Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hier beginnt die Zukunft
Forst Der Nutzungsrechtewald Holzara mit seinem Vorsitzenden Hans Marz erhält einen Staatspreis für vorbildliche Waldwirtschaft. Wie die funktioniert und was der Ursprung war – ein Ortstermin
Dinkelscherben Holzara Die Zukunft ist etwa sechs Jahre alt, hüfthoch und steht in einem umzäunten Fichtenwald nahe des Dinkelscherbener Ortsteils Holzara. Hans Marz streicht mit der Hand über eine der kleinen Tannen, die unter dem bestehenden Baumriesen heranwachsen. Fast liebevoll wirkt das. Vielleicht auch deshalb, weil sich der Vorsitzende des Nutzungsrechtewalds Holzara mit viel Herzblut für den Umbau und die Verjüngung des Waldes einsetzt. Aus NadelholzMonokulturen sollen klimatolerantere Mischbestände werden. Für das Engagement erhielt die Gemeinschaft um Marz vor einigen Wochen einen bayerischen Staatspreis für vorbildliche Waldbewirtschaftung. Die besondere Auszeichnung geht auch auf stürmische Zeiten zurück.
Vor knapp 20 Jahren hinterließ Orkan Lothar große Schäden in Schwabens Wäldern. Auch in Holzara. Die Rechtler entschieden sich, erstmals einen Forstunternehmer zu beauftragen, um die geworfenen und gebrochenen Bäume maschinell aufzuarbeiten. Alleine hätten sie es nicht geschafft. Heute gehören die Spezialmaschinen im Wald zum normalen Bild. Erst vor wenigen Tagen brachte der Holzernter mehr Licht in einen Fichtenbestand, das den sogenannten Voranbau mit Tannen unterstützt. Vorher wurde eine Gasse für das Fahrzeug festgelegt. Das Geäst der Bäume wurde auf dem Boden gelegt – eine „Matratze“, erklärt Marz. Er ist froh über die fremde Hilfe: Die Mitarbeiter der Forstdienstleister seien erfahren und verursachten keinerlei Schäden im Wald und auf den Wegen. Der Einsatz waldschonender Maschinen bei der Holzernte ist allerdings nur ein Aspekt, der zum Staatspreis geführt hatte.
Wesentlich war die Entscheidung, einen neuen Weg einzuschlagen. Der lässt sich so umschreiben: Konsequente Vielfalt statt der Monokultur, die die rund 54 Hektar im westlichen Landkreis Augsburg viele Jahrzehnte prägten. Zur Fichte gesellen sich immer mehr Mischbaumarten wie Tanne, Buche, Bergahorn, Linde und Douglasie. Statt eines Kahlhiebs, der vor einigen Jahrzehnten noch gang und gäbe war, wird Holz jetzt ganz gezielt und auf kleinen Flächen entnommen. „Früh, mäßig, oft“ist der Grundsatz von Marz, wenn es um die Pflege geht. Die findet alle fünf bis sieben Jahre statt. Marz: „So lassen sich stabile Bestände erreichen und der Wertzuwachs wird optimiert.“Auch Totholz darf bleiben. Und stabile, gut bekronte Altbäume wie Eiche, Kiefern und Buchen sollen in den Jungwald einwachsen. Sie erhöhen den Strukturreichtum ebenso wie vielfältig aufgebaute Waldränder. „Die sollen möglichst gestuft und natürlich aufgebaut sein, um die Bestände vor Sturmschäden zu schützen“, erklärt der Bereichsleiter Forsten des zuständigen Landwirtschaftsamts Augsburg, Wolfgang Sailer. Er lobt: „In Holzara wird in jeder Hinsicht bestandsschonend gearbeitet.“Dazu gehört übrigens ein weiteres großes und in- tensives Thema – das Wild. „Wir haben leider einen sehr hohen Verbiss“, stellt Marz immer wieder fest. Um den Appetit von Reh und Co. zu zügeln, fordert er eine waldverträgliche Jagd. Prinzipiell wären alle Baumarten in der Naturverjüngung vorhanden. Aber das Rehwild verbeiße eben gezielt die Mischbaumarten, sagt Marz, der sich im Jagdbeirat engagiert und Jagdvorstand im Gemeinschaftsjagdrevier Breitenbronn ist. Die kleinen Tannen im Fichtenforst können im Augenblick nur Zäune schützen – für Marz sind sie eine unbefriedigende Situation. Aber er bleibt standhaft – so wie in den vergangenen Jahrzehnten, in denen er den Vorzeigewald geprägt hat.