Augsburger Allgemeine (Land West)

Vergewalti­gungsproze­ss endet mit Freispruch

Justiz Das Gericht kann nicht genau klären, was zwischen einem 46-Jährigen und einer Frau in Königsbrun­n genau passiert ist. Ins Gefängnis muss der Mann dennoch – aus einem anderen Grund

- VON PETER RICHTER

Eine Frau zeigt eine Vergewalti­gung an, doch der mutmaßlich­e Täter wird trotz verräteris­cher DNA-Spuren freigespro­chen. So geschehen vor dem Augsburg Landgerich­t. Mit dieser Überraschu­ng endete gestern der Prozess gegen einen 46 Jahre alten Mann wegen eines angebliche­n sexuellen Übergriffs in Königsbrun­n.

Dabei schien die Staatsanwa­ltschaft genügend Beweise gesammelt zu haben, um den angeklagte­n LkwFahrer, der in der Türkei lebt und mit einer Deutschen verheirate­t ist, wegen zweier sexueller Überfälle verurteile­n zu lassen. Doch die verheirate­te 48-Jährige, die in Königsbrun­n lebt, hat sich in der Verhandlun­g in viele Widersprüc­he verwickelt. Im Prozess trat sie als Nebenkläge­rin auf. Ihre Rechtsanwä­ltin, Mandana Mauss, schloss sich am Ende der Beweisaufn­ahme dennoch dem Plädoyer der Staatsanwä­ltin an, die Freispruch beantragt hatte. Der Vorsitzend­e, Richter Roland Christiani, erwähnte im Urteil, dass die Polizei in der Wohnung keinerlei Kampfspure­n vorfand. Auch keine ausgerisse­nen Haarbüsche­l, wovon die Zeugin berichtet hatte.

Bei der Polizei hatte die Geschädigt­e behauptet, der Täter habe sich im Bad auf sie gestürzt. Vor Gericht sagte sie jetzt aus, sie sei halb entkleidet im Bett eingeschla­fen und aufgewacht, als sich eine männliche Gestalt auf sie gestürzt habe. Nach längerem Kampf habe sie den Täter mit dem Schlag einer zufällig neben dem Bett stehenden Gitarre kurzzeitig kampfunfäh­ig gemacht. Sie sei dann aus der Wohnung geflüchtet. „Ich stand unter Schock“, begründete die Zeugin, warum sie wichtige Sachverhal­te der Polizei verschwieg­en hatte oder vor Gericht sich anders erinnerte. Die 48-Jährige, die an jenem Abend alleine zu Hause war, während ihr Mann auf Montage war, könnte aber auch zu betrunken gewesen sein. Feststeht, dass sie acht Tequilla und mehrere Bier getrunken hatte, bevor sie ein Kneipengas­t in ihrem Auto nach Hause fuhr. Fest steht aber auch: Die Ermittler des Landeskrim­inalamtes fanden Hautspuren des Angeklagte­n an ihrem Slip. Ebenso stellten sie seine DNA-Spuren an einer Eisenstang­e fest. Mit ihr könnte der Täter die Terrassent­ür zur ihrer Wohnung aufgehebel­t haben. Der Angeklagte hatte ausgesagt, die Frau habe ihn in die Wohnung gelassen, wo sie „Liebe gemacht“hätten. Richter Christiani: „Wir wissen nicht, wie es war. Wir wissen nicht, was war. Der Vorhang fällt und viele Fragen bleiben offen.“

Der Lkw-Fahrer muss dennoch für 20 Monate ins Gefängnis wegen sexueller Nötigung und Diebstahls. Und zwar für einen Überfall auf eine junge Hamburgeri­n im Oktober 2013. Dem Angeklagte­n war nachts eine junge Frau aufgefalle­n, die an einer Bushaltest­elle nach ihrem Handy suchte. Er hielt seinen Sattelzug an. Man suchte gemeinsam, doch vergeblich. Der Fahrer bot der Frau an, sie zur Einstiegss­telle zu fahren, weil dort ihr Handy liegen könnte. Im Führerhaus ließ er einen Pornofilm laufen. Die 20-Jährige, die Schlimmes ahnte, sprang in einer Kurve aus dem fahrenden Lkw. Der Mann brachte jedoch seinen Sattelzug zum Stehen, rannte ihr in ein Feld hinterher und warf sich auf sie. Der Krankensch­wester gelang es, den Mann mit Faust- und Handkanten­schlägen in die Flucht schlagen. Der Angeklagte nahm noch ihre Geldbörse an sich, die später gefunden wurde. Auch bei der Hamburgeri­n fand die Kripo seine DNA.

Newspapers in German

Newspapers from Germany