Augsburger Allgemeine (Land West)
In Augsburg mit offenen Armen empfangen
Doch wo geht das in Augsburg? Trainingseinheiten für die komplexe olympische Disziplin Moderner Fünfkampf werden in der Stadt nicht angeboten. Deshalb schaute sich Alexander Nobis kurzerhand bei den Spezialisten um – und wurde fündig. Beim Schwimmerverein Augsburg (SVA) und bei der Fechtabteilung des TV Augsburg. Beide Vereine haben den Ausnahmesportler mit offenen Armen empfangen.
„Schwimmen ist wirklich meine schlechteste Disziplin“, gesteht Alexander Nobis grinsend. „Da war ich froh, dass ich beim SVA untergekommen bin. Es ist schön, wenn man eine Trainingsgruppe hat und separate Bahnen. Beim öffentlichen Schwimmen bewegt man sich zwar, aber eine intensive Einheit für Sportler ist da eigentlich nicht möglich.“Dass SVA-Schwimmtrainer Christian Reißner ebenfalls bei Premium Aerotec arbeitet, war purer Zufall, hat die Eingewöhnung für Nobis aber umso leichter gemacht. Die Niveauunterschiede im Becken beurteilt er nüchtern. „Die Augsburger Schwimmer sind besser als ich, aber nicht so weit weg, dass ich sie nur aufhalte. Ich muss mich voll anstrengen, dann komme ich hinterher. Das passt ganz gut.“
Im Fechten reichten ihm hingegen ein paar Trainingseinheiten mit den Degenspezialisten des TVA. „Fechten und Schießen sind techni- sche Disziplinen, die habe ich gelernt und die kann ich. Wenn ich einen Monat lang nicht fechte, macht das nicht so viel aus, wie wenn ich einen Monat nicht schwimme. Für die organischen Disziplinen Laufen und Schwimmen braucht man die Kondition, weil sie Lunge, Herz und Kreislaufsystem beanspruchen.“
Das Schießen etwa kann Alexander Nobis dank einer elektronischen Scheibe und einem Laserpointer, der mittlerweile die Luftpistole abgelöst hat und nicht als Waffe gilt, überall trainieren. Zur Not sogar in den Räumen des Kanu-Leistungszentrums, wo er während seiner Zeit als Praktikant in Augsburg wohnte.
Allein auf das Reiten verzichtete er in Augsburg. Der Aufwand, sich entsprechende Pferde und Ställe zu suchen, war ihm zu groß. „In Berlin steht für uns Fünfkämpfer ein Reitstall mit fünf bis sechs Pferden im Olympiastadion bereit, der vom Verband und dem Berliner Senat finanziert wird.“
Nobis räumt aber ein, dass das Springreiten die unberechenbarste Sportart im Modernen Fünfkampf ist. Bitter erleben musste das seine Freundin Lena Schöneborn bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. Die Goldmedaillengewinnerin von Peking hatte in Rio ein Pferd erwischt, das einfach nicht springen wollte. So wurde Schöneborn disqualifiziert, die Enttäuschung war riesengroß. „Wir kennen uns schon sehr lange und trainieren auch zusammen. Für sie war ich nach dem Wettkampf die mentale Stütze, auch wenn ich sehr mitgelitten habe“, erzählt Nobis.
Er gesteht, wie schwer es für ihn persönlich war, in Rio zwar dabei zu sein, aber nicht an den MännerWettkämpfen teilnehmen zu dürfen. Schon zum zweiten Mal hat er die Teilnahme an den Olympischen Spielen unglücklich verpasst. Auf einem undankbaren Nachrückerplatz hat es für ihn als 22-Jährigen in London 2012 knapp nicht gereicht.
Jetzt, vier Jahre später, hat ihm eine langwierige Schulterentzündung die Qualifikation für Rio vermasselt. „Mein Ziel war es immer, zu den Olympischen Spielen zu fahren. Das habe ich leider noch nicht erreicht. Aber da will ich auf alle Fälle hin. Ich bin jetzt 26 Jahre alt, in Tokio wäre ich 30. Im Fünfkampf eigentlich ein cooles Alter“, hat Alexander Nobis seinen großen Traum noch nicht aufgegeben.
Er will weiterkämpfen – auch nach dem Rückschlag bei der Militär-WM, wo er seinen Silbererfolg aus dem vergangenen Jahr nicht wiederholen konnte. Am Schwimmen lag es diesmal nicht. Und nach der besten Fechtleistung aller Finalisten führte er die Wertung an. Doch im Springreiten fing er sich 50 Strafpunkte ein und rutschte auf Platz 13 ab. Die unberechenbarste Sportart im Fünfkampf hatte – wie schon bei seiner Freundin Lena Schöneborn – wieder einmal ihre Tücken gezeigt.