Augsburger Allgemeine (Land West)
Stephan Kirmaiers kurzes Leben als deutscher Flieger-Held
Vielleicht ist Stephan Kirmaier am 22. November 1916 nicht ganz so aufmerksam wie sonst. An diesem Tag soll das FliegerAss aus Lachen im Landkreis Unterallgäu mit dem Militär-Max-Josef-Orden ausgezeichnet werden, der den 27-Jährigen in den Ritterstand erhebt. Doch dazu kommt es nicht mehr: Beim Luftkampf nahe Lesboefs in Nordfrankreich nehmen ihn zwei englische Flugzeuge in die Zange, einer der beiden Piloten tötet Stephan Kirmaier mit einem Kopfschuss. Der Oberleutnant, der knapp einen Monat zuvor das Kommando über die Jagdstaffel 2 übernommen hat, ist da bereits mit dem Eisernen Kreuz und dem silbernen Ehrenpokal dekoriert und außerdem für den höchsten preußischen Tapferkeitsorden, den „Pour le mérite“, vorgeschlagen.
Wie seine wenigen Kollegen, darunter der als „Roter Baron“bekannte Manfred von Richthofen, ist Stephan Kirmaier so etwas wie ein Star: Sein Bild ziert die Ansichtsund Erinnerungskarten der Luftstreitkräfte, die sogenannten Sanke-Karten, vergleichbar mit den heutigen PaniniBildern. Krankenschwestern reißen sich darum, sich mit ihm fotografieren zu lassen.
Dass es der Sohn eines kinderreichen Schmieds so weit bringen würde, war nicht selbstverständlich: In der Regel war der Offiziers-Rang dem Adel und dem gehobenen Bürgertum vorbehalten. Doch Stephan Kirmaier überzeugt mit Pioniergeist: Als der Infanterist kurz nach Kriegsbeginn von einem Querschläger so schwer am Kiefer verletzt wird, dass er auch nach einjähriger Genesung nicht mehr zu seinem Regiment zurückkehren kann, bewirbt er sich bei der noch jungen Luftwaffe. Vier Tage vor seinem Tod schreibt er in einem Brief: „Mein lieber Vater! Sehr lange habe ich Euch nicht mehr geschrieben. In dieser Zeit habe ich viel durchgemacht. Vorgestern habe ich mein 10. Flugzeug abgeschossen. (...) In den letzten Tagen sind hier wieder furchtbare Kämpfe. Dieser Krieg ist hier an der Somme wohl am furchtbarsten.“