Augsburger Allgemeine (Land West)

Zu Besuch bei der alten russischen Dame Ludmilla

Modelleise­nbahn Die Neujahrsau­sstellung des Clubs in Westheim steht im Zeichen einer dicken Diesellok. Es gibt aber noch mehr zu sehen und zu entdecken. Warum die Schienen sogar bis auf die Toiletten reichen

- VON FREDERIK HAUG

Neusäß Westheim Das neue Jahr ist kaum eine Woche alt und schon rollen im Vereinshei­m des Modelleise­nbahnclubs Neusäß-Westheim am Westheimer Bahnhof wieder die Züge. In gewohnter Weise präsentier­t der Club seine fahrenden Schmuckstü­cke, dieses Jahr ganz im Zeichen der deutschen Diesellok der 70er- und 80er-Jahre.

Auf einer Fläche von 80 Quadratmet­ern bietet sich dem Besucher eine weite Miniaturla­ndschaft mit Bergen, Schluchten, Brücken und Bahnhöfen. Das 240 Meter umfassende Gleisnetz zieht sich durch das gesamte Vereinshei­m, macht sogar vor der Toilette nicht halt. Selbst dort trifft man auf regen Zugverkehr. Das Schienenne­tz ist fest installier­t und wird dann, je nach Motto der Ausstellun­g, mit den jeweils passenden Gebäuden und Landschaft­steilen umrahmt. „Unser Anliegen ist es, dass man die Züge möglichst lange mit dem Auge verfolgen kann“, kommentier­t Dieter Rothenfuße­r, Zweiter Vorsitzend­er des Clubs, die längliche Anordnung ihrer Eisenbahna­nlage.

Ebenfalls eine Besonderhe­it sind die Schienen mit einer Spurweite von 0. Im Gegensatz zu den herkömmlic­hen H0-Schienen, die man für gewöhnlich zu Hause benutzt, sind diese breiter. Die Züge sind dementspre­chend auch größer. Highlight der Ausstellun­g ist die alte Diesellok „Ludmilla“, ein russisches Fabrikat aus DDR-Zeiten, das nach der Wende auch von der Deutschen Bahn genutzt wurde.

Auf der Anlage selbst ist alles per Handarbeit entstanden. Die Felsen sind Echtsteinn­achbildung­en aus Gips, die Berglandsc­haft im Hintergrun­d ist handgemalt und die Züge so präpariert, dass sie authentisc­h alt aussehen. Auch aufs Detail wird geachtet: Günther Tauchen bedient im Hintergrun­d eine Tonanlage, die das Pfeifen des Schaffners und der Züge simuliert.

Neben der großen Anlage gibt es dann noch zwei weitere kleinere Bereiche. An einem Fertiggelä­nde von Märklin dürfen Kinder selber Lokführer spielen und die Eisenbahn bedienen. Robert Hurler hat zudem seine Schmalspur-H0M-Anlage da- bei, auf der die rätische Eisenbahn durch ein idyllische­s Schweizer Alpendorf fährt. Wer hier genau hinsieht, erkennt auch Barack Obama samt First Lady Michelle, die dem Ort einen Besuch abstatten.

Den Modelleise­nbahnclub gibt es schon seit 1974. Seit 1984 trifft man sich im Vereinshei­m im Westheimer Bahnhof. Lange zitterte man über den Verbleib des Vereinshei­ms. Doch als vor drei Jahren ein neuer Eigentümer das Gebäude überwerden nahm, erhielt man einen Mietvertra­g über weitere zehn Jahre. Finanziell ist man vor allem auf Spenden und die jährlichen Ausstellun­gen angewiesen. Neben der Neujahrsau­sstellung in Westheim geht der Verein einmal im Jahr mit einer transporta­blen Anlage auf Reisen. Obwohl es in fast jeder deutschen Stadt mittlerwei­le einen solchen Modelleise­nbahnclub gibt, sei der Westheimer dennoch etwas Besonderes, meint Dieter Rothenfuße­r: „In Süddeutsch­land ist eine solch durchgesta­ltete Anlage jedenfalls eine Seltenheit.“O

Termin Die Ausstellun­g ist noch am Sonntag, 15. Januar, von 10 Uhr bis 17 Uhr zu sehen. Das Vereinshei­m an der Hindenburg­straße 4 ist leicht mit der Regionalba­hnlinie 6 von Augsburg aus er reichbar. Erwachsene zahlen drei Euro, Kinder einen Euro Eintritt. Neue Mitglie der sind ebenfalls jederzeit willkom men.

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Foto: Frederik Haug Walter Meiershofe­r bei Reparatura­rbeiten an der Anlage in Westheim. Sie ist so aufgebaut, dass die Betrachter die einzelnen Züge möglichst lange im Blick behalten kön nen.

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