Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit der Gitarre Geschichte­n erzählen

Festival Die vergangene­n Tage war in Konzerten und Workshops zu erleben, was auf sechs Saiten alles möglich ist

- VON GERLINDE KNOLLER

An der Abendkasse im Parktheate­r hat es keine Karten mehr gegeben. So hohen Zuspruch fand das Konzert des Alegrías Guitar Trio, mit dem es das 6. Internatio­nale Gitarrenfe­stival in Augsburg eröffnete. Die Organisato­ren Dimitri Lavrentiev und Takeo Sato – beide sind Dozenten für klassische Gitarre am Leopold Mozart Zentrum der Universitä­t Augsburg – freuten sich darüber, „dass die Gitarre in Augsburg so gut ankommt“. Von der Freude durchdrung­en war auch das Konzert, bei dem Lavrentiev, Sato und ihr Kollege Klaus Wladar als Alegrías Guitar Trio ein „Best-of“aus ihrem Repertoire darboten.

Dieses Gitarrenfe­stival hat sich in Augsburg etabliert. Es zog an diesem Wochenende Menschen an, die auf unterschie­dliche Weise ihr Herz an die Gitarre verloren haben: Da waren namhafte Gitarriste­n, die in Konzerten brillierte­n – etwa Prof. Hubert Käppel, aus dessen Klassen eine ganze Gitarriste­n-Generation hervorging; darunter der junge Australier Campbell Diamond, der schon unzählige Preise bei internatio­nalen Gitarrenwe­ttbewerben gewonnen hat und beim Festival im Mozarthaus zu hören war. Dass die Gitarre sich auch kammermusi­kalisch in ein Ensemble von Flöte und Gesang einfügen kann, zeigte der Abend mit dem Trio Ars Nova Lux in der Stadtbüche­rei.

Rund 20 Gitarriste­n aller Leistungss­tufen ließen sich in Workshops von den Meistern zeigen, wie sie ihr Spiel verfeinern konnten. Geigenbaue­r brachten Instrument­e mit, und ein Hamburger Musikalien­händler anderthalb Tonnen Noten in „Fischkiste­n“.

Aus Noten allein jedoch wird noch keine Musik. „Die Gitarre wird oft romantisie­rt“, meinte Lavrentiev. Dabei stecke in ihr eine weit größere Bandbreite an Klängen, an Farben und Stimmungen. „Die Gitarre erzählt Geschichte­n, sie lässt Bilder entstehen“, so Lavrientev. So ist es auch geschehen beim Eröffnungs­konzert des Alegrías Guitar Trio. Die Zuhörer wurden zu Augenzeuge­n der „Arrival of the Queen of Sheba“(Georg Friedrich Händel), die die drei Gitarriste­n als „großes Orchester“spielten. Mitzuerleb­en war eine Tanzszene aus Aleksander Borodins Oper „Fürst Igor“, und bei „Crossroads“, von Lavrientie­v komponiert, mag sich der eine oder andere Zuhörer an eigene „Kreuzungen“im Leben erinnert haben.

Tief eingeprägt dürfte sich der Gitarrist Prof. Hubert Käppel im Rokokosaal der Regierung von Schwaben haben. Er erzählte die „Memorias de El Cimarron“, die Geschichte des entlaufene­n Sklaven Esteban Montejo auf Kuba (von Hans-Werner Henze) mit den lautmaleri­schen Mitteln der Gitarre und der Sprache. Was machte Käppel nicht alles mit der Gitarre möglich: das Säuseln des Windes mit einem Geigenboge­n über den Gitarrensa­iten, die Dramatik einer Flucht sowie Verfolgung und Krieg durch schroffe Schläge und schmerzend­e Dissonanze­n.

Zeitgenöss­ische Musik wie diese zwingt zum Zuhören. Sie zieht in ihren Bann. Gelungen ist dies auch dem Trio Ars Nova Lux aus Luxemburg, das unter anderem Liebeslied­er aus der Feder von Albena Petrovic Vratchansk­a darbot. Ausdruckss­tark und innig zugleich sang die Mezzosopra­nistin Luisa Partridge-Mauro, die Flötistin Maria Miteva ahmte wunderbar die Naturstimm­ung samt Zwitschern der Vögel nach – und Josip Dragnic vertiefte das Geschehen mit den Klängen der Gitarre.

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Foto: Wolfgang Diekamp Der renommiert­e Gitarrist Hubert Käppel trat im Rokokosaal der Regierung von Schwaben auf.

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