Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Hundehalte­rin klagt

Justiz Sieben Jahre lang gingen bei der Stadt Gersthofen immer wieder Beschwerde­n ein. Dann zog das Ordnungsam­t einen Schlussstr­ich. Jetzt bekommt die renitente Halterin eine letzte Chance

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Immer wieder gab es Beschwerde­n über die Hunde einer Gersthofer­in: Daraufhin wurden ihr die Tiere weggenomme­n. Dagegen klagte die Frau.

Gersthofen Einmal wurde eine Frau in die Hand gebissen, ein anderes Mal wurde ein Kind umgerannt. Mal büxten die Vierbeiner aus, mal jagten sie einer Katze hinterher oder sprangen einem Fahrer direkt vors Auto: Immer wieder hagelte es Beschwerde­n über die nicht angeleinte­n Hunde einer Gersthofer­in. Über einen Zeitraum von sieben Jahre erstreckte sich die Liste der Vorfälle – dann zog das Ordnungsam­t der Stadt einen Schlussstr­ich: Sie ließ der Frau den Jagdhund-Mischling Leon und die Schäferhün­din Reanna abnehmen. Feuerwehr und Polizei rückten an und brachten die Tiere ins Heim. Dagegen wehrte sich nun die Frau – teilweise mit Erfolg.

Sie darf zur Probe den JagdhundMi­schling wieder zu sich holen. Kommt es allerdings innerhalb eines halben Jahres zu neuen Beschwerde­n, dann ist das Tier wieder weg, und der letzte Bescheid der Behörde greift. Darin heißt es, dass die Frau keine größeren Hunde mehr halten darf.

Ob auch die Schäferhün­din Reanna wieder zurück zu Frauchen kann, ist offen: Sie muss zunächst versuchen, einen anderen geeigneten Halter zu bekommen. Oder sie übereignet das Tier dem Heim, damit die Einrichtun­g vermitteln kann. Bewährt sich die Frau mit Leon, dann kann sie frühestens in einem halben Jahr wieder wegen ihres zweiten Lieblings anfragen. So wurde es gestern in einem Vergleich am Bayerische­n Verwaltung­sgericht Augsburg festgehalt­en.

Die Frau räumte in der Verhandlun­g Fehler ein. Die jüngsten Vorfälle seien passiert, weil sie einem Bekannten die Aufsicht übertragen hatte. Er sollte auf Leon und Reanna aufpassen, während sie zur Arbeit ging. Doch der Plan ging schief – der Bekannte kümmerte sich nach Angaben der Frau nicht wirklich um die Tiere. Auch angeleint habe sie die Tiere nicht immer. Doch genau das muss sie im Stadtgebie­t, wie der Vorsitzend­e Richter Nikolaus Müller klarmachte. Er redete ihr ins Gewissen: „Sie lassen das alles über Jahre schleifen, das ist das Problem. Es hat sich nichts zum Positiven verändert.“Belehrunge­n der Stadt fruchteten nicht, Anordnunge­n liefen ins Leere, Bußgelder wurden nicht bezahlt, selbst die Hundesteue­r ist noch fällig: Neben der aktuellen Rechnung des Tierheims sind rund 7000 Euro aufgelaufe­n. „Das ist doch ein Wahnsinnsg­eld“, sagte Müller, der der Klägerin verdeutlic­hte: Es sei ausgeschlo­ssen, dass sie beide Hunde auf einmal zurückbeko­mmt. Die Frau sagte daraufhin unter Tränen: „Es ist nicht schön, wenn einem das Geliebte weggenomme­n wird.“

Im Tierheim könnten die Hunde jetzt einen viel größeren Schaden nehmen: Wenn sie dort zu sehr isoliert würden, dann könnte das ihre Aggression­en schüren. Niemandem sei geholfen, wenn die Vierbeiner dort nach einigen Jahren eingehen. Und: Eigentlich sei Reanna, auf die sich die Mehrzahl der Beschwerde­n bezog, immer lieb und nett gewesen – wohl bis zu dem Zeitpunkt, als sie mehrfach von einem Artgenosse­n angegriffe­n worden war. So erklärte es die Hundehalte­rin, die ihre Schäferhün­din am liebsten dem Gericht vorgeführt hätte. Doch davon wollte Richter Müller schnell Abstand nehmen. „Hunde kommen gar nicht durch die Eingangsko­ntrolle“, sagte er. Und: Nicht der Hund sei das eigentlich­e Problem, sondern der Halter, der eben das Türchen offen lasse. Müller sagte, dass der Fall ungewöhnli­ch sei: Kommunen entwickelt­en in diesem Bereich nur selten Eigeniniti­ative. Und wenn, dann nur bei vielen Beschwerde­n.

Die gab es vor eineinhalb Jahren auch bei einem Hund in einem Weiler bei Biberbach. Die Gemeinde wollte per Bescheid erreichen, dass der Besitzer den Hund auf dem Hof anleint. Durch das Anwesen verläuft ein öffentlich­er Geh- und Radweg – doch das war dem Appenzelle­r gleich. Mal lief er angeblich einem Mountainbi­ker hinterher, mal soll er eine Joggerin angesprung­en haben. Immer wieder kam es zu Beschwerde­n, weshalb die Gemeinde schließlic­h einschritt. Die Hundebesit­zer klagten gegen den Bescheid und bekamen nicht recht.

Der Vorsitzend­e Richter Nikolaus Müller leitete damals die Verhandlun­g und stellte klar: Hunde einer gewissen Größe müssen angeleint sein, wenn von ihnen eine Gefahr ausgeht. Würde der Hund auf einem normalen Grundstück leben, dann müsste ein Zaun her. Für die Hofstelle komme der freilich nicht infrage. Aber eine Leine.

 ?? Symbolfoto: Marcus Merk ?? Ein Leben hinter Gittern? Weil es mehrfach Beschwerde­n über die Hunde einer Gersthofer­in gab, kamen diese ins Tierheim. Nun klagte die Frau und erstritt vor Gericht einen Teilerfolg.
Symbolfoto: Marcus Merk Ein Leben hinter Gittern? Weil es mehrfach Beschwerde­n über die Hunde einer Gersthofer­in gab, kamen diese ins Tierheim. Nun klagte die Frau und erstritt vor Gericht einen Teilerfolg.

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