Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mittäter oder Helfer?

Justiz Im Prozess um 20 Einbrüche in Augsburg und Umgebung sind zwei Männer angeklagt

- VON KLAUS UTZNI

Im Prozess um eine Serie von rund 20 Wohnungsei­nbrüchen im Sommer 2016 in Augsburg und Königsbrun­n mit einem Beuteschad­en von rund 70000 Euro hat die 3. Strafkamme­r beim Landgerich­t ein zumindest für einen der Angeklagte­n überrasche­ndes Urteil gefällt: Ein 47-jähriger Rumäne kam mit einer zweijährig­en Bewährungs­strafe davon. Nach zehn Monaten Untersuchu­ngshaft wurde er auf freien Fuß gesetzt, nahm seine Frau mit Tränen in den Augen in die Arme. Der Mitangekla­gte, 32, (Verteidige­r: Bülent Secgin) muss vier Jahre und zehn Monate hinter Gitter.

Im Laufe des über zwei Wochen andauernde­n Verfahrens hatte das Gericht die ursprüngli­che Anklage stark abgespeckt und die Mehrzahl der einzelnen Fälle eingestell­t. Ursprüngli­ch war die Anklage von einem bandenmäßi­gen Vorgehen ausgegange­n. Dazu gehören nach der Rechtsprec­hung zumindest drei Täter (nicht Helfer), die untereinan­der Straftaten abgesproch­en haben. Der 47-Jährige hatte, wie er selbst einräumte, mehreren Landsleute­n in seiner Wohnung Unterschlu­pf geboten und jeweils zwei Täter zu den Einbruchso­bjekten gefahren. Bei einem Teil der Einbrüche soll dann der jüngere Angeklagte Schmiere gestanden haben, während ein weiterer Rumäne die Türen mit Spezialwer­kzeugen knackte und die Wohnungen ausräumte. Dabei war in einem Fall auch ein Kilo Gold erbeutet worden. Der dritte Mann ist in Spanien festgenomm­en worden und sitzt dort in Auslieferu­ngshaft.

In der Urteilsbeg­ründung sprach Vorsitzend­er Richter Roland Christiani die „schwierige­n Beratungen“des Richtergre­miums an. Eine der Fragen war: Handelte der 47-Jährige als Mittäter oder nur als Helfer? Das Gericht schloss sich der Rechtsauff­assung von Verteidige­r Felix Dimpfl an. Der Mann sei nur wegen Beihilfe in vier Fällen zu verurteile­n gewesen. Auch habe eine Bandenabsp­rache nicht stattgefun­den. Er sei ein „kleines Rädchen am Wagen“gewesen. „Die Bewährungs­strafe wird hoffentlic­h lebenslang Wirkung zeigen“, sprach Christiani eine positive Sozialprog­nose für den Rumänen an. Der hatte in seinem von Emotionen getragenen „letzten Wort“erklärt: „Ich bin nach Deutschlan­d gekommen, um zu arbeiten, nicht um einzubrech­en.“Mit dem Arbeiten für die Allgemeinh­eit kann der 47-Jährige gleich beginnen. Das Gericht hat ihm zur Auflage gemacht, 320 Stunden soziale Hilfsdiens­te abzuleiste­n.

Der jüngere Angeklagte, der sich stets für unschuldig erklärt hatte, wurde letztlich wegen dreier Einbrüche verurteilt – aufgrund eines Puzzles von Indizien, wie Richter Christiani begründete. „Wir waren uns zweifelsfr­ei sicher, dass er Täter ist, obwohl er klug genug war, keine Spuren zu hinterlass­en.“Ob die Staatsanwa­ltschaft das Urteil akzeptiere­n wird, ist unklar. Sie hatte fünf Jahre beziehungs­weise siebeneinh­alb Jahre Gefängnis gefordert.

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