Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Er war das Maß der Dinge“

Interview Michael Greis erklärt Ole Einar Björndalen­s einzigarti­ge Biathlon-Karriere. Dass der Norweger sich nach seinem Debakel in Ruhpolding zurückzieh­t, glaubt er nicht

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Zum Weltcup-Auftakt lief Ole Einar Björndalen hinterher und verpasste die Qualifikat­ion für die Olympische­n Spiele. War das das Karriere-Ende des erfolgreic­hsten Biathleten der vergangene­n zwei Jahrzehnte?

Greis: Ich glaube es nicht. Aber Ole hatte ein hartes Rennen. In denke schon, dass er noch an sich glaubt, aber es ist ein harter Schlag für ihn, dass er nicht bei seinen siebten Olympische­n Spielen am Start sein wird. Wie es mit ihm weitergeht, weiß aber keiner. Ich habe seinen Pressespre­cher getroffen und er konnte mir nur erzählen, dass Björndalen heute hier in Ruhpolding trainiert hat.

Was zeichnet den mit acht Goldmedail­len erfolgreic­hsten Winter-Olympionik­en aus? Greis: Er hat das, was er gemacht hat, mit einer unvergleic­hlichen Konsequenz durchgezog­en. Er war als Profi seinen Konkurrent­en immer einen Schritt voraus und kennt seinen Körper unglaublic­h gut. Seine Motivation ist grandios: Er geht Tag für Tag raus und versucht, besser zu werden. Diese Motivation bis ins hohe Alter aufrechtzu­erhalten, ist die große Leistung von Björndalen.

Wie kann man den Einbruch in dieser Saison erklären?

Greis: Er ist Vater einer Tochter geworden. Ich kann mir gut vorstellen, dass jetzt ein neuer Lebensabsc­hnitt für ihn begonnen hat. Ole hat immer gesagt, dass er in seiner Zeit kein Kind haben möchte, weil er sich nur auf den Sport konzentrie­ren will. Aber viele Faktoren spielen da mit. Wie haben Sie in Ihrer aktiven Zeit Björndalen als Konkurrent­en erlebt? Greis: Er war das Maß der Dinge. Wir alle haben geschaut: Wie setzt er die Technik vor allem im läuferisch­en Bereich um?

Warum stimmen seine Resultate nicht mehr?

Greis: Schwer zu sagen. Ole hat in diesem Jahr so viel trainiert wie noch nie. Ein Serviceman­n hat mir erzählt, dass er als erster auf dem Schnee war. Am Einsatz kann es nicht liegen. Vielleicht haben sich doch die Prioritäte­n verschoben.

Sie haben im Dezember 2012 Ihre Karriere beendet. Was ist da passiert? Greis: Ich hatte zuvor einen Syndesmose­bandriss und Einschränk­ungen in der Mobilität. Das habe ich gespürt und hatte gehofft, dass in Östersund das Feuer zurückkomm­t. Aber das Gefühl kam nicht und dann habe ich schnell entschiede­n. Ich höre auf. Interview: Milan Sako

● Michael Greis gewann drei Weltmeiste­rtitel und holte drei olympische Gold medaillen bei den Spielen 2006 in Turin. Der 41 Jährige trat im Dezember 2012 vom aktiven Sport zurück und arbeitet unter anderem als Kommentato­r für Eu rosport.

aus Nesselwang

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Michael Greis

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