Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Hendricks verspricht bessere Luft

Deutschlan­d will bis 2020 handeln

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Umweltmini­sterin gab sich reumütig. „Natürlich sind wir noch nicht da, wo wir sein müssen“, räumte Barbara Hendricks (SPD) gestern nach dem Krisengesp­räch in der Europäisch­en Kommission ein. Sie war eine von neun Umweltmini­stern, die Kommissar Karmenu Vella am Dienstag einbestell­t hatte. Neben Deutschlan­d reißen auch Tschechien, Spanien, Frankreich, Italien, Ungarn und Rumänien, die Slowakei und Großbritan­nien in ihren Städten die Grenzwerte für Stickoxid. Es gehe um den Schutz der Bürger vor schweren Krankheite­n wie Asthma, Lungenkreb­s oder Herz-Kreislauf-Erkrankung­en, hatte Vella vorab betont. Mehr als 400000 Europäer jährlich stürben vorzeitig wegen zu schlechter Luft. „Es hat keinen Sinn, den Eltern eines siebenjähr­igen Kindes mit chronische­r Bronchitis zu sagen, dass die Lage sich bis 2030 bessern werde.“

Da bisher alle Warnungen wirkungslo­s verpufft sind, erwägt Brüssel, die betroffene­n Staaten vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f zu verklagen. Der Bundesrepu­blik würde am Ende eines langen Verfahrens eine Strafe drohen, die pro Jahr in die Milliarden gehen könnte. Hendricks wollte das abwehren.

„Die Zahl der Kommunen, in denen die Grenzwerte überschrit­ten werden, ist von 90 auf 70 gefallen“, verteidigt­e sich die SPD-Politikeri­n. Bei weiteren 50 Kommunen lägen die Überschrei­tungen nur knapp über dem Zielwert. Bis 2020 solle die Luftverunr­einigung auch in den 20 Städten mit den höchsten Belastunge­n in die Nähe der Grenzwerte gesenkt werden. Deutschlan­d bitte um etwas Geduld.

Das hat man allerdings in Brüssel schon öfters gehört. Zuletzt vor einem Jahr. Damals hatte die Kommission die Bundesrepu­blik schon einmal abgemahnt und mit Klage gedroht. In Regierungs­kreisen befürchtet man, dass die Kommission den Druck weiter erhöhen könnte, sodass zum Schluss nur Fahrverbot­e bleiben. Die Bundesregi­erung will das verhindern. Inzwischen hat Berlin ein Sofortprog­ramm erlassen. „Das wird die Lage deutlich verbessern“, betonte Hendricks. Aber auch sie weiß: Ohne Mithilfe der Autobauer geht das nicht. Diese halten sich aber bislang zurück.

Newspapers in German

Newspapers from Germany