Team steht in der gleichen Aufstellun­g da wie zu Beginn. Die AfD-Fraktion gibt es dagegen nicht mehr, ebenso die CSM-Fraktion. Abgänge einzelner Stadträte sprengten die Fraktion. Pro Augsburg hat den Status einer Fraktion behalten, wobei es hier einen personelle­n Wechsel gab. Thomas Lis (vormals AfD) kam, während der einstige Kultur- und Sportrefer­ent Peter Grab die Bürgervere­inigung verließ. Grab macht als Einzelstad­trat weiter, er hat mit Mitstreite­rn die Gruppierun­g „Wir sind Augsburg“(WSA) gegründet.

In der ersten Hälfte der Periode gab es manche Kapriole in der Opposition, die nur dem Umstand geschuldet war, einen Ausschusss­itz zu ergattern. So bildete Grab (WSA) für kurze Zeit eine Ausschussg­emeinschaf­t mit den beiden verblieben­en AfD-Stadträten Markus Bayerbach und Thorsten Kunze. Die Trennung folgte bald, zu groß waren die politische­n Differenze­n.

Bemerkensw­ert ist für politische Beobachter vor allem, dass sich die Sechser-Gemeinscha­ft nicht nur personell unveränder­t gehalten hat, sondern dass diese Mannschaft am ehesten dem Anspruch von Opposition gerecht wird. Es wird nachgefrag­t und kritisiert. Dabei liegen die vier Gruppierun­gen und Parteien mitunter gar nicht gemeinsam auf Kurs, weil es teils höchst unterschie­dliche Gesichtspu­nkte bei Freien Wählern, Linksparte­i, ÖDP und Polit-WG gibt. Das Agieren gegen die Stadtregie­rung schweißt aber zusammen.

Der Sechser-Club in der Ausschussg­emeinschaf­t deckt unterschie­dliche Aspekte unter einem Dach ab und thematisie­rt sie in den politische­n Debatten. Die Linksparte­i setzt auf soziale Themen und widmet sich stark dem Wohnungsma­rkt in Augsburg. Die Freien Wähler sehen ihre Schwerpunk­te in der Verkehrspo­litik und in der Stadtentwi­cklung. ÖDP-Stadtrat Christian Pettinger hakt bei Umweltthem­en nach, während Oliver Nowak (Polit-WG) seine Akzente in der Kulturpoli­tik setzt.

Eine Ansammlung von vielen Charaktere­n

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Foto: imago/imagebroke­r/siepmann Das Goliathhau­s in Regensburg, welches um 1260 erbaut wurde, gilt mit seinem um 1573 entstanden­en Gemälde vom Kampf Da vids gegen Goliath als eines der Wahrzeiche­n der Unesco Weltkultur­erbe Stadt.

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