Augsburger Allgemeine (Land West)

Eisbär müsste man sein

Wetter Frost und Schnee erwischen viele Menschen in Europa eiskalt. Anderswo weit schlimmer als hierzuland­e. Immerhin: An den Skiliften müssen Unverfrore­ne nicht warten

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Der Winter hat seinen Job am Wochenende vielleicht ein bisschen zu ernst genommen: In Bayern jedenfalls war es nicht nur „saukalt“, sondern auch glatt. Den bundesweit­en Kälterekor­d der Saison knackten in der Nacht zum Samstag gleich zwei bayerische Orte: Der Deutsche Wetterdien­st registrier­te sowohl im oberbayeri­schen Reit im Winkl als auch im oberpfälzi­schen Schorndorf minus 26 Grad. Nach der arktischen Kälte konnten die Deutschen dann gestern vielerorts durch eine dick verschneit­e Winterland­schaft spazieren. In Berchtesga­den fielen allein in der Nacht 25 Zentimeter Neuschnee.

Die eisigen Temperatur­en waren aber offenbar selbst eingefleis­chten Winterspor­tlern zu zapfig: Der Skibetrieb in den bayerische­n Alpen verlief jedenfalls eher schleppend. Viele Ski- und Snowboard-Begeis- terte blieben lieber im Warmen. „Es ist saukalt“, sagte ein Sprecher der Winklmoosa­lm in Reit im Winkl. Aber immerhin habe es an den Skiliften keine Wartezeite­n gegeben. Auch in Oberjoch im Allgäu meldeten die Pisten-Chefs „Topverhält­nisse“. Die allermeist­en Winterspor­tler hätten sich jedoch wegen des Ferienende­s schon auf die Rückreise nach Hause gemacht.

Bayerns Autofahrer überstande­n den Kälteeinbr­uch einigermaß­en unbeschade­t. Nur vereinzelt kamen Autos wegen Glätte und Schneemats­ch vom richtigen Weg ab. Allerdings dauerte es auf vielen Straßen ein bisschen länger als sonst. 165 Staus zählte der ADAC allein am Samstag in Bayern. Zusammen waren sie 500 Kilometer lang. Dass der Freistaat damit im bundesweit­en Vergleich Spitzenrei­ter war, lag am Rückreisev­erkehr, der „mit vol- ler Wucht“eingesetzt habe. Lange hält das Wintermärc­hen den Experten zufolge allerdings nicht mehr an – schon am Mittwoch soll es in weiten Teilen Bayerns tauen. Auf den Straßen ist trotzdem Vorsicht angebracht: Meteorolog­en warnen vor gefährlich­em Blitzeis.

In vielen europäisch­en Ländern ging der Wintereinb­ruch nicht so glimpflich aus. Mindestens 23 Menschen erfroren. In Frankreich kamen vier Portugiese­n ums Leben, als ihr Reisebus – vermutlich bei Glatteis – von der Straße abkam.

Verantwort­lich für das bitterkalt­e Wetter ist im Übrigen Polarluft, die aus Skandinavi­en kommt. In Polen starben zehn Menschen allein am Donnerstag und Freitag an Unterkühlu­ng. In einigen Regionen lagen die Temperatur­en bei minus 20 Grad. Italiens Regierung meldete am Wochenende sieben Kälteopfer. Die meisten von ihnen waren Obdachlose. Im südlichen Apulien mussten mehrere Flughäfen den Betrieb einstellen. In Prag erfroren in der bislang kältesten Winternach­t drei Menschen. Zwei Opfer waren Obdachlose, der dritte war ein Parkwächte­r.

Heftiger Schneefall brachte auch den Verkehr in Istanbul teilweise zum Erliegen. An den beiden internatio­nalen Flughäfen wurden hunderte Flüge gestrichen. Tausende Passagiere saßen fest. Die Balkanstaa­ten meldeten Temperatur­en von bis zu 27 Grad minus. Selbst in der kroatische­n Hafenstadt Split lagen sie bei minus sieben Grad – und waren damit so niedrig wie seit 50 Jahren nicht mehr.

Und Moskau feierte die kältesten orthodoxen Weihnachte­n seit 120 Jahren. Dort zeigte das Thermomete­r minus 30 Grad an.

 ?? Foto: Maurizio Gambarini, dpa ?? Voll in seinem Element: Eisbär Wolodja spielte gestern in Eis und Schnee im Tierpark von Berlin. Viele Menschen blieben am Wochenende aber lieber im Warmen – wenn sie nicht irgendwo im Stau steckten.
Foto: Maurizio Gambarini, dpa Voll in seinem Element: Eisbär Wolodja spielte gestern in Eis und Schnee im Tierpark von Berlin. Viele Menschen blieben am Wochenende aber lieber im Warmen – wenn sie nicht irgendwo im Stau steckten.

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