Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Stuhl des Bischofs
Wie Forscher zeigten, was ein Kirchenmann vor 300 Jahren aß
Buchweizen, Pfeffer und Beeren im Kot: Die 300 Jahre alten Hinterlassenschaften eines dänischen Bischofs haben Wissenschaftlern Aufschluss über dessen Ernährungsgewohnheiten gegeben. Archäologen untersuchten den Kotklumpen des Bischofs Jens Bircherod, der in der norddänischen Stadt Aalborg lebte, und fanden dabei Hinweise auf Speisen, die sich damals nur wenige Menschen leisten konnten.
Die Überreste des Wohnhauses des Bischofs, einschließlich der Latrine, waren bereits 1937 ausgegraben worden. Aber erst jetzt nahmen Forscher die Fäkalienreste unter die Lupe. Die Arbeit ist Teil eines Forschungsprojekts über Diasporagemeinschaften in dänischen Städten zwischen Anfang des 15. und Ende des 17. Jahrhunderts. Während sich normale Bürger ihre Latrinen damals mit vielen anderen Menschen teilen mussten, verfügte der Bischof auf seinem Gutshof über eine Toilette nur für sich und seine Frau.
Dass der Klumpen von dem Kirchenmann stammt, führen die Forscher unter anderem auf den darin enthaltenen Buchweizen zurück: Das Getreide ist eine Spezialität auf der dänischen Insel Fünen, auf der der Bischof aufgewachsen war. Aber mit dem Essen aus seiner Heimat begnügte er sich nicht: Den Forschern zufolge genoss er „opulente“Abendessen mit Speisen aus unterschiedlichen Weltregionen, darunter Weintrauben, Feigen und Pfeffer. Die Dänen aßen damals meist Schweinefleisch, Graubrot und Kohl. Nüsse und Beeren gehörten zum Speiseplan des Bischofs und anderer reicher Aalborger. Ein im Kot gefundenes Pfefferkorn hatte den langen Weg von Indien nach Dänemark zurückgelegt, bevor es vom Bischof verzehrt wurde. Moltebeeren kamen aus dem benachbarten Norwegen. Die exotischen Produkte wurden einst von spezialisierten Händlern in der Stadt vertrieben. In Aalborg gab es damals sehr viele reiche Händler aus Deutschland oder den Niederlanden.