Augsburger Allgemeine (Land West)
Einblicke in die Welt der Globuli
Neueröffnung Wer wissen will, wie die kleinen weißen Kügelchen hergestellt werden, kann dies ab heute in der gläsernen Homöopathie-Manufaktur von Gudjons beobachten. Über 19 Milliarden Globuli werden dort per Hand gefertigt
Kleine weiße Räume reihen sich aneinander, drinnen sitzen Frauen und Männer in weißen Kitteln, mit oranger Haube und Handschuhen. Sie stellen Globuli her. 19,2 Milliarden Stück pro Jahr. Seit heute kann ihnen jeder bei ihrer Arbeit zusehen: in der gläsernen Homöopathie-Manufaktur in der Friedrich-MerzStraße in Augsburg – dem neuen Firmensitz von Gudjons.
Bisher war das Unternehmen in Deuringen angesiedelt, hätte dort aber wegen beschränkter räumlicher Möglichkeiten keine Herstellungserlaubnis für Arzneimittel mehr bekommen. Deshalb zog Inhaber Hannes Proeller Konsequenzen und investierte rund fünf Millionen Euro in den neuen, rund 700 Quadratmeter großen Standort im Textilviertel.
Zehn Mitarbeiter sind dort in der Produktion beschäftigt und stellen in Handarbeit die Arzneien, auch in flüssiger Form, her, füllen sie in Fläschchen ab, etikettieren diese und geben sie in die Verpackung. So werden jährlich 140 000 Packungen ausgeliefert – an 20000 Apotheke in Deutschland und auch international.
Trotz der nennenswerten Zahlen gehört Gudjons mit einem Jahresumsatz von rund 1,5 Millionen Euro nach eigenen Angaben nach zu den kleineren Globuli-Produzenten in Deutschland. Marktführer sei DHU, die Deutsche Homöopathie Union, deren Anteil Proeller auf etwa 95 Prozent schätzt. „Wir sind ein Würmchen unter der Erde, das gerade den Kopf raus streckt“, ordnet er sein Unternehmen dagegen ein. Dennoch kann sich Gudjons eigenen Angaben nach gut am Markt behaupten. Das hänge unter anderem damit zusammen, dass man im Bereich der per Hand hergestellten Arzneien in den Potenzen C und Q alleiniger Hersteller in Deutschland und vermutlich auch in Europa sei. „Homöopathie ist unserer Ansicht nach ein Handwerk“, beschreibt Proeller das Alleinstellungsmerkmal seines Unternehmens. „Und so können wir absolut natürliche Rohstoffe verwenden, da wir Kleinstmengen produzieren“, ergänzt Kay Greiner, naturheilkundlicher Leiter bei Gudjons.
Dass das Interesse an der Homöopathie immer weiter wächst, ist vielfach zu hören. Eine Gfk-Marktforschungsumfrage aus dem Jahr 2013 belegt, dass 75 Prozent der Frauen und 62 Prozent der Männer davon ausgehen, die Homöopathie werde in der Medizin immer mehr an Bedeutung gewinnen. Deshalb gab wohl auch jede vierte Apotheke bei der Gfk-Umfrage an, die Homöopathie mittlerweile als Schwerpunktthema zu behandeln. Vermutlich auch, weil immer mehr Ärzte die kleinen Kügelchen verschreiben – obwohl deren Wirkung wissenschaftlich nicht belegt ist.
So sieht sich Gudjons einem guten Markt gegenüber, legt aber nicht nur Wert auf die wirtschaftlichen Aspekte. „Wir stellen unsere Arzneien exakt nach den Anweisungen Hahnemanns, dem Begründer der Homöopathie, her“, so Hannes Proeller. Das sei wichtig, denn die Anweisungen Hahnemanns zur Herstellung homöopathischer Arzneien würden in der heutigen industriellen Produktion nicht immer im Detail eingehalten. Dies führe dazu, dass die Arzneien teilweise ihre Wirkung nicht mehr so entfalten könnten, wie es möglich wäre.
Um den Kunden Einblick in die Arbeit zu geben, hat sich Proeller für den Standort im Textilviertel und die große Glasfassade entschieden, die von der Straße aus direkt Einblick in die Herstellung gibt. „Wir wollten zeigen, dass pharmazeutische Herstellung auch mitten in der Stadt möglich ist“, sagt er und bietet deshalb auch jeden zweiten Samstag Führungen an.