Augsburger Allgemeine (Land West)
Vorsicht beim Einsatz von Pfefferspray
Verteidigung In Günzburg ist ein Mann beleidigt worden und setzte ein Spray ein. Sein Gegenüber wurde verletzt, gegen den Mann wird ermittelt
In welchen Situationen darf man überhaupt ein Pfeffer- oder ein anderes Spray einsetzen?
Sebastian Adam:
Wir müssen unterscheiden zwischen einem Tierabwehrspray, einem Spray mit Prüfzeichen und einem ohne Zulassung. Tierabwehrsprays sind vom Waffenrecht ausgenommen, ihr Erwerb und Besitz sind legal, sie dürfen auch mitgeführt werden. Geprüfte Sprays sind frei zugänglich ab 14 Jahren, man darf sie aber nicht bei Versammlungen oder Veranstaltungen, wo das explizit verboten wurde, dabei haben. Alle nicht zugelassenen Sprays sind verbotene Waffen und dürfen weder gekauft, besessen noch eingesetzt werden.
Also wird nicht unterschieden zwischen der Art des Sprühstoßes, ob es ein Nebel oder ein gezielter Strahl ist, und Pfeffer- oder Reizgasspray?
Nein, das ist für die strafrechtliche Bewertung gar nicht relevant.
Adam:
In welcher Situation darf ich ein zugelassenes Spray anwenden?
Bei Notwehr oder Nothilfe. Das bedeutet, dass ich mich gegen einen gegenwärtigen Angriff wehren muss oder anderen helfe, die angegriffen werden. Ich darf es beispielsweise nicht im Nachgang benutzen, also wenn eine Situation bereits vorüber
Adam:
ist. Die Verteidigung muss erforderlich und geboten sein.
Wann spricht man denn konkret von einer Notwehrsituation?
Von einer Notwehrlage spricht man bei einem gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff auf einen selbst. Eine verbale Beleidigung rechtfertigt nicht in jedem Fall einen körperlichen Angriff und auch keinen Einsatz von Pfefferspray. So etwas kann ich der Polizei melden und der Person einfach aus dem Weg gehen, ohne die Situation eskalieren zu lassen. Die Verteidigung muss, wie gesagt, erforderlich und geeignet sein. Es kann ein körperlicher Angriff sein, oder auch ein Raub oder Diebstahl, also ein Angriff auf Eigentum. Der Einzelfall muss geprüft werden, gegebenenfalls vor Gericht.
Adam:
Und welche Strafe droht dann jemandem, der das Spray unrechtmäßig eingesetzt hat?
Dann spricht man von einer gefährlichen Körperverletzung. Da sieht das Gesetz eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren, in minderschweren Fällen drei Monaten bis fünf Jahren vor.
Adam:
Wie steht die Polizei zum Einsatz von Pfeffer- oder Reizgassprays?
Wir sehen es kritisch, wenn sich die Bürger bewaffnen, wenn es zu einer Scheinsicherheit führt und
Adam:
keine Handlungssicherheit im Umgang mit dem Gerät vorhanden ist. Wer es doch tun möchte, dem empfehlen wir, ein solches Spray im klassischen Handel und nicht im Internet zu kaufen, um sicherzustellen, dass es wirklich zugelassen ist. Außerdem kann man sich beraten lassen und das Spray ausprobieren. Denn man sollte in der Handhabung geübt sein, sonst könnte man sich selbst damit verletzen, etwa wenn man es bei Wind selbst abbekommt. Man muss bedenken, dass es nicht sofort wirken könnte, wenn der Angreifer alkoholisiert ist, Drogen genommen hat oder stark unter Adrenalin steht. Grundsätzlich ist die Ausstattung mit einem Reizgasspray unter den genannten Voraussetzung legal und sicher die bessere Alternative zum Beispiel zu einer Schreckschusswaffe. Die „Aufrüstung“sollte aber auf keinen Fall dazu führen, Konflikte ohne Hilfe der Polizei selbst zu lösen.
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Die Fragen stellte Christian Kirstges. O Polizeioberkommissar Sebastian Adam ist Pressesprecher im Polizeipräsidium Schwaben Süd/West in Kempten.
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