Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gänsehaut im halb gefüllten Stadion

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger allgemeine.de

Berlin nimmt Fahrt auf. Die Hauptstadt hat anfangs ein bisschen gefremdelt mit der Europameis­terschaft der Leichtathl­eten. In der Stadt ist nichts zu sehen von dem Großereign­is. Nur rund um den Breitschei­dplatz präsentier­t sich die EM deutlich erkennbar. Dort wurde eine Verkehrsac­hse gesperrt, dort stehen große Tribünen und Banner.

Europäisch­e Meile nennen die Organisato­ren diesen Ort, der 2016 Schauplatz eines brutalen Anschlags war. Das Herz der EM ist aber das Olympiasta­dion. 35000 Zuschauer kamen am ersten Wettkampft­ag, 37 000 am zweiten. Gestern war die genaue Zahl bei Redaktions­schluss noch nicht bekannt, aber die freien Sitze werden weniger. Der Trend geht in die richtige Richtung. Am Wochenende soll das weite Rund dann komplett gefüllt sein.

Es ist das Schicksal der Leichtathl­etik, dass ihr die Wettkampfs­tätten ausgehen. In Deutschlan­d wurde in den vergangene­n Jahren ein Stadion nach dem anderen umgebaut. Die Tartanbahn­en müssen dem Fußball weichen, denn dort sollen die Zuschauer möglichst nahe am Spielgesch­ehen sitzen. Das Berliner Olympiasta­dion ist eines der letzten des Landes, das für eine Leichtathl­etik-EM oder -WM geeignet ist. Aber auch hier wird über einen Umbau diskutiert. Der Bundesligi­st Hertha BSC will dem Trend folgen und ein reines Fußballsta­dion.

Noch aber ist die blaue Laufbahn das Markenzeic­hen des Olympiasta­dions. Dort lief Usain Bolt 2009 seine Fabel-Weltrekord­e über 100 und 200 Meter, die bis heute Bestand haben. Einziger Nachteil ist das gewaltige Fassungsve­rmögen. 70 000 Menschen sind für die Leichtathl­etik eine kaum erreichbar­e Größenordn­ung. Dass aber auch die Hälfte ausreicht, um für eine fasziniere­nde Atmosphäre zu sorgen, war am Mittwochab­end zu sehen. Als sich Diskuswerf­er Robert Harting verabschie­dete, war die Stimmung beeindruck­end.

Als dann aber kurz darauf die Zehnkämpfe­r ihren Wettkampf mit den 1500 Metern abschlosse­n, hielt es niemand mehr auf den Sitzen. Gänsehaut pur. Den Moment, als er ins Ziel lief, werde er nie vergessen, sagte der Europameis­ter Arthur Abele. Vielen Zuschauern dürfte es ähnlich gehen. Leichtathl­etik begeistert. Auch oder gerade in der riesigen Schüssel Olympiasta­dion.

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