Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wehe dem, der am Vaterland rüttelt
SPD-Politikerin Simone Strohmayr zieht mit einer neuen Fassung der Bayern-Hymne viel Zorn auf sich
Augsburg „Gott mit dir, du Land der Bayern“– sie kommt schon mit einigem Pathos daher, die offizielle Hymne des Freistaates Bayern. Das darf sie auch, soll sie doch dem weiß-blauen Stolz musikalischen Ausdruck verleihen. Da darf ruhig mal eine gehörige Portion Vaterlandsliebe aufgetragen werden. Halt, stopp! Vaterlandsliebe? Wirklich? In diesen Zeiten, in denen allerorten über fehlende Gleichberechtigung und Frauenquoten diskutiert wird?
Nein, das muss nicht sein, sagte sich die SPD-Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr und gebar gemeinsam mit einigen anderen Frauen die Idee, der 158 Jahre alten Bayern-Hymne einen modernen Anstrich zu verleihen und sie etwas umzudichten. Nun wird also gerappt, couragiert statt brüderlich, über Mutterland statt Vaterland und Frauen, die nicht mehr nur am Herd stehen. „Es soll ein Weckruf sein, der deutlich macht, dass es in Sachen Gleichberechtigung noch eine Menge zu tun gibt“, erklärt Strohmayr.
Nun haben es Weckrufe so an sich, dass sie nicht immer nur die guten Geister wecken – und so zog die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion aus Stadtbergen den Zorn zahlreicher Bajuwaren auf sich. Die politische Konkurrenz spricht von „Klamauk“und einem „Bärendienst für die Gleichberechtigung“. Die Netzgemeinde wettert „Schmarrn“, „Deppenland“und fragt, ob Strohmayr denn nichts Besseres zu tun habe. Und auch auf ihrem privaten Telefon melden sich vermehrt Menschen, die der Landtagsabgeordneten mal sachlich, mal unflätig die Meinung geigen.
Strohmayr hält den Ärger rund um den Song für reichlich überzogen – zumal sich viele Kritiker schon zu Wort gemeldet hatten, bevor das Lied am Sonntag in Aichach erstmals öffentlich präsentiert wurde. „Es geht mir doch mitnichten darum, die Bayern-Hymne abzuschaffen. Aber wir müssen endlich mehr für die Gleichberechtigung der Frauen tun“, fordert die 50-Jährige. Seit 100 Jahren gebe es in Deutschland das Frauenwahlrecht – und noch immer sei weder im Landtag noch in bayerischen Kommunalparlamenten nicht einmal jeder dritte Abgeordnete eine Frau. Dazu würden Frauen im Schnitt immer noch weniger verdienen als Männer und viele Frauen hätten Angst davor, mit ihrer Rente später nicht auszukommen. „Das Lied ist ein Versuch, die Menschen aufzurütteln“, sagt Strohmayr. Sie steht mit der Idee eines musikalischen Beitrags zu mehr Gleichberechtigung im Übrigen nicht alleine da. Vor einigen Tagen hatte ihre Parteikollegin Kristin Rose-Möhring, Gleichstellungsbeauftragte im Bundesfamilienministerium, für Furore gesorgt, als sie eine geschlechtsneutrale Fassung der deutschen Nationalhymne vorschlug. Hier schritt Bundeskanzlerin Angela Merkel ein und erklärte, sie sei „sehr zufrieden“mit der traditionellen Hymne.
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