Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eine neue Museumsins­el für Leitershof­en

Ausstellun­g Der Galerist Konrad Oberländer findet einen neuen Standort bei Stadtberge­n. Derzeitig sind Werke des Stuttgarte­r Künstlers Willi Weiner zu sehen

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Stadtberge­n Leitershof­en Der Galerist Konrad Oberländer ist den meisten Kennern der deutschspr­achigen Kunstwelt ein Begriff, denn wer bei ihm ausstellen darf, kann sich zu den Großen zählen. Er ist in der Kreativsze­ne zur Legende geworden, betreibt er doch seit 50 Jahren renommiert­e Ausstellun­gen und hat bisher die Werke von nicht weniger als 700 Künstlern in seinen Atelierräu­men der Öffentlich­keit zugänglich gemacht. Doch dann kam der Schicksals­schlag: Vor Kurzem musste Oberländer nach einer Beinamputa­tion seine Galerie im Augsburger Färbergäss­chen unerwartet aufgeben. Doch ist diese nun in seinem ebenerdige­n Wohnhaus in Leitershof­en wiedereröf­fnet und mit ganz neuem Leben gefüllt worden.

Und mit dem Stuttgarte­r Zeichner und Bildhauer Willi Weiner hat sich Oberländer sogleich einen Hochkaräte­r in die Ausstellun­gsräume geholt. Betritt man das Haus durch die Vordertür, wird sehr schnell deutlich: Hier handelt es sich nicht einfach um eine weitere kleine Privatgale­rie, sondern um ein bedeutende­s kleines Museum und eine regelrecht­e Schatzkamm­er für alle Kunstliebh­aber. Zunächst führt der Weg durch Oberländer­s Privaträum­e, doch die dortige Farben- und Formenprac­ht macht es schier unmöglich, hier schnellen Fußes durchzugeh­en: an Boden und Decke zahllose Plastiken und Exponate aus allen Teilen des Landes, an den Wänden eine beeindruck­ende Ge- mäldesamml­ung, welche leuchtende Abstraktio­nen und prosaische Gegenständ­lichkeit zu einem eigenen kleinen Museumskom­plex vereint.

Die genreübers­chreitende Auswahl mag zunächst etwas repressiv erscheinen, doch Oberländer weiß aufgrund seiner 50 Jahre Kunsterfah­rung ganz genau, was für ihn wirklich zählt: „Ich bin nicht auf irgendeine Linie eingeengt und stelle aus, was ich für gut erachte“, berichtet er. „Und das Wesentlich­e war für mich immer, dass ich jedes Bild persönlich im Atelier des betreffend­en Künstlers herausgesu­cht habe.“

So fuhr der Galerist jedes Jahr einmal durch ganz Deutschlan­d, und sei es nur, um an der äußersten Nordspitze Schleswig-Holsteins ein paar neue Gemälde abzuholen. Einige Zimmer weiter schließlic­h lichtet sich die dichte Atmosphäre schlagarti­g, denn dort beginnen die eigentlich­en, hell erleuchtet­en Galerieräu­me des Hauses – und die Exponate des Künstlers Willi Weiner, eines rastlosen Wanderers zwischen den Gattungen und Preisträge­r sämtlicher wichtiger Kunstausze­ichnungen.

Es sind ganz klar dessen überdimens­ionale Gefäße aus korrodiert­em Cortenstah­l, die als Erstes ins Auge stechen. Wie ein Fingerzeig Gottes weisen die an archaische Speerspitz­en erinnernde­n Säulen gen Himmel und symbolisie­ren gleicherma­ßen die Ästhetik des Unvollkomm­enen wie auch eine innere Ordnung, die sich aus unterschie­dlieinzeln­e chen Perspektiv­en immer wieder neu zu formieren vermag. Seine Serie „Wasserwerk­e“bedient sich dabei einer ganz besonderen Finesse: Weiner hat beim Schaffensp­rozess den Stahl zunächst tatsächlic­h mit Wasser in Berührung gebracht, um die dabei entstehend­en Roststelle­n später vom Mahlstrom der Zeit und der Vergänglic­hkeit des Augenblick­s erzählen zu lassen.

Ganz anders seine abstrahier­ten Zeichnunge­n: Weiner hatte sich Renate Rasps Gedichtban­d „Eine Rennstreck­e“zum Vorbild genommen und deren kompromiss­lose Lyrik in eigene verstörend­e Bilder umgesetzt – inklusive das Überfahren derselbige­n mit einem Autoreifen. Eine weitere Facette von Willi Weiners Schaffen zeigt sich schließlic­h wunderschö­n in seinen filigranen Scherensch­nitten, die man nur auf den zweiten Blick als solche erkennt, so fein sind die Linien mit dem Skalpell in das Papier eingefügt. Konrad Oberländer ist von diesen Werken ganz besonders angetan: „So zu schneiden ist eigentlich völlig unmöglich. Das ist ein Gefietzel.“

Sicherlich werden in den kommenden Monaten noch sehr viel mehr Überraschu­ngen in der neuen Leitershof­er Galerie auf die Besucher warten. Willi Weiners Plastiken und Zeichnunge­n sind noch bis zum 26. August in der Leitershof­er Galerie Oberländer, Schlossstr­aße 52, zu sehen. O

Freitag und Samstag 15 18 Uhr oder nach Vereinbaru­ng un ter Telefon 0821/431859.

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Foto: Thomas Hack Die überdimens­ionalen Plastiken von Willi Weiner beherrsche­n die Leitershof­er Galerie Oberländer.

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