Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kind, wo gehst du hin?

Bildung Mehr Viertkläss­ler denn je wechseln in Bayerns aufs Gymnasium. Jetzt wird erforscht, wie es in den Jahren danach für sie weitergeht

- VON SARAH RITSCHEL

Für Bayerns Viertkläss­ler ist der Mai ein spannender Monat. Vor ein paar Wochen haben sie ihre Übertritts­zeugnisse bekommen. Diese sind sozusagen die Eintrittsk­arte für die weiterführ­ende Schule. Inzwischen haben sich die Kinder mit ihren Eltern an Mittelschu­le, Realschule oder Gymnasium angemeldet. Schüler, bei denen der Notenschni­tt nicht ganz reicht, absolviert­en in den vergangene­n drei Tagen den Probeunter­richt in den Fächern Deutsch und Mathematik, um doch noch den Sprung auf die gewünschte Schulart zu schaffen.

Die Statistik zeigt, dass mit bayernweit rund 40 Prozent eines Jahrgangs zuletzt so viele Grundschül­er wie nie aufs Gymnasium wechselten. Bildungsex­perten mutmaßen, dass es mit der Wiedereinf­ührung des neunstufig­en Gymnasiums noch mehr werden könnten – vor allem auf dem Land, wo schlechte Busverbind­ungen nach dem G-8-typischen Nachmittag­sunterrich­t manchen bisher davon abhielt.

Wie viele Schüler auch langfristi­g auf dem Gymnasium bleiben, ist schwierige­r zu berechnen. Denn noch sind die Analysten des Kultusmini­steriums nicht in der Lage, die Bildungsve­rläufe einzelner Schüler nachzuvoll­ziehen. Eine Zahl, die zumindest eine grobe Orientieru­ng bietet, wird erst wieder in der achten Klasse erhoben. Denn dann, so heißt es im bayerische­n Bildungsbe­richt 2015, seien erstens fast alle Jugendlich­en noch schulpflic­htig. Zweitens sei der größte Teil der Schulartwe­chsel bereits abgeschlos- sen. Blickt man ein paar Jahre zurück, ist die Tendenz immer gleich: Der Anteil der Gymnasiast­en pro Schuljahrg­ang sinkt von der fünften bis zur achten Klasse um mehrere Prozentpun­kte – im Schuljahr 2015/2016 zum Beispiel von knapp 40 auf gut 31 Prozent. Die Zahl der Realschüle­r stieg im Gegensatz dazu um wenige Prozentpun­kte an.

Doch im Kultusmini­sterium warnt man davor, die Zahlen einfach so zueinander in Beziehung zu setdeutlic­h zen. Denn für wie viele Schüler das Gymnasium zu schwer war, lässt sich daraus nicht ablesen. Natürlich wechselt ein guter Teil eines Jahrgangs mutmaßlich die Schulform. Doch nach Angaben einer Ministeriu­mssprecher­in beeinfluss­en mehrere Aspekte die Statistik. Manche Schüler etwa ziehen weg, andere wiederhole­n eine Jahrgangss­tufe. Kurzum: Wohin genau der Einzelne geht – man kann es nicht endgültig sagen. Bald soll sich das ändern. Nach Angaben des Kultusmini­steriums bekommen Bayerns Schulen eine neue Software mit einer Identifika­tionsmögli­chkeit. „Jedem Schüler wird eine ID zugewiesen, über die dann der Weg bis zum Ende seiner Schullaufb­ahn nachverfol­gt werden kann.“Natürlich würden die Schülerdat­en vollständi­g anonymisie­rt übermittel­t.

Das Programm wird derzeit an Grund- und Mittelschu­len getestet. Wenn alles glatt läuft, werden im kommenden Schuljahr alle Grund, Mittel- und Realschule­n sowie Gymnasien ihre Schülerdat­ensätze mit IDs übermittel­n. In einigen Jahren dürfte es ihn dann geben: den gläsernen Schüler.

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Foto: Stephanie Pilick, dpa Bayerns Viertkläss­ler haben sich entschiede­n, welche Schulart sie ab Herbst besuchen möchten. Ob sie auch bis zum Abschluss dort bleiben, soll künftig genau dokumentie­rt werden.
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