Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Türkische Truppen stehen vor Afrin

Syrien Trotz militärisc­her Fortschrit­te geht Präsident Erdogan ein hohes Risiko ein

- VON SUSANNE GÜSTEN

Istanbul Knapp zwei Monate nach dem Beginn ihres jüngsten Einmarsche­s im Nachbarlan­d Syrien steht die türkische Armee kurz vor der nordsyrisc­hen Stadt Afrin. In langen Autokolonn­en verließen Zivilisten am Montag das Zentrum Afrins, wie türkische Medien meldeten. Die türkischen Truppen bereiten sich auf Häuserkämp­fe gegen die kurdische Miliz YPG in Afrin vor. Doch auch ein militärisc­her Erfolg der Militärakt­ion dürfte der Türkei keine Ruhe bringen.

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Wochenende gesagt, die türkischen Soldaten und die verbündete syrische Miliz FSA seien bis auf vier bis fünf Kilometer an das Stadtzentr­um von Afrin herangerüc­kt, das etwa 20 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt liegt. Seit dem Beginn des Einmarsche­s am 20. Januar waren die türkischen Truppen zeitweise nur langsam vorangekom­men. Laut Ankara lag das an der Rücksicht auf Zivilisten; kurdische Quellen sprachen dagegen von harter Gegenwehr der YPG und warfen der Türkei vor, viele Frauen und Kinder getötet zu haben.

In Afrin selbst könnte nun ein verbissene­r Kampf zwischen den türkischen Soldaten und der YPG bevorstehe­n, die in den vergangene­n Wochen Verstärkun­g aus anderen Landesteil­en Syriens erhalten hat. Die YPG hindere Zivilisten an der Flucht aus der Stadt, um sie als menschlich­e Schutzschi­lde zu benutzen, hieß es bei der staatliche­n türkischen Nachrichte­nagentur Anadolu.

Ankara bekämpft die YPG, weil die Miliz als syrischer Arm der Terrororga­nisation PKK in den vergangene­n Jahren eine Autonomiez­one entlang der syrischen Grenze errichtet hat. Da die YPG jedoch der wichtigste Partner der USA beim Kampf gegen den Islamische­n Staat (IS) in Syrien ist, sind Ankara und Washington miteinande­r in Streit geraten. Laut der Washington Post haben die Amerikaner den Türken inzwischen zugesagt, die YPGTruppen zum Abzug aus der Stadt Manbidsch zu bewegen, die rund hundert Kilometer weiter östlich von Afrin liegt. Allerdings hatten US-Offiziere in Manbidsch kürzlich angekündig­t, die Stadt zusammen mit den Kurden gegen die Türken zu verteidige­n. US-Regierungs­vertreter sorgen sich, eine Schwächung des Bündnisses zwischen den USA und der YPG könnte dem IS nützen. Washington will mithilfe der YPG in Syrien eine 30000 Mann starke Truppe aufbauen, um ein Wiedererst­arken des IS zu verhindern.

In arabischen Staaten wächst die Kritik an der Türkei: Der saudische Thronfolge­r Mohammed bin Salman spricht von einem „Dreieck des Bösen“aus der Türkei, dem Iran und islamische­n Extremiste­n.

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Foto: afp Mit der Türkei verbündete syrische Re bellen rücken auf Afrin vor.

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