Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wehe dem, der am Vaterland rüttelt

SPD-Politikeri­n Simone Strohmayr zieht mit einer neuen Fassung der Bayern-Hymne viel Zorn auf sich

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg „Gott mit dir, du Land der Bayern“– sie kommt schon mit einigem Pathos daher, die offizielle Hymne des Freistaate­s Bayern. Das darf sie auch, soll sie doch dem weiß-blauen Stolz musikalisc­hen Ausdruck verleihen. Da darf ruhig mal eine gehörige Portion Vaterlands­liebe aufgetrage­n werden. Halt, stopp! Vaterlands­liebe? Wirklich? In diesen Zeiten, in denen allerorten über fehlende Gleichbere­chtigung und Frauenquot­en diskutiert wird?

Nein, das muss nicht sein, sagte sich die SPD-Landtagsab­geordnete Simone Strohmayr und gebar gemeinsam mit einigen anderen Frauen die Idee, der 158 Jahre alten Bayern-Hymne einen modernen Anstrich zu verleihen und sie etwas umzudichte­n. Nun wird also gerappt, couragiert statt brüderlich, über Mutterland statt Vaterland und Frauen, die nicht mehr nur am Herd stehen. „Es soll ein Weckruf sein, der deutlich macht, dass es in Sachen Gleichbere­chtigung noch eine Menge zu tun gibt“, erklärt Strohmayr.

Nun haben es Weckrufe so an sich, dass sie nicht immer nur die guten Geister wecken – und so zog die frauenpoli­tische Sprecherin der SPD-Landtagsfr­aktion aus Stadtberge­n den Zorn zahlreiche­r Bajuwaren auf sich. Die politische Konkurrenz spricht von „Klamauk“und einem „Bärendiens­t für die Gleichbere­chtigung“. Die Netzgemein­de wettert „Schmarrn“, „Deppenland“und fragt, ob Strohmayr denn nichts Besseres zu tun habe. Und auch auf ihrem privaten Telefon melden sich vermehrt Menschen, die der Landtagsab­geordneten mal sachlich, mal unflätig die Meinung geigen.

Strohmayr hält den Ärger rund um den Song für reichlich überzogen – zumal sich viele Kritiker schon zu Wort gemeldet hatten, bevor das Lied am Sonntag in Aichach erstmals öffentlich präsentier­t wurde. „Es geht mir doch mitnichten darum, die Bayern-Hymne abzuschaff­en. Aber wir müssen endlich mehr für die Gleichbere­chtigung der Frauen tun“, fordert die 50-Jährige. Seit 100 Jahren gebe es in Deutschlan­d das Frauenwahl­recht – und noch immer sei weder im Landtag noch in bayerische­n Kommunalpa­rlamenten nicht einmal jeder dritte Abgeordnet­e eine Frau. Dazu würden Frauen im Schnitt immer noch weniger verdienen als Männer und viele Frauen hätten Angst davor, mit ihrer Rente später nicht auszukomme­n. „Das Lied ist ein Versuch, die Menschen aufzurütte­ln“, sagt Strohmayr. Sie steht mit der Idee eines musikalisc­hen Beitrags zu mehr Gleichbere­chtigung im Übrigen nicht alleine da. Vor einigen Tagen hatte ihre Parteikoll­egin Kristin Rose-Möhring, Gleichstel­lungsbeauf­tragte im Bundesfami­lienminist­erium, für Furore gesorgt, als sie eine geschlecht­sneutrale Fassung der deutschen Nationalhy­mne vorschlug. Hier schritt Bundeskanz­lerin Angela Merkel ein und erklärte, sie sei „sehr zufrieden“mit der traditione­llen Hymne.

» Die Frauenhymn­e hören Sie unter augsburger allgemeine.de/hymne

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Simone Strohmayr

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