Augsburger Allgemeine (Land West)

Faire Fußbälle für die Horgauer

Konsum Der Ort wird Fairtrade-Gemeinde. Dabei geht es nicht nur um Kaffee und Schokolade, sondern auch um Kinderarbe­it

- VON MANUELA BAUER

Horgau

Welche Konsequenz­en hat mein Konsum? „Viele Menschen denken darüber nicht nach“, sagt Anja Dördelmann. „Keiner will Massentier­haltung und kauft dann doch das Hackfleisc­h vom Discounter.“Dördelmann sitzt für das Bündnis Umwelt im Horgauer Gemeindera­t und war maßgeblich daran beteiligt, dass Horgau nun als Fairtrade-Gemeinde ausgezeich­net wird. „Wenn man genauer darüber nachdenkt, dann wird einem die ganze Unverhältn­ismäßigkei­t des Lebens bewusst“, sagt sie. Dabei gehe es nicht nur um Kleinbauer­n und Arbeiter am anderen Ende der Welt, die ausgebeute­t werden. „Auch bei uns werden in der Landwirtsc­haft die Kleinen kaputt gemacht.“In Horgau machen sich engagierte Ehrenamtli­che darüber Gedanken, wie das Leben ein bisschen gerechter werden kann. Sie haben seit 2014 intensiv darauf hingearbei­tet, Fairtrade-Gemeinde zu werden. „Das ist für einen kleinen Ort viel schwierige­r als für eine Stadt“, betont Dördelmann. Im Umkreis sind mit Augsburg, Stadtberge­n, Bobingen, Wertingen, Dillingen, Günzburg und Pöttmes auch nur deutlich größere Orte zertifizie­rt. Doch die Horgauer haben es geschafft: Sie haben alle Kriterien erfüllt. Am Samstag, 26. November, bekommen sie auf dem Christkind­lmarkt das offizielle Zertifikat. Das Thema fairer Handel ist im Ort in vielen Bereichen präsent. Einige Beispiele: ● Was viele nicht wissen: Arbeiter nähen Fußbälle in Pakistan für einen Hungerlohn; oft müssen sogar Kinder schuften. Doch es gibt auch Fairtrade-Fußbälle, die ohne Kinderarbe­it entstehen. Die Arbeiter bekommen dafür so viel Geld, dass sie ihre Familie ernähren und die Kinder in die Schule schicken können. 30 solcher Bälle bekommt die Horgauer Fußballjug­end. Jeder kostet 25 Euro, ungefähr genauso viel wie andere Trainingsb­älle. Dazu gibt es noch einen ganz besonderen Ball: Die Fußballpro­fis vom FCA haben darauf unterschri­eben. Er wird bei der offizielle­n Feier verlost. ● Die Feuerwehr packt heuer Säckchen mit fair gehandelte­n

Fußball Vereine

Schoko-Nikoläusen. „Die kosten zwar etwas mehr, aber das lässt sich wieder einsparen, wenn man keine Mandarinen dazu kauft, sondern heimische Äpfel aus dem Garten“, sagt Dördelmann. Der Frauenbund und der Gartenbauv­erein schenken nur noch fair gehandelte­n Kaffee aus. Doch es geht nicht nur um die Nutzung fairer, sondern auch regionaler und saisonaler Lebensmitt­el. Deshalb gibt es beim Gartenbauv­erein zum Beispiel keinen Apfelsaft aus Konzentrat, sondern von heimischen Obstwiesen; und bei Festen wird darauf geachtet, wo das Fleisch herkommt. ● Schokolade ist für Kinder ein anschaulic­hes Thema. Im Ferienprog­ramm und in der Schule haben sie sich damit beschäftig­t. „Den Kleinen ist immer ganz schnell klar, wie ungerecht es ist, wenn Kinder arbeiten müssen und deshalb nicht in die Schule können“, sagt Dördelmann. „Erwachsene erreicht man viel schwerer.“● Im Rathaus wird nur noch fairer Kaffee mit fairem Zucker getrunken. Außerdem sind die Präsentkör­be, die zum Beispiel an Jubilare verschenkt werden, mit Produkten aus fairem Handel gefüllt. Die besorgt Margit Uhr, die auch den Verkauf von Eine-WeltWaren nach den Sonntagsgo­ttesdienst­en organisier­t, den es in Horgau schon lange gibt. ● „Dieser Punkt ist für kleine Gemeinden der schwierigs­te“, betont Dördelmann. Denn für eine Zertifizie­rung musste Horgau zwei Geschäfte nachweisen, in denen man Fairtrade-Produkte kaufen kann. Der örtliche Netto hat zwar solche Waren im Sortiment, einen zweiten Laden gibt es aber nicht. Doch die Horgauer haben einen Weg gefunden: Beim Bauernmark­t, der einmal im Monat in der Ortsmitte stattfinde­t, bietet der Gartenbauv­erein nun Weltladen-Produkte an.

Mit der offizielle­n Auszeichnu­ng ist der Weg zur Fairtrade-Gemeinde noch nicht zu Ende. Am Samstag, 3. Dezember, gibt es auf dem Bauernmark­t ein faires Adventsfrü­hstück. Und der Traum der Steuerungs­gruppe wäre, eine Art Städtepart­nerschaft zu einem Dorf in einem Entwicklun­gsland aufzubauen.

Kinder Rathaus Handel

 ?? Foto: Felizitas Smith ?? Bei der Feier, auf der Horgau als Fairtrade-Kommune ausgezeich­net wird, kann man einen fair gehandelte­n Fußball gewinnen. Die FCA-Profis, darunter Halil Altintop, haben den Ball nach dem Training signiert.
Foto: Felizitas Smith Bei der Feier, auf der Horgau als Fairtrade-Kommune ausgezeich­net wird, kann man einen fair gehandelte­n Fußball gewinnen. Die FCA-Profis, darunter Halil Altintop, haben den Ball nach dem Training signiert.

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